Im wahren Leben funktioniert die Liebe nur selten wie im Film. Du triffst den Einen und es macht „Peng“ und das für’s ganze Leben. Einer der Gründe, warum man Woody Allen lieben muss. In seinen Filmen, wie auch in „Manhattan“ geht es weniger um die Person, in die sich die Hauptprotagonisten verlieben, als um das anbetungswürdige Gefühl, die Liebe zu empfinden.
Isaac Davis, gespielt von Allen selbst, ist ein neurotischer Freigeist, der eine Affäre mit der 17-jährigen Tracy (Mariel Hemingway) hat. Aufgefressen von seinen Skrupeln, mit einer so jungen, naiven Schülerin zu verkehren, kann Isaac das „Techtel Mechtel“ kaum genießen. Dass Tracy einen Kopf größer als Isaac ist, visualisiert die Unterschiede der Beiden – eine Zuspitzung der Tatsache, dass er 25 Jahre älter als sie ist und dass die Zwei auf Dauer nicht zusammen gehören können.
Während seiner Beziehung zu Tracy, lernt er die Liaison seines besten Freundes Yale (Michael Murphy) kennen. Die super-intellektuelle Journalistin Mary (Diane Keaton) scheint auf den ersten Blick arrogant, ist aber am Ende bloß auf der Suche nach sich selbst. Genau das zieht Isaac an. Er verbringt viel Zeit mit ihr, nachdem Yale die Affäre mit Mary beendet hat und fühlt sich mehr und mehr zu ihr hingezogen. In ihr findet er das, was er in Tracy aktuell nicht hat: einen Gesprächspartner auf Augenhöhe. Die tiefgründigen, pseudointellektuellen Dialoge erotisieren ihn, ihr geht es ähnlich und die Zwei kommen zusammen.
Doch kaum scheint für den Dauerzweifler alles nahezu perfekt, begreifen Yale und Mary dann doch, dass sie zusammen gehören und Isaac steht allein da. Das Gefühl des Alleinseins ist für Issac eines der Schlimmsten, deshalb versucht er seine Ex-Freundin Tracy wieder zurück zu erobern, die inzwischen aber schon die Koffer für ihr Auslandsstudium gepackt hat.
„Manhattan“ gilt auch als Liebeserklärung Woody Allen´s an New York. Bereits in der Einleitung des Films hört man aus dem Off die Stimme von Isaac: „Er betete New York an. Er vergötterte diese Stadt über alle Maßen.“
Traumhafte schwarz-weiß-Aufnahmen von New York, die das Guggenheim Museum, den Central Park und die Brooklyn Bridge zeigen. Absolutes Lieblingsbild: Isaac und Mary sitzend auf einer Bank, wie Staffagefiguren, im Hintergrund die Brooklyn Bridge – einfach nur fantastisch!
Besonderes Schmankerl: Die unfassbar traumhafte Mode der 70-er Jahre. Liebe Mariel Hemingway, danke für deine „weiße Hemd über engen Jeans & Pulli umgehangen“-Kombination! Mit den markanten Augenbrauen bist du für mich die wohl schönste Dame der 70-er, direkt nach meiner Mama.
„Manhattan“, eine komplizierte Dreiecksgeschichte, mit mehr als drei Beteiligten, die allesamt verwirrt von ihren eigenen Gefühlen sind. Sich völlig fallen zu lassen, einem Menschen hinzugeben und sich zueinander zu bekennen – ein großes Problem der Großstadtmenschen und zugleich die Thematik von Allen´s „Manhattan“. Sex ist so intim, wie beim Bäcker Brötchen kaufen und die Angst, das Bessere zu verpassen viel zu groß. Deshalb werden Verbindlichkeiten verwehrt und in regelmäßigen Abständen auf neue Züge aufgesprungen, um in Dauerschleife das Gefühl von „Neulieben“ zu spüren.
Am besten ihr schaut´s euch selber mal (wieder) an!
Text: Jessica Oemisch.