Um ehrlich zu sein, habe ich ein äußerst zwiegespaltenes Verhältnis zu Büchern über Mode, oder besser gesagt zu jenen, die inzwischen beinahe wie am Laufband erscheinen, um uns darüber zu unterrichten, wie wir uns zu kleiden haben, wie „Berlin“ sich aufmotzt oder nicht, wie das gertenschlanke It-Girl aus der Klatschzeitung morgens das Haus verlässt und welche Stilregeln heutzutage angeblich gültig zu sein scheinen. Vor allem über letzteres Phänomen kann ich nur schmunzeln. Gestern noch posaunte man „Sandalen sind ein No-Go!“ in die elitäre Schuhwelt hinaus, heute schon sitzen in sämtlichen Front Rows, genau, stolze Sandalen-Trägerinnen.
Wer sich jetzt noch traut, öffentlich über Do’s und Don’ts zu urteilen, der muss sehr selbstbewusst, ja fast schon überheblich sein. Vielleicht auch ein klein wenig hinterweltlerisch. Denn jede Frau hat ihren ganz eigenen Geschmack, eine individuelle Idee von und Liebe zur Mode, aber auch kleine und große Kämpfe mit ihr, der Mutter aller schönen Oberflächlichkeiten, auszutragen. Und dann gibt es ja noch all jene unter uns, die sich tagtäglich anziehen, weil nackig sein eben einfach keine Lösung ist. Wie also sieht ein Buch aus, das keinen Aspekt des gigantischen und auch sehr persönlichen Themenfelds der „Mode“ außen vor lässt?
Die wunderbaren Künstlerinnen und Autorinnen Sheila Heti, Heidi Julavits und Leanne Shapton schaffen es, mit ihrem gerade erschienen Buch „Women in Clothes“ sämtlichen Aspekten gerecht zu werden, sie reden über Mode als materielles und kulturelles Über-Phänomen, aber eben auch über Mode als äußerst emotionale Angelegenheit, sie liefern uns sozusagen die wirklich perfekte „September Issue“, die wahrhaftigste aller „Fashion Bibles“, bestückt mit Essays uns Sichtweisen von insgesamt 639 Frauen jeglicher Coleur:
„In fact, Women in Clothesis basically the September issue of your dreams, leeched of all the aspirational fashion bullshit, and leaving us with nothing but the smartest, most interesting voices discussing fashion through such lenses as gender, class, ethics, and race.“
Es geht aber auch um Moral, um Ethik und unsere Lust am maßlosem Konsum:
„I think the most pain came from people who were in unhappy economic situations. This was most apparent in the interviews Julia Wallace did with Cambodian garment workers, one of whom speaks of holding a bra in front of her — a bra she is sewing in a factory, unable to imagine the woman who will one day wear it, thinking how beautiful she would be if she could wear it. But certain American respondents experienced this pain, too. One woman tells of trying on clothes in a department store that she’d never be able to afford, and how great and professional they made her feel, but that ultimately it was this “little fantasy. (…) So it’s hard propose a likely ethics of clothes in America when wages are so low.
I would like our book to help a little bit, simply by saying: maybe you don’t need to buy and consume as much. Maybe a new shirt is not the solution. Shop more carefully and make what you have last.“
Das gesamte Interview mit dem Trio hinter „Women in Clothes“ liegt hier für euch bereit – unbedingt lesenswert, genau wie das Werk selbst. Bisher durfte ich zwar nur kurz rein schnüffeln, aber selbst damit wollte ich wirklich kaum mehr aufhören.
Mehr Infos zum Buch gibt’s hier.
„Women in Clothes“ auf Facebook.