Jugendkulturen sind nicht etwa ein zufälliges Produkt jugendlicher Experimentierfreudigkeit und schon recht kein uraltes Phänomen. Vielmehr waren es die 50er Jahre, in welchen die Gesellschaft erstmals das Wort „Generationskonflikt“ in den Mund nahm. Die sonst so braven Sprösslinge manierenhafter Familien begannen erst in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg nach neuem Selbstbewusstsein zu suchen, sie rebellierten und warfen die ein oder anderen Anstandsregeln über Bord. Protest gegen das Establishment. Einige entschieden sich für das Halbstarkentum, andere verschrieben sich dem Existenzialismus. Kurze Zeit später, wähend der 60er Jahre, entwickelte sich die Subkultur der Modernists („Mods“) und auch Rocker sprießen wie Pilze aus dem Boden. 1964 dann der Höhepunkt: Die beiden verfeindeten Gruppen liefern sich in Großbritannien blutige Straßenschlachten und prügeln um die Wette; es geht um Reviere, den Musikgeschmack, die Kleidung und aufeinanderprallende Lebenseinstellungen. „Quadrophenia„, ein Spielfilm basierend auf The Whos gleichnamigem Konzeptalbum, dokumentiert genau diesen Konflikt – und zieht sich wie ein Leitfaden durch Lala Berlins Herbst/Winter Kollektion 2012.
Mods, bekannt für Parkas, Motorroller, Bands wie „The Who“ und „The Kinks“ und ihren exzessiven Drogenkonsum, finden wir auch nach längerem Betrachten der Kollektion nicht in ihrer usprünglichen Gestalt wieder. Und auch die sogenannten Rocker haben auf den ersten Blick nichts mit Leylas Entwürfen gemein. Nein, wenn Inspirationsflüte und Zukunftsvisionen aufeinander prallen, dann muss man eben genauer hinschauen.
Olivfarbene Militärjacken als Hommage an die damals mit dem Royal Air Force Logo bestickten Parka der Mods treffen auf altbekannte Bikerwesten, die uns in neuer Form aus Mantelstoff begegnen und setzen sich dem High-Tech Zeitalter im eisblauen Farbton entgegen. Hart trifft auf weich, maskuline Elemente fusionieren mit fließender Stofflichkeit. Metallgarne in der kommenden Trendfarbe Kupfer werden von Strick geerdet und all die Strenge wird von opulenten Maxiröcken und Oversize-Silhouetten gebrochen. Außerdem entdeckt: Die neue Sportlichkeit hält auch auf dem Laufsteg Einzug: Beanies auf so gut wie jedem Modelkopf!
Der Kampf ist offensichtlich ausgefochten. Zwar wissen wir, dass Zukunft ohne Vergangenheit nicht existieren kann, aber wer sich nur auf das eine konzentrieren, verpasst das Beste: Nämlich die Zusammenführung zweier Gegensätze, deren Weiterentwicklung und Neuinterpretation. Lala Berlin schafft es, die wilden 60er Jahre der Working Class ins Jetzt zu befördern und dabei trotzdem mit einem Bein in der Zukunft zu stehen.
Unsere Favoriten:
Quadrophenia Bilder via und via.