Sascha Camilli ist eine dieser Superwomen, bei denen man gar nicht richtig weiß, welchen ihrer vielen interessanten Tätigkeitsbereiche man zuerst erwähnen soll. Vielleicht wäre es eine gute Einleitung, damit anzufangen, dass Sascha vier Sprachen spricht, Gründerin des erfolgreichen Blog-a-zines Vilda ist und dass sie die Europäische Pressestelle von PETA UK leitet.
Als internationale Modejournalistin und Aktivistin schaut Sascha nicht einfach weg, sondern hat ,neben einer Vollzeitstelle, einen Blog über vegane und faire Mode und Beauty ins Leben zu gerufen. Nach Heldinnen wie Leanne Mai-Ly Hilgart, Jenny Mustard und Hilal Sezgin wurde es nun unbedingt Zeit, euch Sascha endlich vorzustellen.
Hi Sascha, wie geht’s?
Hi! Alles gut, danke. Ich sitze hier in einem Cafe in Brighton mit einem Soja-Cappuccino und betrachte den Sonnenuntergang.
Was ist das Beste, das dir in den letzten Wochen passiert ist?
Der ersten Post unserer neuen Kategorie StyleForAll ist bei Vilda online gegangen. StyleForAll ist eine Fashion Serie über inclusive Fashion, bei der sieben vegane Frauen von unterschiedlichem Alter, Körperformen und Hautfarben über crueltyfree Fashion sprechen. Das Ergebnis zu sehen war einfach überwältigend. Außerdem habe ich ein Veggie Fine Dining Event im Terre à Terre in meiner neuen Heimatstadt Brighton besucht – von dem Dessertteller träume ich heute noch.
Was genau sind deine Aufgaben bei PETA UK?
Ich leite die Europäische Pressestelle. Das bedeutet, ich versuche für PETA die maximale Präsenz in den Medien herauszuholen, streue unsere Kampagnen und unsere Philosophie überall, europaweit. Das kann vieles beinhalten: Pressemitteilungen schreiben und versenden, mit Journalisten sprechen, unsere Datenbank von freiwilligen Übersetzern pflegen oder aber auch, Ideen für neue Kampagnen oder Recherche-Projekte wie „welches EU-Fashion-Magazin featured noch Echtpelz?“
Die Arbeit bei PETA bedeutet sicherlich auch, mit allerlei grausamen Videoaufnahmen konfrontiert zu werden. Ich stelle mir vor, dass man jeden Tag auf der Arbeit aufgezeigt bekommt, wie lang der Weg wahrscheinlich noch ist. Wie gehst du mit so viel Negativität um?
Als ich vor zwei Jahren bei PETA angefangen habe, war ich genau deshalb echt besorgt. Solche Videos und Bilder machen mich krank! Aber ich war einfach an einem Punkt angekommen, an dem ich das Gefühl hatte, zu wenig gegen diese Tierquälerei zu machen. Und gerade das konnte ich nicht mehr aushalten. Ich muss mich einfach einbringen, auch wenn es manchmal schwer auszuhalten ist. Aber wenn es mir ein bisschen viel wird, dann denke ich an unsere Undercover-Leute. Die filmen alle diese Aufnahmen schließlich und riskieren auch noch ständig ihre eigene Unversehrtheit. Monatelang. Das sind meine Helden!
Du bist viel umgezogen, hast in einer Vielzahl verschiedener Länder gelebt. Du hast mal geschrieben, dass du dich deswegen anders fühlst als Menschen, die bereit sind, sich niederzulassen, Kinder zu bekommen und ein „normales Leben zu führen. Hast du manchmal Sorge, den richtigen Moment für den „Absprung“ zu verpassen?
Nicht wirklich. Manchmal sagt jemand „aber du wirst deine Meinung irgendwann ändern“. Und ja, vielleicht werde ich das. In dem Fall mache ich einfach das, was sich in dem Moment richtig anfühlt. Aber ich lebe mein Leben nicht anders, weil ich irgendwann in der Zukunft vielleicht mal anders fühlen könnte. Alles kann passieren, ich könnte morgen im Lotto gewinnen oder unter einen Bus geraten. Bis ich mich also anders entscheide, bleibt einfach alles so, wie es ist. Und um ganz ehrlich zu sein: Ich glaube nicht, dass sich meine Meinung ändert. Ich glaube, dass ich halt so ticke. Aber sag niemals nie.
Wann hast du Vilda gegründet und warum?
Vilda war einfach eine Lücke im Markt. Als ich 2012 Veganerin wurde, habe ich mich im Web nach Inspiration umgesehen. Rezepte und Ernährungstipps gab es ohne Ende. Auch ein paar Blogs mit Beauty-Content waren dabei. Aber es gab einfach nichts für Menschen, die keine Tierhaut mehr tragen wollen. Also habe ich mich entschlossen, selbst eine digitale Inspirationsquelle für diesen Bereich auf die Beine zu stellen. Ich habe meinen Business Plan an die Marie Claire UK geschickt. Die hatten so eine Serie, „Inspire & Mentor“, wo Entrepreneure mit Mentoren aus ihrem Geschäftsfeld zusammengebracht worden – und hatte Glück. Im November 2013 wurde Vilda geboren.
Bist du ein politischer Mensch? Oder anders gefragt, ist Vilda ein politisches Medium?
Ich glaube, dass Mode ein großes politisches Potential hat. Immerhin spiegelt sie den Zeitgeist wider. Wir haben kürzlich über Aktivismus während der Fashion Week berichtet. Ich würde sagen, dass Mode aktuell sehr eng am politischen Geschehen dran ist. Vilda macht sich außerdem stark für Inklusivität und Diversität, wie unsere neue StyleForAll Serie zeigt. Mein Ziel ist eine gute Mischung aus leichtem Entertainment und News, die mehr in die Tiefe gehen, wenn man sich nur unsere Beauty Sektion ansieht, dann findet man Artikel wie „Die Produkte die deine Dusche zum Rückzugsort machen“ neben „Wie Haut aus der Petrischale Tierversuche überflüssig machen könnte“. Unsere Leser sind nicht eindimensional, sie haben viele Facetten und sind sowohl an den schönen Dingen des Lebens, aber auch an ernsten Themen interessiert.
Was magst du an dir selbst am liebsten?
Ich glaube nicht an das Wort „unmöglich“. Wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann konzentriere ich mich darauf und arbeite, bis es passiert. Manchmal passiert es anders, als ich dachte oder nicht in dem Zeitrahmen, den ich dafür gesetzt habe. Oder es wird nicht so groß, wie ich dachte. Aber es passiert!
Glaubst du, dass es dich zu einem besseren Menschen macht, weil sich sowohl dein Privat- als auch dein Berufsleben um die Rettung von Tieren und die Minimierung von Grausamkeit dreht?
Ich finde es lustig, dass Veganer diese Frage mehr gestellt bekommen als sonst irgendjemand. Meine Schwester ist Krankenschwester und Veganerin, aber zu ihr sagt nie jemand „Oh, du bist Krankenschwester, du glaubst auch, du bist besser als andere, weil du Leben rettest und so“. Ich hoffe, dass wir alle dem Pfad folgen, von dem wir glauben, dass er der Richtige für uns ist. Und ich glaube definitiv, dass ich jetzt ein besserer Mensch bin als vorher. Was andere angeht, lebe ich nach dem Grundsatz „Leben und leben lassen“. Meine besten Freunde sind keine Veganer oder Aktivisten und wir können trotzdem glücklich nebeneinander vor uns hin existieren. Wir haben alle unsere Schwächen, wenn es darum geht, die richtigen Entscheidungen zu treffen und selbstlos zu sein. Ich reise zum Beispiel gerne und wir wissen alle, wie schlecht fliegen für die Umwelt ist. Nobody is perfect.
Deine liebsten veganen und nachhaltigen Fashion Brands?
Ich liebe Freedom of Animals wegen ihrer cleanen, minimalistischen Ästhetik und weil der Designer Morgan Bogle ein Hunde-Aktivist ist. Er kümmert sich vor allem um Pitbulls. ByBlanch hat so tragbare und vielseitige Designs. Bead & Reel haben ein so umfassendes Ethik-Verständnis, das liebe ich. Die Gründerin, Sica Schmitz, ist der Fashion Editor bei Vilda und mit ihr zu arbeiten, ist einfach inspirierend. Sie ist eine Naturgewalt und das, was sie da geschaffen hat, ist einfach fantastisch.
Was möchtest du der Welt gern sagen?
Dass es so etwas wie „humanes Fleisch / Eier / Milchprodukte“ oder „ethische/r/s Pelz / Leder / Wolle“ nicht gibt. Es gibt keine „sanfte“ Art, diese Dinge herzustellen. Und, dass jeder Schritt zählt. Anstatt zu denken „Ich esse noch Fleisch, also kann ich auch Pelz tragen“, lass doch den Pelz schonmal weg. Das ist keine Heuchelei. Man nennt es „Wenigstens irgendwas machen“. Keiner kann alles machen, aber jeder kann etwas machen.
Mehr von Sascha gibt’s hier:
Credits: tumblr (myvibemylife), myforum.com, imgfav.com