Der Fall Kristina Hänel – warum wir über Schwangerschaftsabbrüche reden müssen

Über meinen eigenen Schwangerschaftsabbruch vor etwa zwei Monaten habe ich neulich in diesem Podcast gesprochen. Nicht, weil ich öffentlich leiden wollte, sondern weil ich mir mehr Öffentlichkeit für ein Thema wünsche, das bis heute als Tabu gilt. Weil ich während dieser schwierigsten Phase meines bisherigen Lebens feststellen musste, dass ich mich trotz etlicher Pro Choice Kampagnen allein gefühlt habe. Dass zu wenig über diese vermeintliche Freiheit, über den eigenen Körper und das eigene Leben bestimmen zu können, gesprochen und informiert wird. Dass das Bemalen von bunten Plakaten als Zeichen des Einstehens für die Möglichkeit jener Selbstbestimmung nicht ausreicht, um die vor allem psychische Komplexität eines solchen Eingriffes aufzuzeigen, dass die seelischen Aspekte zumeist in den Schatten akademischer Abhandlungen, beziehungsweise gesetzlicher Forderungen rücken. Ich hatte, bevor ich trotz festsitzender Kupferspirale schwanger wurde, schon häufig über Abtreibungen debattiert, meist bei Rotwein und irgendwie nebenbei. Der Tenor war jedes Mal sehr ähnlich, modern und dennoch gefühlsbetont. Jede meiner Freundinnen war wie selbstverständlich davon überzeugt, Schwangerschaftsabbrüche müssten ein Menschenrecht sein. Niemand war dagegen. Bloß konnten sich viele nicht vorstellen, je selbst eine solche Entscheidung zu treffen. Ich auch nicht. Und dann habe ich es doch getan, aus vielerlei Gründen, die an dieser Stelle egal sein müssen, weil ich es als mein Recht betrachte, über meinen Körper und meinen Bauch bestimmen zu dürfen.

 

 

 

[typedjs]Bis zu jenem Tag, an dem ich mir einen salzigen Ayran statt Kakao zum Frühstück bestellte, um mich kurz darauf ins Gebüsch zu erbrechen. [/typedjs]

Trotzdem kann ich nicht behaupten, glücklich mit dem zu sein, was geschehen ist. Mir fehlte Bedenkzeit, denn ich wollte, dass es schnell ginge, würde ich mich gegen das werdende Kind entscheiden. Ich wollte das Herz nicht schlagen und keine winzigen Hände greifen sehen. Alle Rationalität half nicht. Trotz der menschenunähnlichen Bohnenform füllten sich meine Augen mit Tränen, wann immer mir jemand Mut machen wollte und zaghaft den Begriff „Zellhaufen“ wählte. Für mich war es schon mit dem positiven Schwangerschaftstest viel mehr als das. Und ich glaube, hier kommen wir zur großen Diskrepanz zwischen medialer Aufklärung und realem Empfinden. Schwangerschaftsabbrüche stellten für mich stets einen medizinischen Anker dar, der bis zur 12. Woche selbstredend von jeder Frau in jeder denkbaren Lage genutzt werden dürfen sollte. Deshalb ging ich schon früh auf die Straße und schrie im Chor mit vielen anderen „My Body, my choice!“. Ich hatte die Eventualität, dass ich mich irgendwann selbst in einer solchen Lage wiederfinden würde, nur niemals zu Ende gedacht. Das Lautwerden war für mich stets eine Solidaritätsbekundung mit anderen, mit Fremden gewesen, die vermeintlich wenig mit mir persönlich zu tun hatte. Bis zu jenem Tag, an dem ich mir einen salzigen Ayran statt Kakao zum Frühstück bestellte, um ihn kurz darauf ins Gebüsch zu erbrechen. Magendarm, dachte ich. Eineinhalb Wochen später war die Übelkeit noch immer da, der Hosenknopf ließ sich nicht mehr schließen, meine Brüste schmerzten, der Bauch sah schon am Morgen aus als hätte ich ein üppiges Festmahl verdrückt. Meine Periode blieb aus. Die 6. Schwangerschaftswoche.

Was dann folgte, war eine Art Trancezustand. Ich trank und rauchte nicht mehr, weil ich weder vor noch zurück wusste. Ich wusste im Grunde gar nichts mehr, außer, dass ich mich mit dem Einsetzen der Spirale bereits gegen ein zweites Kind oder zumindest gegen den jetzigen Zeitpunkt entschieden hatte. Ich wollte nicht schwanger sein, weil die Angst vor allem, was kommen würde, mich lähmte. Aber ich war es. Und zwar mit jedem Gefühl und jedem Gedanken meiner Existenz. Das war es, was mir zuvor niemand recht erzählten mochte, was mich wie eine Abrissbirne aus dem Alltag warf und mir jede Stärke nahm. Dass die Dimensionen eines Schwangerschaftsabbruches jede rein medizinische Ebene überschreiten, dass Hormone zuverlässig dafür sorgen können, dich selbst im Angesicht eines schwarzweißen Fleckes auf dem Ultraschallbild schützend die Hände auf den Bauch legen zu lassen, wie eine Löwenmutter, die sich selbst egal wird, solange das Junge in Sicherheit ist. Die Gewissheit, so etwas Kleines nicht beschützt zu haben, ihm die Möglichkeit genommen zu haben, mit seinem großen Bruder am Frühstückstisch zu sitzen oder die Welt zu bereisen, wird mich womöglich nie wieder loslassen. Für den Schmerz, den ich seither zu tragen habe, kann ich niemand anderen als mich selbst in die Verantwortung ziehen und vielleicht ist es genau das, was hin und wieder zu einem heilsamen Gedanken wird. Freiheit funktioniert nunmal nicht ohne Eigenverantwortlichkeit. Aber jede Entscheidung gegen etwas ist auch stets eine Entscheidung für etwas (anderes). Ich muss also nicht glücklich sein, aber möchte dankbar bleiben. Dafür, dass ich die Wahl hatte, weil ich weiß, dass es für mich und meine Familie in jenem Moment zwar nicht das Richtige, aber das vielleicht einzig Mögliche war. Ob ich diesen Schritt bereue, werde ich oft gefragt. Nein, sage ich dann meist als hätte man einen Knopf gedrückt. Aber das stimmt nicht. Jeder Tag ist anders. Manchmal mache ich schlechte Witze, weil Humor, und sei er noch so düster, mir wie nichts anderes hilft. Ich atme sogar hin und wieder erleichtert auf, weil ich angesichts all der Windelgrößen im Supermarkt daran erinnert werde, warum ich mich noch nicht bereit gefühlt habe. Es gibt diese Momente, in denen ich Pipi in den Augen habe, weil es sich zu Dritt so wundervoll anfühlt. Und dann wieder heule ich so laut wie das Feuerwehrauto meines 3-Jährigen Sohnes, weil der Postbote wieder Prospekt über reduzierte Babysöckchen durch den Briefschlitz geschoben hat.

 

[typedjs]Müssen wir also anders über Schwangerschaftsabbrüche reden?[/typedjs]

Ich denke schon. Und zwar ehrlicher, offener, emotionaler, aber vor allem viel häufiger. Betroffenen Frauen nützen all die Plakate und Märsche emotional meines Erachtens wenig, aber dennoch ein bisschen. Damit das Mörderinnen-Stigmata, das uns von Gegner*innen immer wieder aufgedrückt wird, endlich verschwindet. Das habe ich vor allem beim Durchforsten diverser Foren gemerkt, in welchen nach Rat Suchende oft mit Müttern konfrontiert werden, die ein solches Handeln fassungslos zurück lässt. Gegenseitige Akzeptanz und das Auslassen unerschütterlicher Extreme wäre ein erster Schritt, wo persönliche Beweggründe doch unergründlich sind und der Kern dieser langjährigen Debatte trotz allen Fortschritts bestehen bleibt. Was wiegt schwerer: Der Schutz des ungeborenen Lebens – oder das Recht der Mutter, über ihren Körper selbst zu bestimmen? Schwarzweißdenken kann offenbar keine Lösung sein. Auch ich begreife das Dilemma, aber habe für mich eine klare Antwort gefunden:

Der weibliche Körper kann nicht dem Gesetzgeber gehören. Abtreibung muss, so grausam und schwer der Beschluss sein kann, ein Frauenrecht sein. Alles andere käme einer Entmündigung gleich. Und führt seit jeher zu nichts als Unheil.

Überall auf der Welt wird abgetrieben, ob legal oder illegal, aus unterschiedlichsten Gründen, die in schwerwiegenden Fällen Behinderung oder Vergewaltigung heißen können. Nicht wenige Frauen erliegen bis heute ihren verzweifelten Versuchen, das eigene Leben zu schützen, indem sie ohne ärztliche Aufsicht abtreiben oder gar dazu gezwungen werden. Die Länder Chile, die Dominikanische Republik, El Salvador, Nicaragua, Malta und der Heilige Stuhl verbieten einen Schwangerschaftsabbruch unter allen Umständen. Polen erlaubt eine Abtreibung nur im Fall einer Vergewaltigung, einer eugenischen oder einer medizinischen Indikation. In Deutschland, denken viele, hätten wir die restriktiven gesetzlichen Überbleibsel der Nazizeit längst beseitigt. Auch sollte man meinen, dass die Kämpfe der 68er Bewegung für Selbstbestimmung und die Gleichstellung von Mann und Frau längst Früchte getragen hätten. Und das stimmt auch. Wir dürfen im Grunde genommen ja abtreiben. Das bestehende Gesetz dazu macht mich dennoch konstant wütend. Es wird nämlich benutzt. Von der AfD zum Beispiel. Für irrsinnige Kommentare, die ihr euch vielleicht vorstellen könnt. Man denke bloß kurz an die Wahlplakate, auf denen vor wenigen Monaten noch Schwangere prangten. Das ist es aber nicht nur. Es geht auch um die persönliche Ebene.

Denn so verrückt wie die Hormone nach der Befruchtung eines Eis spielen, so irre dreht sich zuweilen auch der Kopf im Kreis, wenn man etwa den allerersten Absatz des § 218 StGB zu Schwangerschaftsabbrüchen liest, während man selbst schwanger ist: 

  1. Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (…)

Daraufhin folgen unter § 218a, der die Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs festlegt, selbstverständlich Ausnahmeregelungen. So etwa:

  1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
  2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
  3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

Dennoch bedeutet das: Abtreibungen sind in Deutschland weiterhin rechtswidrig, bleiben aber unter gewissen Voraussetzungen straffrei. Ob eine Reform des Gesetzes, vielleicht im umgekehrten Sinne („Abtreibungen sind erlaubt, außer wenn…“) sinnvoll wäre, halte ich für einen durchaus wichtigen Diskurs, und sei es nur, um ein weiteres Zeichen zu setzen. Damit sich das Denken verstärkt öffnen und das Tabu endlich gebrochen werden kann. An dieser Stelle schlittern wir dann auch schon geradewegs in mein nächsten Anliegen. Den Fall der Ärztin Kristina Hänel.

Hat man sich nämlich dazu entschieden, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, folgt ein mehr oder weniger langwieriger Prozess. Entgegen vieler Vorurteile ist es schier unmöglich, gleich einen Termin für den Abbruch zu bekommen. Natürlich vor allem, um Fremdeinwirken und unbedachte Akffektentscheidungen auszuschließen. Normalerweise steht also zunächst ein Gespräch bei der eigenen Frauenärztin oder dem -Arzt an. Es folgt aber zusätzlich ein externes Beratungsgespräch, etwa bei ProFamilia, um grob gesagt eine Bescheinigung darüber zu erhalten, dass man eigenmächtig entschieden hat und außerdem in der Lage dazu ist, das Kommende zu bewältigen. Nach dem Erhalt der Bescheinigung darf schließlich ein Termin zum Vorgespräch in einer entsprechenden Klinik bzw. in einer medizinischen Praxis, die besagte Leitung anbietet, gemacht werden. So war das jedenfalls bei mir. Hat man dann etwa 40 Seiten Aufklärung durchgelesen und unterschrieben, zu medizinischen wie psychischen und gesundheitlichen Faktoren, folgt der eigentliche Termin zum Abbruch, der frühestens drei Tage nach dem Erhalt der zuvor angesprochenen Bescheinigung stattfinden darf. Was hier meines Erachtens ganz deutlich wird, ist die dringende Notwendigkeit von Informationsfreiheit. Keine Frau kann schließlich wissen, welche Klinik oder Praxis die richtige für einen solchen Eingriff ist. Wir müssen also entweder privaten Ratschlägen vertrauen oder recherchieren. Zum Beispiel darüber, welche Praxen Schwangerschaftsabbrüche überhaupt anbieten. Und hier kommt Hänel nun wirklich ins Spiel. 

Noch einmal zur Erinnerung: Schwangerschaftsabbrüche sind faktisch rechtswidrig – gefundenes Fressen also, um Ärzt*innen und Schwangere weiterhin unter Druck zu setzen.

Hinzu kommt nämlich Paragraf 219a des Strafgesetzbuches (StGB), der die „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“ seit den Zeiten des Nationalsozialismus verbietet. Jetzt könnte man natürlich meinen, diese Regelung sei dennoch logisch. Aber was bedeutet „werben“? Im Fall Hänel nicht mehr und nicht weniger als „informieren“. Auf ihrer Website findet sich unter dem Punkt „Frauengesundheit“ sämtlicher aufgelisteter Dienstleistungen nunmal auch der Begriff „Schwangerschaftsabbruch“. Wegen dieses Begriffes muss sie sich am Freitag vor Gericht verteidigen, Grund dafür ist eine Anzeige der radikalen Initiative Nie wieder. eV, die Hänel bereits drei Mal vor den Richter zerren wollte. Diesmal wurden die Ermittlungen allerdings nicht, wie zu Beginn angenommen, eingestellt. Denn schon die Auflistung der Leistung gilt als Delikt. Ganz einfach, weil am Ende Geld mit ebenjener Leistung verdient wird. Kann das richtig sein? Wohl kaum. Zur dazugehörigen Petition, die bereits mehr als 70.000 Menschen unterschrieben haben, und einem offenen Brief der Ärztin geht es hier entlang – denn Unterstützung ist jetzt dringend nötig. Auch, weil es höchste Zeit wird, die medizinische Dienstleistung „Schwangerschaftsabbruch“ für Frauen zu entkriminalisieren. Hänel steht in diesem Verfahren, wenn man so will, nämlich nicht nur für sich allein, sondern ganz klar stellvertretend für sämtliche Ärzt*innen, die permanent unter Strafandrohung arbeiten und sich mit Schikanen sogenannter „Pro Life“ Aktivist*innen herumschlagen müssen. Der Fall betrifft uns alle. Er betrifft Frauenrechte, das Recht auf Informationen und Gesundheit. Und ich finde, deshalb dürfen wir gerade jetzt nicht wegschauen.

Schlussendlich ist vermutlich niemand wirklich für Abtreibungen, am wenigsten die Betroffenen selbst. Aber sollte nicht jede*r von uns lauthals dafür sein, dass sämtlichen Frauen dieser Welt ein vernünftiger, informativer, transparenter und sicherer Zugang zu medizinischer Betreuung gewährleistet wird? Ja. Ein „nein“ lasse ich im Jahr 2017 schlichtweg nicht mehr gelten.

 

 

36 Kommentare

  1. Lilly

    Danke für den Text und deine berührende Ehrlichkeit,meine Hochachtung. Ich finde es auch super schade, bis zu deinem Bild gestern bei Instagram hatte ich noch nicht von dem Fall gehört und dabei ist es so wichtig!

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  2. Kim

    Als ich Deinen Text gelesen hab, dachte ich „wie mutig von Dir“. Und dann: scheiße, ist das nicht genau das Problem?

    Es ist ein Problem, dass Abtreibung abstrakt, nebulös von vielen als irgendwie „ok“ angesehen wird und dann aber fast immer der Nachsatz oder der Disclaimer kommt „auch wenn ich mir das für mich nicht vorstellen könnte“.
    Es ist ein Problem, dass immer weniger Assistenzärzte sich in ihrer Ausbildung dazu bereit erklären, überhaupt zu lernen, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird.
    Es ist ein Problem, dass es immer weniger Orte gibt, an denen Abtreibungen durchgeführt werden.
    Es ist ein Problem, dass Frauen immer länger warten und weiter fahren müssen, um einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen.

    Als ich im September bei dem djb-Kongress zu Reproduktiven Rechten war, wurde uns die Klage und der Fall Händel vorgestellt und engagierte Gynäkologinnen haben uns berichtet, dass sie sich Sorgen machen. Dass es einen Rollback gibt, der uns zurück und die 70er Jahre katapultiert.

    Lange war ich nicht mehr so erschüttert und innerlich so angegriffen. Dabei habe ich noch nie selbst von meinem Recht Gebrauch machen müssen, aber allein das Gefühl, dass jemand daran rütteln, es infrage stellen könnte, hat mich zutiefst verunsichert und mir gezeigt, wie elementar es für meine Freiheit ist.

    Nichts ist selbstverständlich.

    Danke für deine Unterstützung Nike!

    Unterzeichnet die Petition, seid laut!

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    1. Jana

      Liebe Kim,
      eine Frage zu deinem Beitrag: woher kommt die Info, „dass immer weniger Assistenzärzte sich in ihrer Ausbildung dazu bereit erklären, überhaupt zu lernen, wie ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wird“ bzw. wie genau meinst du das? Ich bin kein Mediziner und kenne mich daher in der Medizinerausbildung nur beschränkt aus, also korrigiere mich bitte, wenn du da mehr Ahnung hast, ich frage aus reiner Neugier, nicht, weil ich dir nicht glauben würde. Bisher war ich auf dem Informationsstand, dass bei einem gewollten Schwangerschaftsabbruch der gleiche Eingriff durchgeführt wird, der auch bei Fehlgeburten oft nötig ist, nämlich eine Absaugung/Ausschabung/Kürettage. Und da das ja bei vielen Fehlgeburten ein gesundheitlich notwendiger Eingriff ist, ist mir nicht klar, wie es Gyn-Assistenzärzten möglich ist, sich dem Lernen dessen zu verweigern? Oder meinstest du eher, das „drumherum“ lernen sie nicht, also welche Beratungen etc. zuvor notwenig sind? Danke, wenn du das aufklären kannst!
      Jana

      Antworten
      1. Kim

        Liebe Jana,
        das wurde auf dem Panel berichtet, u.a. von Christiane Tennhardt, Fachärztin für Frauenheilkunde uns Geburtshilfe. Der Schwangerschaftsabbruch wird nicht als Heilbehandlung angesehen, weshalb man aus Gewissensgründen nicht nur die Durchführung, sondern auch das Erlernen verweigern könne, was immer häufiger der Fall sei. Ich selbst bin keine Medizinerin, sondern Juristin, kann dir deshalb nicht genau sagen, wo der Unterschied zu dem Abbruch bei einer Fehlgeburt medizinisch liegt. Vielleicht geht es auch nur um die Beratungsleistung (also die Leistung „drumherum“). Entscheidend ist – so war die Forderung auf dem Panel – dass der Eingriff als Heilbehandlung qualifiziert wird.
        Nach Aussage von den Teilnehmerinnen hätten sie auch immer öfter Probleme, im Krankenhaus einen Arzt zu finden, der das übernehme bzw. man müsse erstmal sehen, ob einer Schicht habe, der das mache. Die Termin/Verfügbarkeitsproblematik wurde auch von den anwesenden Vertretern der Beratungsstellen (Pro Familie u.a.) berichtet.

        Ich hoffe, das beantwortet deine Frage.

        Liebe Grüße

        Antworten
  3. Lisa

    Liebe Nike, danke für deine ehrlichen und so wichtigen Worte.
    Ich bin zwar selbst nicht von diesem Schwachsinnsparagraphen (in Österreich ist die Gesetzeslage völlig anders) betroffen, dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, habe auch ich die Petition unterschrieben.

    Antworten
  4. Marie

    Danke Nike, ich kann mich den anderen nur anschließen! Wichtiger Text und ein noch viel wichtigeres Thema.
    Hab die Petition heute morgen unterschrieben und hoffe es werden noch viel mehr.
    Alles Liebe,
    Marie

    Antworten
  5. Carla

    Liebe Nike,
    Selten habe ich nach dem lesen eines Artikels so laut “ja, genau der Meinung bin ich auch!” rufen wollen!
    Danke für das niederschreiben von Gedanken und Fakten die mich auch ab und an, aber wie von dir beschrieben meist eher “nebenbei” umtreiben- weil ich noch nicht in der Situation war, es aber als unabdinglich ansehe, dass eine Frau ganz alleine über das was da in IHREM Körper wächst und die Zukunft dieses Zellgaufens entscheiden darf/muss.

    Ganz liebe Grüße
    Carla

    Antworten
  6. Celine

    Ich kommentiere eigentlich nie. Aber hier muss ich es tun. Weil du so mutig bist. So viel stärke zeigst indem du dieses riesige Tabu brichst. Ich hatte einen Abbruch vor 7 Jahren. Ich war 17. Und ich hab erst Jahre später mit jemanden darüber gesprochen. Einfach weil ich so eine Angst hatte verurteilt zu werden. Doch wir müssen über solche Sachen reden. Nicht, damit sie plötzlich „ok“ werden, sondern dass man weiß, dass man nicht alleine ist. Und kein Unmensch. Vielen Dank dafür <3

    Antworten
  7. Anna

    Danke, Nike!
    Zum aller ersten Mal lese ich eine Abhandlung über Abtreibung, der ich voll und ganz zustimmen kann. Sonst wird einfach viel zu einseitig gesagt:“ es ist Dein Recht.“
    Aber was eine Schwangerschaft mit einer Frau macht, was diese schwankenden Gefühle mit einem machen, was die Angst, dieses ganze „Hätte, Wäre, Könnte“.. Darüber redet niemand. Es ist so: die Frauen sind allein! Wie wichtig wäre z.b. auch eine Hebamme in der Zeit. Paradox? Nein! Wir gehen mit den Frauen( engl.“mid-wife“). Es ist unser Fachgebiet. Und ja, auch dann, wenn die Schwangerschaft wieder aufhört. Wäre doch schön, wenn man seine Hebamme zum Reden, zum Beratschlagen, zum Ausheulen hätte, oder? Wir kennen Gynäkologen, Kliniken, Beratungsstellen, Methoden. Und wir sind hinterher auch noch da.
    Und, ja, ich bin für Abtreibung. Ein Frauenrecht,ganz klar! Aber alles in Würde für beide Leben. Das geht nämlich auch.
    Alles Liebe für Dich!

    Antworten
  8. Isabel

    Liebe Nike,
    danke für diesen guten Text.
    Wenn ich könnte, würde ich die Petition sofort unterschreiben.
    Bei uns in der Schweiz ist die Abtreibung bis zur 12. Woche zwar legal, aber auch enorm schwierig. Ich kann davon ein Lied singen. Ich wurde leider mit 23 schwanger von einem, den ich liebte – er mich aber nicht. Ich war auch sonst psychisch sehr labil und es war von der ersten Sekunde an klar, dass ich auf keinen Fall in der Lage gewesen wäre Mutter zu werden. Als ich im Spital das Gespräch mit einer mir unbekannten Ärztin gehabt habe, fing der grosse Horror erst richtig an: Sie versuchte mich mehr als deutlich davon abzuhalten. Im Sinne von: Es gäbe doch keinen wirklichen Grund, ich kenne den Vater und – daran kann ich mich noch Wort für Wort erinnern – „ein paar Zimmer weiter versuchen Paare krampfhaft ein Kind zu bekommen“. Danach bin ich zusammengebrochen, habe nur noch geweint und ich sah die Genugtuung in ihren Augen (mir kommen gleich wieder die Tränen…). Dann mit dem Unterton von wegen „ah ich wusste doch, Sie sind sich nicht sicher“ schickte Sie mich wieder nach Hause.
    Das war aber nicht Unsicherheit, was sich in meinen Tränen konzentrierte, sondern zentnerschwere SCHULDGEFÜHLE. Ich erhielt einen neuen Termin ein paar Tage später. Es ging mir hundsmiserabel, ich hatte das erste Mal in meinem Leben Selbstmordgedanken. Beim 2. Gespräch hatte ich eine andere Ärztin und sie hat ganz professionell reagiert und der Eingriff wurde in die Wege geleitet.
    Ich habe diese Entscheidung vor 8 Jahren keine Sekunde bereut. 100% bin ich der Überzeugung, dass mein Kopf, mein Herz und meine Seele nicht bereit gewesen wären für diese anspruchsvolle Aufgabe und noch von anderen Dingen heilen musste. Ich hätte das meinem Kind nie zumuten können und wollen. Und falls ich nun unfruchtbar wäre – das hat Sie mir auch noch an den Kopf geworfen, dass das bei einem kleinen Prozentsatz der Frauen eintreffen kann, die per Eingriff abgetrieben haben – dann könnte ich damit leben. Als Preis den ich dafür gezahlt habe, dass ich mit der Verhütung nicht aufgepasst habe. Uff, es tat gut das loszuwerden. Heute würde ich gegen diese Frau vorgehen, aber damals konnte ich es nicht. Jetzt muss ich wirklich weinen…

    Antworten
    1. aurelie

      Was du beschreibst ist mindestens 3 meiner Freundinnen/Bekannten auch passiert. Ich finde es auch so unglaublich unangebracht und schlimm. In so einer Situation von Fachpersonnen so behandelt zu werden geht einfach nicht!
      Falls du in Basel oder der Nähe wohnst, kann ich dir die Paradies Praxis empfehlen. Da sind nur Frauen die unglaublich verständnisvoll sind. Ich bewerbe sie schweizweit, weil sie so toll sind!

      Antworten
  9. Anne

    ich wünschte, dass alle so denken würden wie du!!
    Du bist unfassbar klug und stehst auf und sagst was du denkst!
    DANKE!!

    Antworten
  10. Tina

    Wow, vielen Dank! Ich habe mich noch nie bewusst mit dem Thema befasst- musste ich zum Glück nicht. Aber ebenso wusste ich um die Möglichkeit und war sehr froh darüber im Notfall eine Wahl zu haben. Die Tragweite eines solchen Eingriffes wurde mir erst bewusst als ich selbst Mutter wurde….vorher konnte ich mir die Tragweite und Emotionen die dazugehören nicht ansatzweise vorstellen (obwohl ich mich grundsätzlich als empathischer Mensch bezeichne)- zu solch einer Entscheidung gehört auch wahnsinnig viel Mut! Und zum Glück gibt es Menschen die sich dafür einsetzen, dass es auch weiterhin jede Frau selbst entscheiden kann. Dass es so im Gesetz steht wusste ich nicht…Eine tolle Frau diese Frau Händel, ich hoffe es wendet sich zum Positiven für sie und sie bekommt die Unterstützung die Sie braucht! Kann man sie wo unterstützen?

    Antworten
  11. laura

    Danke, Du wundervolles Wesen, für diesen unglaublich wichtigen gesellschaftlichen Beitrag. I love you.

    Ich war selbst vor zwei Jahren persönlich bei Frau Hänel in Gießen für meine Abtreibung und bin dementsprechend fassungslos. Ich habe schon damals sofort gespürt, dass diese Frau mit den wilden Haaren, die da vor mir saß, ihren Job zu 110 % bewusst und aus feministischer Überzeugung macht. Das nur am Rande. Hier nun kurz ein Ausschnitt aus meiner Geschichte, den ich gerne hier anhängen würde.

    Ich wurde bereits von meiner damaligen Frauenärztin aufs Schärfste verurteilt, warum ich denn bitte im Alter von 28 Jahren nicht einfach ein Kind bekommen könne und dass das ganze doch kein Spiel sei. Diese letze Aussage war unglaublich schlimm für mich, da absolut und komplett konträr zu meinen schwerwiegenden inneren Prozessen. Allein dieser erste Arztbesuch hat mich bis in die Knochen fertig gemacht und noch heute erinnere ich mich immer wieder an diese Form der Erniedrigung. Mir wurde damals gesagt, dass ich einen Termin für den Eingriff erst nach dem Beratungsgespräch bekommen kann, weil erst die Beratungs-Institution mir im Anschluss eine Liste mit Kliniken aushändigt, die den Eingriff des Schwangerschaftsabbruchs durchführen. Da ich zu 100 % wusste, dass ich diese ungewollte Schwangerschaft nicht möchte, wollte ich so schnell wie nur irgend möglich einen Termin bekommen, aus eben jenen Gründen, die auch Du oben genannt hast. Nachdem ich mich damals verzweifelt durch alle umliegenden Krankenhäuser und Kliniken telefonieren musste (es waren an die 20 Telefonate, bei denen ich mich wildfremden Menschen mit diesem unglaublich persönlichen Problem vorstellen musste und mehrfach Antworten erhielt wie: „Sowas machen wir hier nicht.“) stieß ich auf die Website von Frau Hänel – meine ganz persönliche Rettung, für die ich für immer über alle Maßen dankbar sein werde. Schon der Anruf bei Frau Hänel war heilsam für mich. Der erste Mensch am anderen Ende der Leitung seit meines Telefon-Marathons, der mir auf Herzensebene begegnete. Nach zwei Minuten hatte ich einen Termin. Frau Hänel und Ihre Assistentinnen gaben mir das aussergewöhnliche Gefühl der echten Verbundenheit; es fühlte sich für mich fast so an, als wären wir alle durch ein Band verbunden, dass die Aufschrift SISTERHOOD trug. Das klingt für manche möglicherweise überzogen, aber genauso habe ich es gefühlt. Vielleicht hat sich der Eingriff selbst deswegen auch so unkomliziert und schmerzfrei gestaltet. Weil eine liebevolle Atmosphäre entstehen konnte aus einer ganz klaren, positiven und menschenbejahenden, geistigen Haltung heraus, Nach 5 Min und mit lokaler Betäbung war alles vorbei. Die Gedanken und Gefühle bleiben.

    Eine Freundin von mir hingegen wurde der Vollnarkose für den selben Eingriff unterzogen und empfand allein den medizinischen Teil als überaus belastend, da zusätzlich noch eine klinisch-sterile Atmosphäre herrschte und Menschen immer wieder den Raum verließen und zurückkehrten, während sie entblösst auf dem Frauenarzstuhl auf den Anästhesisten warten musste. Das finde ich so traurig, dass wir beide das gleiche, an sich schon so schwere Schicksal teilen, und dennoch so eine unterschiedliche Behandlung erfahren mussten. Es muss in so vielen Hinsichten so viel passieren! Und das wird es, Freunde der Sonne.

    Ich frage mich, warum wir Frauen nicht einfach in eine neue Art von Frauenhaus gehen können, das Frauenhaus der Zukunft vielleicht (ich benutze diesne Begriff ganz simpel im Sinne von „Ein Haus von und für Frauen“): EIN Ort, der uns ALLE mit offenen Herzen empfängt: Die Gebärenden UND die Abtreibenden.

    Laura

    Antworten
    1. Katja

      Danke Dir Laura, dass Du den wichtigen Artikel von Nike noch um Deine eigene Erfahrung ergänzt hast. Auch wenn ich nie in dieser Situation war, macht es mich fassungslos.

      Antworten
  12. Kristina

    Traurig, dass es immer noch mutig ist, so offen, ehrlich und differenziert über das Thema zu sprechen. Und Mut machend, dass es im Social Web noch Beiträge gibt, die wirklich persönlich und klug sind. Danke, Nike.

    Antworten
  13. Josephine

    Auch wenn ich mich bisher mit diesem Thema nie auseinander setzen musste, kann ich die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland nicht fassen. Bis gerade war mir diese garnicht bewusst und ich bin immer noch im Schock Zustand. Die Diskussionen über den Feminismus, me too und Gleichberechtigung sind laut (und wichtig), aber hier fällt ein Mal mehr auf was für ein rechtlicher Misstand in Deutschland herrscht. Denn gerade die Gesetzeslage sollte es uns möglich machen, gut informiert und beraten über unseren Körper entscheiden zu können. Wir leben im 21. Jahrhundert, Unfälle passieren und gerade in einem Fall wie deinem, muss man sagen, was hättest du anders machen können (verhütungstechnisch?), wer rechnet schon damit zu der geringen Prozentzahl zu gehören, die trotz Spirale schwanger wird?
    Ich bin sehr berührt von deiner Ehrlichkeit und muss mich selber erwischen, die Debatte nicht nur mit einem lauten „Das ist unser Recht“ zu unterstützen sondern mich vor allem mal in die Lage reinzuversetzen. Ich habe keine Ahnung, was ich an deiner Stelle getan hätte und ziehe meinen Hut vor deiner mutigen, für dich sicher richtigen Entscheidung.
    Danke für die Gedankenanregung, das Tränchen was ich verdrücken musste und besonders für die Worte der Eigenverantwortung, die uns Freiheit immer geben wird.

    Antworten
  14. Sara

    Ich bin vollkommen fassungslos.
    Da dachte ich, wir leben in einer modernen demokratischen Gesellschaft (–> wie gut wir es in Deutschland haben, im Vergleich zu anderen Ländern welche geprägt sind durch Armut, Kriege, totalitäre Regime etc.) und dann lese ich über diese Thematik, von der ich vorher noch NIE zuvor gehört habe! Nennt mich gerne schlecht-informiert und naiv, aber bisher ging ich davon aus, dass Frauen bis zu einer bestimmten Schwangerschaftswoche „ohne Probleme“ abtreiben können, sofern sie das für sich entschieden haben und sich ein paar bürokratischen (überwindbaren) Hürden gestellt haben. Dass dem nicht so ist, schockiert mich – und zeigt, wie essentiell es ist Menschen – und besonders uns Frauen über solche Themen zu informieren. Es macht mich wütend, dass mir und anderen Frauen dieses Wissen von unserer Gesellschaft auch irgendwie „vorenthalten“ wurde. Denn niemand spricht über sowas.
    Ganz besonders hat mich aber der Internetauftritt der besagten radikalen Initiative angewidert. Ich habe mich nach dem Unterschreiben der Petition interessenhalber mal durchgeklickt um zu schauen, welche Organisation hinter der Anzeige von Frau Hänel steckt. Was für ein reißerischer, ekelhafter Auftritt –> erinnert mich sehr an rechtsradikale Propaganda Seiten.. es kotzt mich an; was erdreistet eigentlich diese Menschen zu meinen über UNSERE Körper entscheiden zu dürfen?? Da könnte ich schon wieder unter die Decke gehen! Sowas gehört ins Mittelalter und ganz bestimmt nicht ins 21. Jahrhundert!!
    Liebe Janes, danke, danke, danke.., dass Ihr uns so gut informiert und zum Nachdenken anregt. Wenn es schon andere Institutionen nicht tun, dann müssen wir es eben selbst in die Hand nehmen, nicht wahr? <3

    Antworten
  15. Lena

    Zu aller erdt Ich bin selbst Krankenschwester und immer wieder erschrocken wenn ich lese wie teils mit Patienten umgegangen wird. Wenn ich als Arzt oder sonstiges mdizinisches Personal mit solchen persönlichen Entscheidungen nicht umgehen kann dann habe ich in dem Job schlichtweg nichts verloren.
    Dann mein absolutes Lob zu dem Beitrag, wunderbar geschrieben.

    Ich habe selbst ein Kind und mir gleich nach der Geburt die Spirale einsetzen lassen. Für mich war die Schwangerschaft obwohl Wunschkind der absolute Horror.
    Ich war vor der Schwangerschaft schon eher pro Abtreibung.
    Aber seit dem ich selbst schwanger war verstehe ich Abtreibungsgegner noch weniger.

    Ich habe trotz Wunschkind in meiner Schwangerschaft immer wieder gezweifelt und wollte das Kind raus aus mir haben hatte aber immer im Hinterkopf das ich es mir ja gewünscht habe. Ich möchte mir nicht ausmalen wie es gewesen wäre wäre es ein Hoppala gewesen und ich hätte es austragen müssen.
    Natürlich ist es hart ein Leben gegen das andere auf zu wiegen. Aber Frauen sollen im Entscheidungsprozess wertfrei aufgeklärt werden.
    Sollte ich wie die Autorin trotz Spirale schwanger werden würde ich auch einen Abbruch vornehmen lassen.
    Ja, mir persönlich ist klar dass man sicher immer wieder an das verlorene Familienmitglied denkt und sich immer wieder Vorwürfe machen wird (zumindest manche) Aber die Vorstellung noch mal fast ein Jahr jeden Tag Erbrechen zu müssen, vor Müdikeit im stehen Einzuschlafen, ein paar Wochen nur liegen zu können weil man so Schmerzen hat etc. Graut mir mehr. Für mich war es als ob ein Parasit in mir wohnt. Ich kann jede Frau verstehen die bei nicht ausdrücklichem Kinderwunsch dieses Matyrium nicht über sich ergehen lassen will.
    Mein Parasit ist mittlerweile ein paar Monate alter Sonnenschein. Ich Kämpfe allerdings immer noch mit dem Raubbau den die Schwangerschaft an meinem Körper vollführt hat

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  18. name

    Danke für den interessanten Text.

    Zwei Anmerkungen:
    „Was wiegt schwerer: Der Schutz des ungeborenen Lebens – oder das Recht der Mutter, über ihren Körper selbst zu bestimmen?“

    Der Schutz ungeborener ist nicht durchgehend ein Gegensatz zum Recht der Mutter. So ist z.b. die Beseitigung/Minderung von Umständen, die die Entscheidung fürs Kind erschweren, auch Schutz des ungeborenen und gleichzeitig keine Einschränkung der Rechte der Mutter; es kann sogar in ihrem Interesse sein.

    Und da kann es dann auch relevant sein, als was das ungeborene eigentlich gilt; denn z.b. wenn irgendwo Wohnraum so knapp wäre, dass das mancher Schwangeren auf jeden Fall die Entscheidung deutlich schwerer macht (z.b. 1 Zimmer Wohnung mit Kind und Partner ist nicht so dolle), dann könnte es ja vielleicht sein, dass da mit öffentlichen Geldern oder mehr Baugenehmigungen Abhilfe möglich; und dann kommt halt der Punkt, wo die eine Seite argumentiert, man solle das doch machen, und die andere, es sei zu teuer.

    Und wann werden erstere sich eher durchsetzen? Wenn es um das Überleben von ein paar „Zellhaufen“ geht oder wenn es um das Überleben von „unschuldigen und wehrlosen ungeborenen Menschen“ geht?

    Selbiges z.b. wenn man die Erzeuger stärker in die Pflicht nehmen will.

    „Ob eine Reform des Gesetzes, vielleicht im umgekehrten Sinne („Abtreibungen sind erlaubt, außer wenn…“) sinnvoll wäre, halte ich für einen durchaus wichtigen Diskurs, und sei es nur, um ein weiteres Zeichen zu setzen.“

    Das hat auch Konsequenzen im obigen Sinne. Denn wenn Abtreibungen allgemein nicht rechtswidrig sind, würde es in obigen Beispiel schwieriger werden, was zu bewegen. Denn wie sollte man sich denn dazu durchringen Geld zur Vermeidung von etwas auszugeben, was nicht rechtswidrig ist also vollkommen in Ordnung ist?

    Und das ist alles nicht hypothetisch; z.b. gabs in den USA mal einen, der hat mit seiner Freundin einen Vertrag darüber schließen wollen bzw. hat ihn geschlossen, dass sie doch gegen Geldzahlung abtreiben soll.

    In D wäre es natürlich völlig lächerlich, wenn ein solcher Vertrag bestünde, sie triebe aber nicht ab und er fordert dann Schadensersatz wegen Bruch des Vertrages; denn aufgrund der allgemeinen Rechtswidrigkeit von Abtreibung wäre der Vertrag natürlich ungültig.

    Aber in den USA hätte er dann wirklich einen Rechtsanspruch gegen sie, dass sie abtreiben soll, weil sie ja einen entsprechenden Vertrag unterschrieben hat; weil eben in USA Abtreibung nicht rechtswidrig ist.

    Ähnliche Dinge gab es da auch schon mit Leihmüttern; also dass eine Leihmutter ein Kind austragen sollte, aber dann passte irgendwas nicht – z.b. es waren halt Zwillinge oder Verdacht auf Behinderung – und die Leihmutter hat dann trotzdem nicht abgetrieben; und anschließend sah man sich vor Gericht.

    Aber natürlich hat es auch Konsequenzen, wenn Abtreibung als rechtswidrig gilt; beide Optionen habe ihre Nachteile.

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  19. Kerstin

    Nike, I LOVE YOU. Danke für die diesen wichtigen Artikel, danke für Deine Ehrlichkeit und Offenheit.

    Im Grunde müsste es eine Frauengruppe geben, die sich zusammentut und eine Liste erstellt, welche Praxen Abbrüche durchführen – oder man müsste NACH dem unfreiwilligen „Pflichtgespräch“ bei Pro Familia eine Information erhalten, wo man in der eigenen Stadt eine Praxis findet, die den Eingriff durchführt, sofern es nicht die eigene Frauenärztin macht. Dass man sich dann auch noch „durchtelefonieren“ muss, ist wirklich eine Zumutung.

    Antworten
    1. name

      „man müsste NACH dem unfreiwilligen „Pflichtgespräch“ bei Pro Familia eine Information erhalten, wo man in der eigenen Stadt eine Praxis findet, die den Eingriff durchführt,“

      Eigentlich ist es vorgesehen, dass im/nach einem Beratungsgespräch auch solche Informationen weitergereicht werden.

      Kann aber natürlich sein, dass das doch nicht immer passiert.

      Antworten
  20. Anne

    Ein schöner Artikel, aber eine Sache fehlt mir in der gesamten Debatte und auch ein wenig in diesem Beitrag: Jede Frau geht anders mit einer Abtreibung um.
    Es wird immer vorausgesetzt, dass es ein schwieriger, emotionaler, psychisch belastender Prozess für jede Frau sein muss. Und dabei ausgeblendet, dass es auch Frauen gibt, für die eine Abtreibung ein rationaler, emotionsloser Prozess sein kann. Zumindest wird man argwöhnisch betrachtet und als gefühlskalt und egoistisch bezeichnet. Wenn man eine Abtreibung vornimmt, dann solle man sich wenigstens psychisch fertig machen, so der Tenor meiner Wahrnehmung nach.
    Für mich war der Eingriff aber emotional nicht belastender als bspw. eine Zahnbehandlung. Und ich denke, ein emotionsloser, rationaler Umgang damit steht einer Frau ebenso zu wie eine lange Verarbeitungszeit falls nötig oder auch die Entscheidung, es selbst nicht tun zu können.

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  21. Tamar

    Ich habe diesen Artikel nun schon vor einer ganzen Weile gelesen und er hat mich nicht los gelassen, weil es ein so so so wichtiges Thema ist. Darum schreibe ich jetzt doch noch.

    Zu aller erst, ich war nie in der Situation die Entscheidung treffen zu müssen Abzutreiben. Darum ist meinem Wissen und meiner Erfahrung eine Grenze gesetzt. Aber natürlich beschäftige ich mich mit Abtreibung und dem Gedanken daran, weil ich Sex habe, eine Frau bin und einfach die Möglichkeit besteht ungewollt schwanger zu sein. Diese Gedankenspiele eben, was wäre wenn . . . Meine Einstellung zum Thema ist ein ständiger Prozess und immer wieder großen Wandlungen unterworfen.

    Was mir aber immer mehr auffällt und immer wichtiger wird, ist Mut zu machen ein ungewolltes Kind zu behalten.

    Es wird so viel über die Entscheidung diskutiert, die vielleicht in vielen Fällen gar keine wäre, wenn man von Anfang an Mut gemacht bekommt und Möglichkeiten gezeigt mit den Situationen umzugehen, die es eben zu einem -ungewollten- Kind machen.

    Auf diese Internetseite die diesen Ansatz verfolgt bin ich gestoßen, vielleicht kann sie dem ein oder anderen Helfen:
    https://www.1000plus.net

    Und nur weil man zu allererst mit der Einstellung heran geht ein ungewolltes Kind nicht abzutreiben, ist die Folge nicht zwangsläufig das Kind am Ende auch wirklich zu behalten oder eine Abtreibung zu verurteilen.
    Ich denke es ist wichtig und richtig, dass ich in diesem Land die Möglichkeit habe sicher und straffrei abzutreiben.

    Und trotzdem würde ich mittlerweile immer zuerst sagen und mir wünschen es könnten noch so viel mehr: ja, lieber, kleiner, lebenslustiger, gleich berechtigter Zellhaufen, du passt mir da gerade ganz und gar nicht, nicht zu mir, meiner Planung und meinem Leben, aber jetzt bist du nun mal da, also lass es uns verdammt noch mal versuchen und das Beste daraus machen!

    Antworten
  22. Pingback: Der Fall Kristina Hänel - hey sister

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