Ich schaue mir die Überschrift an und frage mich, wie man ein brüllend langweiliges Thema wie Hausmüll sexy machen soll. Und interessant. Und lesbar. Das hier ist der zweite Anlauf an diesem Artikel. Der erste war 40 Kilometer lang und selbst die Verfasserin hat es am Ende nicht geschafft, den ganzen Salat voll konzentriert einmal von vorne bis hinten zu lesen. Ich empfand das als kein gutes Zeichen und starte jetzt also nochmal neu. Habe ich schon gesagt worum es eigentlich geht?
Nun, ich versuche euch heute vorsichtig das Phänomen Zero Waste näherzubringen, Selbstversuch inklusive. Zero Waste, das ist das ökologisch angehauchte Phänomen, das durch Lifestyle Blogs wandert und am Ende doch nur keinen Müll mehr produzieren bedeutet. Danke Amerika. Damit wird das Thema vielleicht nicht sexier, dafür in diesem Fall hier aber durch und durch ehrlich und mit einer Prise Humor behandelt. Abgesehen davon, sehe ich auch nicht, wie wir sonst anders hier durchkommen sollen. Also los: als ich vor ungefähr einem Jahr anfing, mich mit der „Zero Waste“-Bewegung zu beschäftigen und sukzessive meine Hausabfälle zu reduzieren, war es mehr Pflichtaufgabe als bahnbrechender Freudentaumel. Aber der immer an Intensität zulegende Selbstversuch hat sich gelohnt. Ich habe so viel über mich selbst gelernt. Zum Beispiel, wo meine ganz persönliche Schmerzgrenze verläuft – bei Roggenmehl als Shampoo-Ersatz zum Beispiel.
Versteht mich bitte nicht falsch, Zero Waste ist etwas sehr sinnvolles und bin so froh, dass sich mittlerweile auch viele Blogger und Youtuber der Sache angenommen haben. Wir haben weltweit ein großes Problem mit Müllbergen und der extrem langen Halbwertszeit umweltschädlicher Materialien – und zwar nicht nur an Land, sondern auch im Meer. Also an dieser Stelle ein großes lautes „Ja“ und viel Dankbarkeit für den Grundgedanken von Zero Waste. Immerhin ist Müll zu vermeiden und ähnlich wie eine vegane Lebensführung, grade am Anfang mit Aufwand und Umstellung verbunden. Ich bin total froh über meine Fortschritte in der Müllvermeidung, aber einfach war es deshalb ganz sicher nicht. Deshalb Hut ab für alle, die sich an der Idee versuchen und ihren Teil zu einem stetigen Umdenken beitragen.
Ich hatte es nicht geschafft, alles richtig zu machen und für jedes Stück Plastik in meinem Haus habe ich mich geschämt.
Mit meiner persönlichen Zero Waste Reise war es allerdings ähnlich wie auch schon mit fairem Handel und dem Veganismus. Ich habe mich in alle drei Themen kopfüber und in voller Konsequenz gestürzt, um wenig später enttäuscht und schmerzhaft auf dem Boden aufzukommen. Ich habe versucht, mir die Haare nur mit Wasser zu waschen, mit Roggenmehl oder auch mit Zitronensäure und dabei vor allem eins vermisst: Freude an meinen Haaren, einen angenehmen Geruch, tatsächliche Sauberkeit und wertvolle Zeitersparnis (Anmerkung: Dieses Experiment lief fast 4 Wochen, bevor ich es schlussendlich abbrach und fortan keine Motivation mehr aufbringen konnte. Viele sprechen da aus ganz anderen Erfahrungen als ich und sind glücklich mit ihrem Mehlshampoo. Es handelt sich also hier nur um meine Erfahrung). Ich habe mit unheilvollen Gedanken meine Lieblingskleidung mit Kastanienwasser in der Waschmaschine gewaschen und einfach nur gehofft, dass nichts passiert. Ist es auch nicht, aber weder gingen alle Flecken raus, noch roch die Wäsche so angenehm wie es gerne möchte und auf einen Langzeitversuch habe ich lieber verzichtet. Plastikumverpackungen beim Einkaufen von Lebensmitteln zu vermeiden war außerdem fast unmöglich – auch im Biomarkt. Und ich wurde unglücklich darüber, dass ich dem hochgehängten Anspruch nicht gerecht werden konnte.
Ich hatte es nicht geschafft, alles richtig zu machen und für jedes Stück Plastik in meinem Haus habe ich mich geschämt. Gebracht hat mir das Zero Zufriedenheit und eine gehörige Portion Ratlosigkeit.
Und dann ist mir aufgefallen: In nahezu jedem (ich hab natürlich nicht alle geguckt, aber einige) Zero Waste Video geht es nur um die Spitze des Eisbergs. Immer kam irgendwann ein Kommentar wie und hier lagere ich die Produkte, die nicht Zero Waste sind. Als wären sie unsichtbar, nur weil sie in einen anderen Schrank verbannt wurden. Und das ist wichtig zu wissen!
Aber bitte jeder in seinem Tempo
Aus einem vermeintlichen Imperativ heraus, dass man – egal wo man steht und wie viel macht – immer noch ein bisschen mehr für den Planeten tun kann und dabei eben auch auf ein paar Luxusgüter verzichten und sich zusammenreißen muss, entsteht schnell ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Und davon halte ich rein gar nichts. Es ist sauschwer, wahrscheinlich so gut wie unmöglich, diesem Anspruch gerecht zu werden. Es ist schwer, sich zu motivieren, wenn die Grundstimmung nicht gut ist und sich das, was man zu tun versucht, immer ungenügend anfühlt. Es ist elementar dem Thema gegenüber zwar offen zu sein, aber sich den Freiraum für Prioritätensetzung zu geben, sich nicht zu verurteilen und nicht so hart mit sich ins Gericht zu gehen.
Es ist wichtig, sich über dieses Thema Gedanken zu machen und auch mit einer Veränderung im eigenen Leben zur Thematik beizutragen halte ich für selbstverständlich. Aber bitte jeder in seinem Tempo, in seiner Intensität und so, dass man zwar nachhaltig seine Comfortzone verlässt, aber sich damit nicht schlecht fühlt. Und genauso habe ich es nach einer Weile auch gemacht. Ich möchte mich nicht unwohl fühlen, wenn ich etwas Gutes tue. Ich möchte stolz darauf sein und trotzdem mein Leben im Grundgedanken so führen, wie es sich richtig anfühlt. Ich hätte mir gewünscht, dass einige, die Zero Waste vor sich hertragen, ein bisschen mehr Raum für diese Zwischentöne machen würden in ihrer „Berichterstattung“. Einfach ehrlich sein und keine Fakten weglassen oder schönreden, auch wenn es schwierig ist.
Und jetzt? Wasche ich meine Haare wieder mit Shampoo, das ich aber zum Beispiel bei Lush ohne Umverpackung kaufe. Ich benutze statt Kastanienwasser doch lieber biologisch abbaubares Waschmittel, das ohne Tierversuche, dafür aber in einer Plastikverpackung kommt (die immerhin teilweise recycelt ist). Und ich gehe mit offenen Augen einkaufen: Möglichst viel bio und bevorzugt Produkte ohne Verpackung oder in Papier verpackt sowie Getränke in Glasflaschen. Damit geht es mir richtig gut und ich wünsche jedem von Herzen das Gleiche <3
Ein Artikel mit praktischen Tipps und Tricks für einen müllfreieren Allltag folgt natürlich ebenfalls!
Collagen Fotocredits: earthrespect.wordpress.com, tumblr (schoengeistig, folklifestyle), Pinterest (Assence, The Baking Bird, She’s Charming, Charming Imperfection), s-kueche.blogspot.com