5 Millionen Euro. Was könnte man damit nicht alles machen. Wie wäre es mit einer Investition in die Krebsvorsorge? Gesundheitsminister Jens Spahn hat doch gerade erst per Twitter verkündet, wie wichtig das ist: „Wir sollten durch mehr Prävention, frühere Früherkennung, bessere Therapien schweres Leid zu vermindern versuchen.“ Ein Tweet, der notwendig geworden war, nachdem Spahn zuvor den Eindruck erweckt hatte, Krebs ließe sich durch gesunde Ernährung, Bewegung, Nichtrauchen und Sonnenschutz erfolgreich verhindern – was viele Menschen, die trotz gesunder Lebensweise an Krebs erkrankten, als blanken Hohn empfanden.
Doch obwohl Krebsprävention ein Thema ist, das Spahn umtreibt, investiert er die 5 Millionen Euro lieber woanders und zwar bei einem weiteren Thema, das ihn umtreibt: Frauengesundheit. CDU-Mann Spahn hatte vom Kabinett Millionen für eine Studie zu den seelischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen gefordert – und bekommen. Für die Durchführung der Studie erhält das Bundesgesundheitsministerium zwischen 2020 und 2023 jeweils 1,25 Millionen Euro zusätzlich.
@nikejane
Frauen vor sich selber schützen
Die sowieso schon unbefriedigende Reform von §219a wird so noch unbefriedigender. Jens Spahn hätte das „Werbeverbot“ am liebsten beibehalten. In einem Interview sagte er 2018, ihn würden „die Maßstäbe“ wundern: „Wenn es um das Leben von Tieren geht, da sind einige, die jetzt für Abtreibungen werben wollen, kompromisslos. Aber in dieser Debatte wird manchmal gar nicht mehr berücksichtigt, dass es um ungeborenes menschliches Leben geht.“ Spahn, das macht er immer wieder deutlich, traut Frauen ziemlich wenig zu, wenn es um ihren eigenen Körper geht – vor allem kein Verantwortungsbewusstsein. In der Welt des Jens Spahn nehmen Frauen die Pille danach wie Smarties und haben Abtreibungen, ohne auch nur drei Sekunden darüber nachzudenken.
Nun also eine Studie zu den seelischen Folgen von Schwangerschaftsabbrüchen. Nun klingt eine Studie ja erstmal gar nicht schlecht: Studie, das impliziert das Wort, das steht für Seriosität, für wissenschaftliche Erhebung, für Fakten. Aber: Auch Studien sind nicht neutral. Das ist nicht per se schlecht, es bedeutet nur, dass man sich genau anschauen muss, wer welche Studien warum macht. Bei Jens Spahn verwundert die einseitige Konzentration auf mögliche negative Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs nicht, hat er doch in der Vergangenheit immer wieder direkt oder indirekt gesagt, man müsse Frauen vor ihren eigenen Entscheidungen – Stichwort Pille danach, Abtreibung – schützen. Es darf also durchaus davon ausgegangen werden, dass Spahn auf ein bestimmtes Ergebnis hofft.
Unnötig und teuer
Kathrin Spoerr schreibt in der Welt, es könne nicht schaden „der Frage nachzugehen, ob es Frauen gibt, die darunter leiden, sich gegen ihr eigenes Kind entschieden zu haben, und wenn ja, wie man ihnen helfen kann.“ Das stimmt natürlich. Aber: Studien, die dieser Frage nachgehen, gibt es ja längst, wenn auch nicht in Deutschland. Und diese Studien zeigen eindeutig, dass es das sogenannte „Post-Abortion-Syndrom“ (PAS) nicht gibt. Der Begriff wurde in den 1980ern von der US-amerikanischen Pro-Life-Bewegung geprägt: Angeblich würden Frauen von Abtreibungen krank und bekämen Depressionen. Nicht nur ist das falsch, andere Studien zeigen darüber hinaus, dass betroffene Frauen sehr viel mehr leiden, wenn ihnen eine Abtreibung verweigert wurde (eine Liste mit Studien zum Thema PAS gibt es hier). Es gibt also durchaus Studien, die sich mit den seelischen Folgen von Abtreibungen befassen – aber diese Studien liefern Ergebnisse, die Jens Spahn nicht gefallen dürften. Die von ihm geforderte Studie ist deshalb nicht nur unnötig, sie ist auch sehr teuer. 5 Millionen. Was man damit alles machen könnte.