Kunst: Doku-Tipp – „A Brief History of John Baldessari“

22.05.2012 Allgemein, Kunst, Kultur

John Baldessaris Persönlichkeit fasziniert mich beinahe mehr als sein Schaffen und ich komme einfach nicht umher, ihn mir als kuriosen Hunter S. Thompson der Kunstwelt vorzustellen. Obwohl sein dichter weißer Bart und das lange Haar einen eierförmigen Kopf umrahmen, der ausschaut als gehöre er zu einem sehr höflichen und ganz und gar Garten-verliebten alten Herrn, scheint es, als stecke in diesem extra-groß gewachsenen Körper ein ziemlich schroffes Cowboy-Herz. Dass die Kurz-Doku über den „Godfather of Conceptual Art“ von niemand geringerem als Tom Waits vertont wurde, ändert natürlich auch nicht unbedingt etwas an meiner kleinen Assoziationskette im Hirn. Zumindest die Stimmen der beiden Freunde passen schon mal wie die Faust auf’s Auge – Da fehlt nur noch der Whiskey im Abspann.

Der in Kalifornien lebende Baldessari wurde Ende der 60er bekannt, weil er der Pop Art noch ein kleines, feines Detail hinzufügte – nämlich die Schrift, die bis dato vornehmlich der Conceptual Art vorbehalten war. Bilder, Werbetexte, Filmzitate und Fotografien ergaben zusammen genommen ein Konstrukt, das die Kritik an der Popkultur bis heute in den Mittelpunkt all seines Schaffens rückt. Irgendwann im Jahr 1970 entschied Baldessari, sich auf radikale Weise von all seinen bisher entstandenen Werken zu trennen: Das „Cremation Project“ führte zur vollständigen Verbrennung all seiner Kunst. Dieser brachiale Entschluss beendet jedoch keineswegs seine Karriere – bis heute experimentiert der vielleicht einflussreichste Konzept- und Medienkünstler der Gegenwart mit Videoperformances, Filmen, Collagen und Fotografie – sogar eine iPhone App findet sich im Baldessaris’schenPortfolio. Seine Virtuosität lebt von Gegensätzen, von Eindringlichkeit und einem scheinbar nicht abebben wollenden Ideensprudel. Wir könnten jetzt noch mehr als tausend Zeilen schreiben, um dem Meister der Illusionseffekte und zusätzlichen Bedeutungsebenen zu huldigen, dem spannendsten Surrealisten des digitalen Zeitalters. Die Kurzdokumentation „A Brief History of John Baldessari“ macht das aber, wie finden, in knapp sechs visuellen Minuten so oder so schon ziemlich gut. Et voilá:

Danke, Betty Bome, für den Tipp!

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