Das hier geht raus an die Girls, na klar. Und mir schwant dabei irgendwie nichts Gutes. Ich sehe bereits beide Seiten verbal auf mich einprügeln, die klar feministische und die, die dagegen ist. Wer sich öffentlich auf diese Thematik einlässt, der muss sich warm anziehen. So scheint es zumindest. Ein typischer Fall von „wie man’s macht, macht man’s falsch.“ Vielleicht ging bis zu diesem Eintrag deshalb so viel Zeit ins Land. Entweder man ist den Feministinnen nicht feministisch genug (in diesem Fall stößt man sich zum Beispiel am nicht-vorhandenen Gender-Gap oder fehlenden, weiblichen Endungen), oder aber man wird von einer Gruppe schubladendenkender Anti-Feministinnen angefeindet, die es sich in einer vermeintlich gerechten Gegenwart gemütlich gemacht haben und lieber auf die Taten ihrer Urgroßmütter verweisen, als sich selbt das Hirn über den heutigen Ist-Zustand zu verknoten.
Der wiederum ist bei genauerem Hinsehen nämlich nicht so knusper wie man stets zu vermuten tendiert. Es ist bloß so: Viele von uns bekommen das noch immer existierende Ungleichgewicht zwischen Männlein und Weiblein gar nicht erst mit, meist, weil der eigene Lebensstil ein geschicktes Vorbeischlängeln an etwaigen Missständen ermöglicht. An dieser Stelle möchte ich mich nicht in Fakten verrennen oder euch mit „Beweisen“ vollballern, um am Ende vom Sinn und Zweck des Feminismus überzeugen zu können – Viel wichtiger erscheint mir zunächst die bloße Erinnerung an eine ziemlich große Sache. An etwas, das im Grunde für jeden von uns von Interesse sein sollte. Nennen wir es meinetwegen GIRL POWER.
Und hier gelangen wir auch schon zum nächsten Punkt, oder eher: Zum abschreckendsten. Denn beim bloßen Aussprechen des Wortes FEMINISMUS explodiert in nicht wenigen Köpfen eine gigantische Bombe – zusammengesetzt aus stereotypen Sichtweisen, Bildern von Achselhaar oder Mademoiselle Peaches, wie sich auf der Musical-Bühne einen Plastikpenis umschnallt, von unattraktiven Politikerinnen, von der grausamen Alice Schwarzer und richtig fiesen Männerhasserinnen. Aber wenn die es nicht tun, das radikale Aufmerksammachen, wer dann?
Mir ist nun wichtig zu verdeutlichen, dass ich beim allem, was ich hier rede, noch eine Menge lernen muss. Soll bedeuten: Meine Meinung ist keinesfalls das Nonplusultra. Und doch möchte ich meine zerstückelten Gedanken kurz mit euch teilen, in der Hoffnung, auf Anregung zu stoßen und weitere Betrachtungsweisen. Denn meine eigene Einstellung zum Feminismus ist ziemlich wirr und lückenhaft. Obgleich ich mich inzwischen sogar manchmal selbst als Feministin bezeichne. Diese Erkenntnis kam mit allerdings erst mit 24 Jahren.
Rückblick: „Feministinnen sind hässlich, deshalb sind sie ja Feministinnen.“ „Feministinnen regen sich über freizügige H&M Plakate und die Abwertung der Frau zum Lustobjekt auf? Fein, wohlmöglich, weil sie erkennen mussten, selbst niemals ein Lustobjekt sein zu können, weil kein Mann je nach ihrer Telefonnummer gefragt hat, der es wert gewesen wäre, sich das Hirn aus dem Leib vögeln zu lassen.“ „Feministinnen haben grundsätzlich erst einmal Minderwertigkeitskomplexe – und da liegt der Mann als Hassobjekt ja nahe.“ „Feministinnen gehen mir tierisch auf den Sack.“ Undsoweiterundsofort. Alles schon gehört, vieles davon eventuell selbst gesagt. Bis zu diesem einen Nachmittag. Auf dem Küchentisch meiner Oma lag eine Zeitung, der Titel: „Karrierefrauen von Heute“. Ich frage sie also: „Oma, bist du eine Karrierefrau?“ Alles, was sie darauf antwortet, ist: „Ich hatte das Glück, für mich selbst entscheiden zu dürfen. Ich habe studieren können, in vier unterschiedlichen Städten, das war damals nicht selbstverständlich. Aber dass man heute noch den Begriff „Karrierefrau“ benutzt, das macht mich fast wütend. Impliziert das nicht, dass eine erfolgreiche Frau noch immer etwas Besonderes ist? Gibt es das Wort „Karrieremann“? Nein. Kind, ihr habt aufgehört, zu kämpfen.„
Man könnte also sagen: Omi hat den Hebel in meinem Kopf in einer einzigen Minute umgelegt. Denn sie hat verdammt noch mal recht. Und das, obwohl ich selbst mich keinesfalls durch die Männerwelt bedroht fühle. Ich vergöttere Männer, manchmal mehr als mir lieb ist, nein, eigentlich immer. Und ich bin so sehr Mädchen wie man nur Mädchen sein kann – daran rüttelt auch meine Goldmedaille im Kommando-Rülpsen nicht. Hin und wieder würde ich sogar so weit gehen, zu behaupten, dass ich Männer teilweise schlechter behandle, als das anders herum der Fall ist – sofern man denn in Schubladen denkt. Hätte ich einen Penis, man würde mir einen ziemlich hohen Testosteron-Gehalt attestieren. Ich wackle außerdem gern mit dem Hintern, wenn gute Musik durch meinen Körper schwappt, ich klimpere gern mit den Augen und wirke dann und wann sogar hilflos. All das geschieht jedoch mehr oder weniger mit Absicht. Ich bin mir, sofern kein Rotwein involviert ist, über mein Handeln im Klaren. Darüber, dass ich mich manchmal freiwillig in die Rolle des zu beschützenden Rehwilds begebe, satt mit Fäusten gegen Blicke seitens der Herren zu kämpfen, darüber, dass ich mit kurzen Röcken sogar sexy sein kann. Aber ich bin verdammt noch mal eine stolze Frau und, so glaube ich, auch eine ziemlich starke. Ich entscheide selbst, in welche Rolle ich schlüpfe. Und genau hier liegt für mich der Sinn des modernen Feminismus verborgen. Des Feminismus bei dem jeder mitmachen kann.
Ich nenne ihn(!) lapidar „Feminismus mit Titten„. Denn ich halte nichts von Rollkragen-Pflicht und sinnfreien Hassparolen gegen Anzugträger, die noch immer meinen, die Frau gehöre hinter den Herd. Mit denen habe ich bloß Mitleid. Für mich geht es nicht darum, den Vater zwangsläufig in Elternurlaub schicken zu müssen, der eigenen Selbstverwirklichung wegen. Sondern um eine Gleichberechtigung, die nicht bloß auf dem Papier besteht. Es geht darum, dass wir unseren Weg gehen können, welcher auch immer das sein mag, ohne Stolpersteine. Du willst Hausfrau und Mutter werden? Wieso nicht. Manch einer fühlt sich eben im klassischen Rollenbild wohl. Aber dann sollte das Zuhausebleiben ebenso viel Wertschätzung finden wie das nächtelange Ackern im 14. Stock der Business-Wolkenkratzer. Alles, was du willst, ist erfolgreich sein, viel arbeiten und ab und an vögeln? Viel Spaß dabei. Vielleicht willst du auch alles unter einen Hut bekommen? Go for it.
Solange es aber überhaupt so etwas wie eine „Frauenquote“ gibt, sind wir noch weit entfernt von einer Realität, in der Männern und Frauen tatsächlich die gleichen Türen offen stehen und zwar ganz ohne Unterschiede in der Behandlung, ohne Nach- und Vorteile (und ja, ich schließe die Männer deshalb nicht aus, weil das Ausleben der feminine Seite, sofern sie denn existiert, noch immer keine Selbstverständlichkeit ist). Das ist quasi das „Karrierefrauen-Prinzip“. Solang es einen Begriff für „so etwas“ gibt, sind wir noch nicht beim Zustand der totalen Selbstverständlichkeit angelangt (und das liegt durchaus auch uns Frauen selbst – Stichwort: Bitch Fight). Es gibt sie, diese Unterschiede. Nicht alle sind böse, aber viele ärgerlich. Das vergessen wir bloß ziemlich gern. Weil’s ja irgendwie auch bequem ist, wenn immer nur die anderen meckern.
Ich glaube, ich muss euch nicht erzählen, dass wir ohne unsere Großmütter und Urgroßmütter nicht wählen dürften. Dass wir keine Hosen tragen würden und Universitäten bloß aus der Ferne betrachten könnten. Dass Abtreibung illegal wäre und wir unsere Männer um Erlaubnis bitten müssten, wenn wir Lust auf ein Kaffeekränzchen hätten und so weiter und so fort. Das Ding ist bloß: Wenn wir uns jetzt auf der faulen Haut ausruhen, dann machen wir keinen einzigen Schritt mehr nach vorn. Und nichts ist schlimmer als Stillstand.
Wer sich fragt, wieso man sich denn Zwangsläufig einer Gruppe zugehörig fühlen muss, dem lege ich eine Antwort auf meine Frage bezüglich dieser Thematik in einem Blogger-Forum ans Herz: „Weil es das zwischenmenschliche Agieren erleichtert, wenn man Dinge, Menschen, Einstellung etc unter einem Begriff zusammen fassen kann und man Gleichgesinnte schneller findet.“ Hallo, hier sind wir nun. Wir lieben unsere Brüste, aber auch unsere Freiheit und all die Möglichkeiten. Am Limit sind wir aber noch längst nicht angelangt. Was uns gut tun würde: GIRL POWER.