Oh my god, this is so Ryan Gosling. Was Jessie in ihrem Reisetagebuch bereits ausgeplaudert hat, kann ich hier nur ein weiteres Mal bestätigen: Mit unserer Ankunft in Cannes hat sich mein Gehirnvolumen gefühlt auf ein Minimum herunter geschraubt, was einerseits an der frischen Küstenluft lag, die mir ordentlich durch den Kopf blies und andererseits an den etlichen Schockzuständen, an denen unter anderem Liv Tylers Präsenz Schuld war. So wurde Ryan zum ultimativen Adjektiv und ich zum Fangirl.
Aber erst einmal zurück zum Anfang: Cannes und Nizza sind traumhafte Städte – wenn nicht gerade Ausnahmezustand herrscht. Das Entlangschlendern an der Croisette mag einem von Außen betrachtet glamourös erscheinen, innerlich kann die Bummelei aber tatsächlich einen kleinen Schaden anrichten. Zu viele Plastikgesichter, zu viele halbnackte Boohnenstangenkörper, zu viel Fake. Erst knautscht das Selbstbewusstsein zusammen wie ein altes Stück Papier, dann wünscht man sich plötzlich Scheuklappen herbei und würde sich liebend gern ein bisschen schütteln. Hallo Mädchens, alles gut. Es ist so oder so nichts so schön wie Sonnenschein, ein dickes Magnum-Eis mit Schokoglasur – und Liv Tyler.
Wir stehen also dort unten in einer Location mit Blick auf’s Meer, ich heimlich rauchend zur Beruhigung der Nerven, da hört man plötzlich Kreischen und zack – die Erleuchtung. Ein elfengleiches Wesen schwebt die Treppe hinunter, reicht uns die Hand und säuselt mit rauchiger Stimme etwas wie „Nice to meet you“. Ja, find‘ ich auch. Bloß bleibt mir dieser Satz im Rachen stecken.
Herzrasen. Mit einem einzigen Handschlag werde ich schlagartig wieder zum Pubertist und überlege, ob die BRAVO eigentlich jemals einen Liv-Tyler-Starschnitt herausgebracht hat – ich würde ihn mir mitten ins Wohnzimmer hängen. Sofort.
Was soll ich sagen? Adieu Lässigkeit. Man kann sich noch sooft einreden, jeder Star sei schließlich auch nur ein Mensch – bloß hilft das alles nichts. Ich mutiere zum Trottel und kann nur labil lächeln, als ein Fotograf die Linse auf uns hält. Beim Betrachten der Schnappschüsse, schlägt Liv die Hände über dem Kopf zusammen. „Oh my, oh no.“ Ist nicht wahr, denke ich. Selbst eine perfekte Mademoiselle zweifelt dann und wann. Natürlich. Weil sie eben echt ist und keine Knetfigur.
Als endlich ihr Kurzfilm, bei dem niemand geringeres als Wim Wenders Regie geführt hatte, präsentiert wird, falle ich schon wieder vom Glauben ab. Zappelnd steht sie vor ihren Freundinnen, und plappert und plappert, damit bloß niemand zu viel vom zweieinhalb Minüter mitbekommt. „Pleeease, don’t look at that!“. Hallöchen? Wir würden am liebsten gar nicht mehr wegsehen:
In „5 Kisses – A short film about kissing“ erinnert sich Liv an ihren allerersten Kuss, teilt Gedanken und Gefühle, schwebt verträumt durch Klärchens Ballhaus und macht uns beinahe etwas verlegen. Denn wir werden zu heimlichen Zuschauern, alleingelassen mit der vielleicht schönsten Frau der Welt.
Magnum hat mit diesem Werbefilm, der allerdings alles andere als Werbefilm’esque daher kommt, ein extremes Ass aus dem Ärmel gezaubert. Nicht viele Marken begreifen nämlich, dass stille Zurückhaltung oft viel mehr bewirkt als die „Mitten-Ins-Gesicht-Strategie“. Wir kapitulieren also vor der geglückten Image-Kampagne und freuen uns noch ein bisschen mehr auf den kommenden Sommer samt fünf neuer Eis-Küsse.
Noch mehr Schnappschüsse aus Cannes & Nizza: