Der Prefall ist eine dieser modischen Zwischensaisons, deren Existenz nicht wenige Designer in den Wahnsinn treibt. Raf Simons zum Beispiel hat dem Chefrdesignerposten bei Dior gerade erst den Rücken gekehrt. Zu schnell ginge ihm das alles und überhaupt, es bliebe kaum mehr Zeit für wahrhaftige Kreativität. Das Problem ist allerdings, dass der Konsument an einen viel schnelleren Rhythmus gewöhnt ist, dass die Stangen ständig voll hängen müssen mit Neuem, ganz genau wie bei H&M CO. Andernfalls tritt Ernüchterung ein. Nur zwei Auslieferungs-Zeitpunkte, so wie es früher war? Das passt dem Fast Fashion-sozialiserten Kleider-durstigen Käufer von heute nicht im Geringstem. Deshalb ziehen seit einer Weile auch die ganz großen Designer mit. Der „Vor“-Herbst liefert demnach Stoff für den Spätsommer.
All der tendenziell eher gruseigen Assoziationen, die mit dieser Erfindung einher gehen, zum Trotz fischen wir uns heute einfach das Beste heraus aus diesem Haifischbecken: Einen großen Eimer Inspiration. Das Positive am Prefall ist nämlich seine vergleichsweise hohe Alltagstauglichkeit:–
Victoria Beckham hat sich längst einen Namen als ernstzunehmende Designerin gemacht, jetzt macht sie es ganz ähnlich wie die werten Kollegen von Marni. Knallbonbon Farben in neuen Kombinationen und Spaghetti-Träger-Kleider über Rollkragen-Shirts. Allererste Sahne.
Vetemenets hats vorgemacht: Bomberjacken trägt man am liebsten in Übergröße und statt Sneaker packt man bei Burberry Prorsum ganz schön adretten Zwirn dazu. Collage-Look in der Lady-Version sozusagen.
Aufnäher sind mindestens so alltagstauglich wie Karo-Pants. Aber Achtung: Lieber keine Chucks dazu, sonst wirkt man schnell zurückversetzt in Schulzeiten.
Das Polohemd ist weiterhin auf dem Siegeszug und macht sich bei M Missoni in Pastell-Nuance besonders gut zum Latex-Rock.
Wir verwetten unsere Schlaghosen darauf, dass wir nicht ohne Stickereien oder Applikationen auf sämtlichen Denim-Teilen (auch Röcken) durch das Frühjahr kommen.
Ballon-Röcke waren eine ganze Weile in der Senke verschwunden, jetzt sind sie zurück und werden von unterschiedlichsten Schulter-betonenden O-Formen unterstützt. Dekonstruktivismus erfordert Mut, ist aber o-ho.
Welcome back to the 80’s. Freunde, packt eure Creolen und Strassgürtel aus und macht euch bereit für ein royales Boy George Revival (die Schuhe!)
All about the details – Alice im Wunderland-Kragen und mit Stoff überzogene Knöpfe gehören nicht in die Clowns-Kiste, sondern getragen.
Metallische Hosen-Highlights werden durch Curry-Farben geerdet. Wer mag, packt Stehkragen jetzt auch unter Blusen. Das passende Accessoire zum Stilbruch: Feder-Ohrringe.
Besticktes Wildleder und überhaupt ziemlich viele aufgenähte florale und tierische Details werden im Frühjahr über die Straßen tänzeln. Geschleifte Kniestrümpfe in Schnabelschuhen sollte man sich außerdem merken.
Workwear im Jahr 2016 – übergroße Reißverschlüsse, wie wir sie von Rei Kawakubo erbten werden durch 70’s Silhouetten und Eierschalen zum fast schon vornehmen Alltagsbegleiter.
Moderne Romantik garniert mit einer Portion Aristokratie und 80’s Referenzen sehen wir bei Temperly London.
Schlaufen und Schnüre wohin das Auge reicht und schon wieder blaublütige Details wie Tüll und verzierte Samtschuhe.
Slip-Dresses funktionieren immer und überall, im Alleingang oder mit T-Shirt darunter. Dazu: sportliche Tennis-V-Neck-Details.