Es hätte so ein entspannter Tag werden können – voller Sonnenschein und kleinen Schnäppchen, voller guter Laune und einem netten Sonntag unter Freunden. Weekday lud ein zum „Weekday Vintage Market. Great Vintage Great Prices„, passend zum verkaufsoffenen Sonntag in Berlin, sollte es also ausgewählte Vintage Schmankerl für uns geben – nicht teuerer als acht Euro und garniert mit Snacks, Softdrinks und lauschiger Musik. Jap, auch wir ließen uns von eben solch einer netten Einladung in den Bann ziehen und pilgerten hin – zur riesigen Menschentraube vor dem verschlossenen Glaskasten an der Friedrichstraße, indem Kinder und Erwachsene sich quetschten, gierig nach allem nicht Niet-und-Nagelfestem grabschten, auf Kleidungsstücken und Inventar rumturnten oder gar selbst übertrampelt wurden und nach Luft japsten. Die Schaulustigen vor der Tür und drum rum, kopfschüttelnd, lachend, hämmisch und manch einer auch neidisch – die Gefangenen zwischen Panik, Witzeleien und Habgier.
Die Einladung zum „Flea Market“ ist nach hinten los gegangen. Bereits um viertel vor zwei, rund 45 Minuten nach dem Opening, war alles vorbei. Der Krankenwagen stand parat, die Polizei beendete das Chaos und der Schock vieler Kunden, die aus dem Store kamen stand ihnen sichtlich ins Gesicht geschrieben.
Via.
Schlechte Organisation seitens Weekday, widerliche Habgier, Panik und Krawalllust – heute können wir wieder gut mit dem Finger auf Schuldige zeigen, aber vielleicht sollten wir uns einmal wieder selbst auf die Schulter tippen. Dass das Weekday Personal die Veranstaltung, die mit rund 2400 Mitgliedern in der dazugehörigen FB-Gruppe aufwartete, unterschätzt hatte, ist nicht von der Hand zu weisen – kein Sicherheitspersonal und unkontrollierter Einlass zum Opening – ein Dilemma.
Das raffigierige Verhalten vieler kleiner und großer Kunden war dagegen wirklich widerlich: es wurde nach allem gegrabscht, ohne Verluste. Es wurden jüngeren Kunden Sachen aus der Hand gerissen und vor allem wurde geklaut und zerstört. Das ununterbrochene Alarmsignal an der Ladentür war praktisch nur das i-Tüpelchen dieser katastrophalen Veranstaltung.
Bild via Anna iPhone.
Bild via Weekday Gruppe.
1 bis 8 Euro Schnäppchen scheinen Gehirne auszuschalten und uns zu Tieren werden zu lassen. Wir sind froh, dass wir zu spät kamen, wenngleich wir uns nicht in eine kilometerlange Schlange gestellt hätten (die ersten Kunden standen schon zwei Stunden vor dem Opening vor der Tür, um drinnen festzustellen, dass es eigentlich nur drei, vier Stangen gab, die mit reduzierter Ware aufwarteten – der Rest nämlich konnte zum Normalpreis ergattert werden – und wurde schließlich geklaut).
Wir hoffen, ihr wart nicht dort, sondern hattet einen entspannten Sonntag. Allen unschuldig Betroffenen wünschen wir gute Besserung, allen Langfingern und mutwilligen Zerstörern mehr Selbstreflektion. Wir hoffen natürlich außerdem, dass sich Weekday ganz schnell erholt, ordentlich aus den gestrigen Fehlern lernt und nicht zu viel Schaden zählen muss.
Eine offizielle Entschuldigung gibt es natürlich schon seit mehreren Stunden und darin räumt Weekday alle Schuld ein:
Liebe Weekday Besucher.
Was heute in Berlin/Friedrichstraße passiert ist, tut uns wahnsinnig leid.
Natürlich haben wir viele Kunden aufgrund des fantastischen Feedbacks auf unseren letzten Vintage Flea Martket und der Zusagen bei Facebook erwartet, …. Zu unserem Bedauern aber haben wir eine Situation wie sie sich heute dargestellt hat niemals bedacht. Wir haben die Risiken, welche heute entstanden sind komplett unterschätzt.
Alles, was heute passiert ist, nehmen wir mit, um zukünftige Events sicher und organisiert veranstalten zu können.
Unserem Store sind glücklicherweise keinerlei verletzungen gemeldet worden.
Nocheinmal entschuldigen wir uns in aller Form – all the best from Weekday.
Konsequenz aus der ganzen Misere? Weekday wird sicherlich daraus lernen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie sogar so sehr daraus lernen und solche Veranstaltungen gar nicht mehr aus dem Boden stampfen. Denn zur Erinnerung: Der erste Vintage Markt war ein voller Erfolg und eine gesittete, freundlicher Veranstaltung.
Noch mehr Fotos und ein kurzes Video hat Finding Berlin für euch zusammengestellt.
Wart ihr vor Ort und habt eine andere Sicht der Dinge?