Vermutlich liegt es an dieser Post-Urlaubs-Resozialisierung-Problematik, aber auf mich wirkt es, als befinde sich die Medienlandschaft gerade in einer Hoch-Zeit frauenverachtender Beitragswellen. Nicht zuletzt sind die Autoren, Macher oder Denker von Pipimädchenartikeln selbst Busenträgerinnen.
Mein jüngstes Beispiel: Wäis Kiani, die allseits bekannte Kolumnistin, die ich für ihre scharfe Zunge bisweilen immer auf einem Siegertreppchen positioniert hätte. Sie schwadronierte noch kürzlich darüber, weshalb Mädelsabende „einfach nicht funktionieren“ würden. „Weil zu viele Frauen auf einem Haufen entweder zu hysterisch oder total langweilig sind“, zitiert sie dort eine Freundin und macht in etwa genau so weiter: „Mit Frauen wird es nie richtig lustig, weil sie sich für nichts interessieren (…), stattdessen wird darüber geredet, wer sich wann und wo hat botoxen lassen und wer zurzeit was aus seinem Diätplan gestrichen hat“. Wer jetzt meint, das Blatt würde sich zum Ende hin noch wenden, aus Anti-Feminismus würde eventuell doch noch Feminismus werden, der befindet sich auf dem Holzweg. Erstens denke ich, die gute Wäis sucht sich eventuell extrem falsche Freundinnen für falsche Erlebnisse aus, zweitens gratuliere ich an dieser Stelle für diese formidable Stereotypiserung des dümmlichen Weibchens und drittens frage ich mich nun, in welcher Sackgasse der Karren letztendlich wohl vor die Wand gesetzt werden wird. Wie zum Geier uns Frauen (aber bitte im übertragenden Sinne) irgendwann einmal richtig dicke „Cojones“ wachsen sollen, wenn wir uns doch ständig selbst degradieren und uns immer wieder gegenseitig oder selbst an besagten Karren pissen.
Selbst Göttinnen wie Audrey Tautou machen sich mit Aussagen wie „The thing that is blocking me is a lack of self-confidence“ (via The Talks) zu knetmassenartigen Figuren samt allerhand Komplexen. Natürlich ist das menschlich. Aber mindestens ebenso beängstigend. Ist „Selbstvertrauen“ vielleicht längst ein Un-Wort, ein Mythos, irgendetwas, das irgendwann einmal existierte, aber inzwischen längst auf dem Friedhof der vergessenen Emotionen verwest?
Und dann wären da kürzlich noch all die vernichtenden Kommentare zu Petra Collins „Period Power“ Shirt, in denen sich menstruierende Frauen über die Zeichnung einer menstruierenden Vagina, aufgedruckt auf ein T-Shirt, echauffierten. Das Kunst-Projekt inklusive gekonnter Provokation dahinter wollten nur die wenigsten anerkennen. „I wasn’t shocked at the reaction I received from my t-shirt. I’m used to being told by society that I must regulate my body to fit the norm“, sagt Collins.
Um die Thematik des „Hereinpassens in das das herrschende Schönheitsideal“ und etwaige „Verstöße“ geht es auch in ihrem neusten Artikel für die Huffington Post – denn Instagram hat den Account der kanadischen Künstlerin sperren lassen. Weil sie sich nicht rasieren will. Und damit offensichtlich die Sehgewohnheiten des Standad-Users vergewaltigt.
„I did nothing that violated the terms of use. No nudity, violence, pornography, unlawful, hateful or infringing imagery. What I did have was an image of MY body that didn’t meet society’s standard of „femininity.“ The image I posted was from the waist down wearing a bathing suit bottom in front of a sparkly backdrop (siehe oben)“, kontert Collins ganz richtig. Kein blanker Busen, keine freie Sicht auf neckische Schamlippen, keine Pose der vulgären Art – dafür aber ein Handvoll sich über den Schlüpfer-Rand hinaus kräuselnder Haare. Grund genug für eine Verbannung – schließlich schreibt die Beauty-Etikette längst eine strikte „Baby-Popo-Haptik“ vor (ein übrigens sehr widerliches aber trotzdem häufig in diesem Kontext genanntes Wort für den perfekten Venushügel).
Nähern wir uns etwa einer Welt, die Aldous Huxley in seinem Utopie-Roman „Brave New World“ schon längst hat kommen sehen? Einer Gesellschaft, die vor lauter künstlicher Sexualisierung jegliches Gefühl für Menschliches verliert, in der selbst das Kindergebähren irgendwann einmal als „schmutzig“ gelten wird, während Dildos in der Schultüte landen?
Um es in Frédéric Beigbeders Worten zu sagen: „Die ganze kleine Welt bumst, vögelt, bläst, leckt Sperma, reibt sich die Klitoris, pumpt an Schwänzen, spritzt auf Gesichter, malträtiert Mösen, peitscht sich die Brüste, bepisst sich, schwuchtelt und wichst in Freude und Entspannung.“
Aber bitte genau so, wie es uns die Medien, die Pornoindustrie und vielleicht sogar die beste Freundin vorgeben. Schön clean und „genormt“ eben. Alles andere schickt sich nicht.