Sarah und ich, wir bezeichnen uns ja selbst ständig als Internetmenschen, Medien schreiben gern von sogenannten „Digital Natives“, andere von digitalen Prokrastinierern. Soll so viel bedeuten wie: Wir wissen normalerweise, wo der Social Media-Hammer hängt und zwar ganz einfach deshalb, weil wir zum rechten Zeitpunkt geboren wurden oder auch zum falschen, je nachdem ob man dem ganzen virtuellen Treiben nun wohlgesonnen ist oder grundsätzlich lieber Morsezeichen, statt Mails schicken würde. Ständig kommt was Neues vom App-Himmel geregnet; Freundin A heiratet bald Typ B, reinverguckt in den jeweils anderen hat man sich vor drei Wochen selbstverständlich bei Tinder, Troll-Kommentare über den tranfunzeligen Arbeitskollegen, der sowieso ständig nur Two Dots zockt, werden via Twitter solange in die Welt verschickt bis der Chef irgendwann zurück zwitschert, Imagepflege betreibt der gebildete Bürger von heute sowieso nicht nur bei Facebook und Linked In, sondern auch bei Google plus, das schöne Leben lebt man mehr auf Instagram als sonstwo und What’s App kann dank Aufnahmefunktion selbst Mutti bedienen. Unser Smartphone-Kosmos schien demnach nahezu perfekt – bis Snapchat kam und an unserem Weltbild rüttelte.
Selbstredend ist es so, dass wir Snapchat schon lange vor diesem Beitrag nutzten, aber leider nur zwei Wochen lang, erstens der Nerven zuliebe und zweitens, weil all die kleinen Filmchen und Standbilder mit ihren lustigen Unterschriften schnell Überhand nahmen und darüber hinaus an Sinnlosigkeit nur noch von Chat Roulette zu übertreffen waren. Die Vergänglichkeit der gesendet Nachrichten schlug zwar geradezu in die Datensicherungs-Kerbe, auch die Userzahlen, die alle anderen Anwedungen lockerflockig überragen, spachen und sprechen weiterhin für sich, aber irgendwie nicht für uns. Wäre da nicht der Zugzwang. Plötzlich scheint nämlich Gott und deine Mutter ein Snapchat-Profil zu betreiben, allen voran Blog-Masterminds, Magazine und sämtliche „Opinion Leader“ der Medienwelt. Müssen wir jetzt etwa auch mitmachen?
Seit Tagen tauchen vornehmlich auf Instagram kleine Hinweise auf die Existenz einer Snapchat-Parallelwelt auf: Highsnobiety zum Beispiel taggt keine Orte mehr, sondern Snapchat, Cloudy_Z vom Interview Magazin markiert ihre Frühstücksbilder nicht mehr mit „Melbourne Canteen“ sondern „Snapchat“, auch DAZED befindet sich neuerdings an einem Ort namens „Snapchat“, und so weiter und so fort. Wir waren natürlich neugierig, denn jeder weiß „Reichweite ist Macht“ und wir Deutschen hinken da tendenziell weit hinterher, weshalb wir Janes uns zu Recherche-Zwecken wagemutig ein neues „Thisisjanewayne„-Profil anlegten, Großes erhofften, aber nur Gewöhnliches sahen. Turnschuhe etwa, eine grüne Wiese mit Windmühlen verziert und sogar eine Kaffeetasse. Von vorne, von links und rechts. Kann uns das also bitte mal jemand erklären?
Was wir bis hierher verstehen: Snapchat ergibt Sinn, wenn man auch sonst viel redet und auf Bewegbild schwört. Bestens aufgehoben sind hier also beispielsweise Youtuber oder Bonnie Strange, die sowieso längst auf die Video-Funktion von Instagram schwört. Aber brauchen Sarah und ich als This is Jane Wayne auch Snapchat? Interessiert es euch, wie ich mein Schokoladencroissants kaue? Wie Sarah sich die Schuhe bindet? Wie wir Dummquatsch reden und dabei glutenfreies Spurdelwasser gurgeln? Oder kann man es vielleicht tatsächlich schaffen, wirklich originellen Kontent zu produzieren, dem kein anderer Kanal gerecht werden könnte? Und wenn ja, woher um alles in der Welt kommt dann die zusätzliche Zeit für das Pflegen einer weiteren kleinen Follower-Welt geflogen?
Ihr seht, diesmal stehen wir auf dem Schlauch. Deshalb reichen wir die Frage an auch weiter: Snapchat – machen oder sein lassen?