TRAVEL //
Drei Tage Istanbul
– ein Regenguss-Genuss-Guide

08.01.2015 Travel

istanbul

Im Auto auf dem Highway vom Flughafen hinein in die Stadt, grabe ich meine Finger in den porösen Beifahrersitz. Von jeder anderen Metropole die ich bisher in meinem Leben besuchte, hatte ich ein Gefühl dafür, wie es werden wird. Hier fehlt mir diese Ahnung gänzlich. Ich bin aufgeregt, wir fahren schnell denn – hier fährt jeder schnell.

Es ist spät als wir schließlich in eine Gasse in Karaköy einbiegen, an dessen Ende ich das Ufer des Bosporus erspähe. Ein faltiger Mann mit Schnäuzer und lieben, aber zusammengekniffenen Augen schiebt mit einem Besen Matsch von den Fliesen vor seinem Geschäft in eine Rille. Er wirkt nicht, als wäre ihm der Regen allzu vertraut, der vor seinem dunklen Gesicht die Stadt in diesigen Nebel tunkt. Den nassen Straßenhunden, die in der Gruppe um die Mülltüten auf dem Gehweg pirschen, auch nicht. 

Hier gibt es das beste Backlava in ganz Istanbul“ wendet sich meine Türkische Begleitung mir zu „wir kommen allerdings zu spät“ erwidere ich. Er winkt ab, kurbelt die Scheibe hinunter und ruft dem alten Mann etwas auf Türkisch zu – der Schnäuzer lehnt den Besen an die Eingangstür und läuft in sein Geschäft. Kurze Zeit später reicht er uns zwei Stück Blätterteig-Gebäck durch das Autofenster. Ich traue mich nicht zu sagen, dass ich so eine Art Backwerk längst aus Neukölln kenne und es mir stets viel zu süß ist – deshalb beiße ich brav hinein und: Bereue nicht. Kein bisschen, denn es besteht überhaupt kein Vergleich zu dem klebrigen, schweren Sünden aus den Auslagen des Falafelshops bei mir daheim. Nein, es ist köstlich. Eine schöne Begrüßung in Istanbul und der Beginn einer Genussreise.

Der nächste Morgen bringt noch viel mehr Regen und eiskalte Temperaturen, es gießt wie aus Eimern. Der Wetterbericht kündigt Schneegrieselsturm für meine nächsten drei Aufenthaltstage in Konstantinopel an, ich habe Glück – einen Tag vor mir war noch Sweatshirtwetter und strahlend blauer Himmel:
 image_00001 image_00031

Mangerie Bebek

In einer Stadt mit 14 Millionen offiziellen Einwohnern und weit mehr in der Dunkelziffer, schafft man sich neuen Platz. Hier isst und lebt man auf Dächern. In Istanbul spielt sich alles entweder auf den Straßen oder ganz weit oben ab. Durch ein schmales Treppenhaus steige ich die fünf holprigen Etagen bis in die Mangerie Bebek, ein szeniger Frühstücksplatz und ein Café, welches einem die uneingeschränkte Sicht auf den Bosporus schenkt. Die Einrichtung mit weißem Interieur, kleiner Bibliothek an der Wand und Weihnachtsbaum in der Ecke, gibt moderne Wohnzimmergemütlichkeit. Ein paar Regen-Mutige nutzen die große, weiße Terrasse draußen und hüllen sich in Decken.

image_00005

Kaffeesatz lesen ist mein neues Ding – ich hatte zwei Alpakas in der Tasse

image_00004

Kılıç Ali Paşa Hamamı

Noch ein bisschen von der Nasskälte Istanbrrrrs durchgefroren, sitze ich nur mit einem Pestemal Handtuch um die Hüften auf einem großen, warmen Marmorstein. Die traditionelle Waschung in einem der schönsten und ältesten Hamams in Istanbul wurde zu einem meiner Highlights auf diesem Trip. Wieso, weshalb warum verrate ich euch ganz bald in einem Hamam Beauty Special.

image_00021

Kapalıçarşı – Grand Bazar

Mit 5000 Shops verteilt auf 60 Straßen ist er einer der größten überdachten Märkte der Welt. Jeden Tag schieben sich hier 250000 bis 400000 Menschen durch die bunten Gänge. Hier findet man alles, was das Herz begehrt. Vom Türkish Delight über Gewürze, handbemalte Keramik bis hin zu Gold und fake Céline Handtaschen. Der Markt ist in Areale aufgeteilt – jede „Branche“ hat hier ihr eigenes Viertel.

image_00017

image_00018

Karaköy Lokantasi

Hier wird traditionelle, gehobene Türkische Küche serviert. Während man sonst bestes Essen im Straßenformat auch problemlos für den kleinen Liere an jeder Ecke zu kaufen bekommt, greift man hier schon ein bisschen Tiefer in den Geldbeutel, wird dafür aber mit ausgezeichnetem Service und Ambiente belohnt. Ich aß nie besseren Fisch als hier und fand Fliesenwände selten so einladend. Das Dessert Kabak Tatlıs möchte ich jedem wärmstens ans Herz legen, es besteht aus gedämpftem, süßem Kürbis und Pistazien. 

image_00012

Cafe Privato

Mit Blick auf den berühmten Galata Turm lässt sich hier das wohl schönste Türkische Frühstück genießen. In dem schmalen und liebevoll eingerichtetem Café werden auf Omas Geschirr mannigfaltige Köstlichkeiten sowohl herzhaft als auch süß serviert. Es lohnt sich übrigens ohnehin ab und zu in die unzähligen, kleinen Gassen zu schauen und nicht den schnellstmöglichen Weg zu wählen um solche Schätze wie das Privato aufzutun. Hier habe ich auch Kaymak für mich entdeckt, eine Art buttriges, leichtes Milchprodukt was auf der Zunge schmilzt und traditionell mit Honig gereicht wird – so gut.

image_00016

Karaköy

ist ein Historischer Stadtteil auf der Pera Halbinsel und das frühere Galata. Dieses Viertel steht für seine vielen kleinen fancy Cafés, Bars und seine Künstler-Szene, die hier am liebsten verweilt. Ich habe mich prompt und Hals über Kopf in die Stimmung und den Puls hier verliebt. Gastfreundschaft wird auch hier überall groß geschrieben, es ist ein entspanntes Treiben und man ahnt die vielen Millionen der Stadt manchmal garnicht – was allerdings auch am Miesepeterwetter und der Jahreszeit liegen könnte.

image_00010

image_00011

image_00015

Galata Brücke

Hobbyangler stehen aufgereiht wie für ein Postkartenbild, es riecht nach Fisch und Meerluft. Man nennt die Galata Brücke nicht von ungefähr die große Bühne der Oper Istanbul

image_00009 

Die Sultan Ahmed Moschee oder auch: Blaue Moschee 

image_00007  image_00008

image_00006 

Istanbul, du altes, modernes, schneckenlangsames, rasendschnelles, buntes, sanftraues Kultur-Clash-Pflaster, du hast dir mich von deiner tristesten Seite gezeigt und trotzdem habe ich ganz genau gesehen wie wunderschön du bist. 

Uns blieb nicht viel Zeit, – stell dir doch nur mal vor, nicht einmal die Fähre auf deine andere, die Asiatische Seite, habe ich betreten – dieses Mal. Das und dreibilliausend deiner noch zu bestaunenden Sehenswürdigkeiten, Gerüche, Geschmäcker und warmen Nachtlieder hole ich im Frühjahr nach, dann sehen wir uns nämlich wieder und du zeigst mir deine Gassen, Menschen und kulturellen Schätze wenn sie von der Sonne angestrahlt werden – Deal?

Teşekkürler für alles und bis bald

Deine Sarah

image_00022 image_00014 image_00020 image_00019 image_00030

18 Kommentare

  1. Belinda

    Was für tolle Impressionen von meiner absoluten Lieblingsstadt *-*! Ich habe 2013 für fünf Monate dort studiert und mich nie unsterblicher in eine Stadt und ein Land verliebt! Im Frühjahr wirst du sicher noch tausendmal mehr Spaß haben!
    Çok selamlar,
    Belinda

    Antworten
  2. Belinda

    Ach ja, beim nächsten Mal auf jeden Fall einen Besuch in Besiktas, einen Gang über den Campus der Bogazici Universität und einen Besuch auf dem Schmuckmarkt in Ortaköy machen :).

    Antworten
  3. Iriz

    Hey,
    schöne Bilder. Ich habe den Artikel nur kurz überflogen und mich gefragt, wann du dort warst, also zu welcher Jahreszeit bzw. in welchem Monat? Ich überlege gerade spontan was zu buchen, weil ich dieses Jahr mal wieder hin möchte und es gerade nicht so teuer ist. VG

    Antworten
    1. Scalamari Jane Artikelautorin

      Liebe Iriz, ich war über Silvester dort und denke, Istanbul hatte schon schönere Tage gesehen. Trotzdem wie du siehst eine wunderschöne Stadt mit vielen Möglichkeiten. Ich würde jederzeit bei jedem Wetter wieder hin. Also: Los, auf geht’s – tu es!

      Antworten
  4. Leonie Antonia

    welch ein Genuss diesen Regenguss-Genuss-Guide lesen zu dürfen, verfeinert mit diesen stimmungsvollen Bildern. Merci <3

    Antworten
  5. Scalamari Jane Artikelautorin

    Ach ihr lieben Reisemäuse – das freut mich wirklich sehr, dass euch die Eindrücke gefallen. Ich müsste ein Buch schreiben um alle festzuhalten aber einen Überblick konnte ich hoffentlich schenken. Danke für euer liebes Lob, das geht runter wie Ayran, ehrlich wahr.

    Merci liebe Jana, Lavina, Belinda, Patti, Gia, Julia, Iriz und Leonie

    <3

    Antworten
  6. Gül

    huhu, das ist wirklich ein ganzer toller Artikel über meine Geburtsstadt. Und es freut mich sehr, dass es dir so gut gefallen hat. Aber bitte sei doch so lieb und nenn unser schönes Istanbul nicht Konstantinopel 🙁 No offense 🙂 Aber wir sind da sehr eigen….Und hoffentlich bist du das nächste mal im Frühjahr oder Herbst in der Stadt, optimal zum erkunden. Die Sommer in Istanbul sind zuuuu heiß…

    Liebe Grüße
    Gül

    Antworten
  7. Gülay

    Wunderbarer Artikel. Ich bin zweimal im Jahr in meiner „anderen“ Heimatstadt und trotzdem waren einige neue Tipps dabei.
    Ich schaffe es auch nie auf die asiatische Seite, auch wenn ich es mir jedes Mal vornehme.
    Jedenfalls freue ich mich immer, wenn Menschen diese Stadt für sich entdecken und Versprechen wieder zu kommen!

    Antworten
  8. Tanja

    Die Bilder sehen toll aus, ich denke Istanbul ist eine reise wert! Gott sei Dank bin ich dieses Jahr wieder in der Türkei, aber in Side, wie immer 🙂 Da ist es auch sehr schön, besonders die großen Gewürzmärkte!

    Lg
    Tanja

    Antworten
  9. keita

    haaaaaaaaach sooooo schöööööööööön!! istanbul steht schon so lange auf meiner städte-reisen-liste und ich glaube, heuer wird es endlich soweit sein! die türkei ist ein wahrhaft interessantes, facettenreiches, wunderschönes land und ich glaube istanbul ist wirklich besonders! danke für die eindrücke. ich hoffe, wir schaffen es dieses frühjahr auch dorthin:) ein paar tipps von dir habe ich mir schon notiert! 🙂 ciao ciao keita

    Antworten
  10. Hanna

    Liebe sarah, hast du die Bilder alle mit deinem Handy gemacht?
    Wirklich schöner Bericht, Istanbul ist ein Traum! Und ich solchen Berichten merkt man, dass du sehr schön schreiben kannst . Bitte mehr von deinen schönen trips 🙂

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr von

Related