Liebe Leser*innen, darf ich fragen, wie es so läuft mit der Selbstliebe? Noch nicht angefangen, mitten drin oder schon ganz oben angekommen im völligen Einklang mit dir selbst? Bei mir ist das Thema nämlich nach wie vor etwas schleppend, es hängt mir wie ein Klotz am Bein und ich finde es zeitweise mehr lästig als hilfreich. Dies ist nun bereits mein vierter Artikel (siehe hier, hier und hier) zur „Selbstliebe“ und man könnte meinen, dass ich ja schon einige Schritte weiter sein müsste. Das bin ich vielleicht auch, aber längst nicht in dem Maße, wie ich mir das so vorgestellt habe.
Selbstliebe ist ein Projekt, das eher in die Kategorie „Lifetime-Achievement“ gehört. Man kann das Ganze vielleicht mit einem 400m Lauf vergleichen, aber mit zusammengebundenen Schnürsenkeln: Ich sehe den Weg, ich weiß wie es geht, aber ich komme nur in Minischritten vorwärts. Ständig schwanke ich zwischen Selbstliebe-als-Hausaufgabe und Selbstliebe-einfach-nebenher-geschehen-lassen – beides keine guten Ideen. Das eine verursacht Stress und das anderen Stillstand. So gerne aber möchte ich meinen eigenen Weg mit euch teilen und die besten Tricks, die ich auf diesem Weg links und rechts aufsammele, an euch weitergeben. Nach Tipps für die Selbstliebe Teil 1 folgt nun Teil 2 mit weniger Fokus auf die eigene Seele, dafür mehr Pack-an an für den Alltag.
Ich glaube fest daran, dass man für jede anstrengende und herausfordernde Aufgabe Raum und Zeit schaffen muss, aber mindestens ein gutes Grundgefühl. Ich kann mich nicht, während ich zu S-Bahn trabe und der Schultergurt meines Rucksacks immer wieder von meiner Schulter meinen Arm herunterrutscht, auch noch fragen, was ich mir heute eigentlich gutes tun möchte. Deshalb gibt es von mir an diesem wunderbaren Sonntag eine Mischung aus Muße und Raum für Gedanken und Ruhe – als Anstoß, sich mehr mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen.
Wunschlisten schreiben
Nun, es muss sich hier nicht um eine bestimmte Liste handeln. Auf ihr können sowohl materielle Wünsche für die Zukunft als auch seelische Wünsche und Träume vermerkt werden. Ich bin eher der Typ „einfach nur fein säuberlich untereinander aufschreiben“. Sobald bei so einer emotionalen Sache zu viel Kreativität ins Spiel kommt, werde ich persönlich ungeduldig und verbanne das Meisterwerk auch gerne mal mit sofortiger Wirkung in den Mülleimer. Aber natürlich gibt es hier keine Regeln: Es darf geschrieben, geklebt, geglitzert, gemalt, gerissen und geweint werden, alles ist erlaubt, nichts davon muss jemals jemand sehen.
Progressive Muskelentspannung
Hierbei handelt es sich um etwas sehr, sehr uncooles. Etwas, das Krankenkassen empfehlen und auch Ärzte, in deren Praxis beiger Teppich liegt. „Bitte entspannen Sie sich 54 Minuten und spannen Sie abwechselnd einzelne Gliedmaßen an, um sie wenig später wieder zu entspannen.“ Selbstverständlich gibt es das Ganze auf CD. Auf CD, hör doch auf! Ich besitze absolut gar nichts mehr, in das ich eine CD reinschieben kann! Zu den monoton vorgetragenen Übungsanweisungen läuft der Soundtrack von Eat Pray im Eso-Remix und vermutlich findet man auch irgendwo den Tipp, dass man ruhig ab und zu ein Räucherstäbchen anzünden kann. Wisst ihr, was das Schlimmste daran ist? Ringt man sich einmal dazu durch, ist es das bis dato hilfreichste, was ich jemals gegen innere Anspannung und Stress angewendet habe. Nun liege ich also ab und zu morgens in meinem Bett und spanne zum Beispiel abwechselnd meinen linken und dann meinen rechten Fuß an. Was soll ich sagen, wenn’s hilft…
Jeden Tag ein Kapitel lesen
Auf meinem Nachttisch stapeln sich Bücher. Welche, die ich bereits gelesen habe und nochmal lesen möchte und andere, die ich unbedingt lesen will, es aber einfach nicht tue. Dieses verflixte Netflix ist Schuld daran. Es ist eben die einfachere Entscheidung, sich aufs Sofa fallen zu lassen und anderen die Verantwortung der Abendgestaltung zu übergeben. Knappe 1,5 Beduselung gehen da pro Tag drauf und auf Dauer ist mir das einfach viel zu viel. Ich träume davon, abends geduscht, mit Tee und Stricksocken in meinem Bett zu sitzen und ein Kapitel in einem tollen Buch zu lesen. Und ich weiß, dass ich es schaffen werde, das, was jetzt noch eine Ausnahme ist, zu einer festen Gewohnheit zu machen. Denn – und das meine ich ganz ehrlich – kein Film und keine Serie hat mich jemals so berühren können wie es manche Bücher getan haben.
Keine spontanen Entscheidungen
Ich habe mir angewöhnt, vor jeder Entscheidung die ich fällen soll und vor jeder Antwort, die mir abgefordert wird, kurz inne zu halten. Füllwörter und -sätze wie „Moment“ oder „da muss ich mal kurz drüber nachdenken“ kommen mittlerweile wie ein Reflex aus mir heraus, wenn mein Gegenüber mit großen Augen vor mir steht und mit Druck versucht, eine schnelle Antwort aus mir herauszuquetschen. Ich bin jemand, der zuallererst immer das entscheiden möchte, was die anderen sich wünschen, was für die anderen besser wäre und wovon ich denke, dass diese anderen es sich von mir wünschen. Indem ich diesen Alleingang meines Unterbewusstseins kurz unterbreche, gelingt es mir, mich kurz zu ordnen und nachzudenken, was ich eigentlich möchte. Das klappt leider nicht immer, aber viel häufiger, als wenn ich alles der Gewohnheit überlasse.