„Die Annahme, dass Alter oder Geschlecht den Hauttyp bestimmen, ist eine Lüge.“ Im Interview mit Gründerin Paula Begoun von Paula’s Choice

18.06.2020 Beauty

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Ich weiß noch ganz genau, dass mich Paula’s Choice Gründerin Paula Begoun vor wenigen Jahren in einem Interview vor allem wegen eines Zitates zum Schmunzeln brachte – und ich eines sofort wusste: Mit dieser Geschäftsfrau will ich selbst gern einmal plaudern, um noch mehr von ihr zu erfahren. Von welcher Aussage ich genau spreche?

[typedjs]My skin-care routine is about five minutes in the morning, maybe less. I’m fast. I also want to get to bed. My beautiful boyfriend is sitting there. What the hell am I doing at the sink putting on a face mask? I’d rather be next to him. [/typedjs]

Aus dem Interview mit The Cut

Mein Bedürfnis nach Antworten auf so viele Fragen wurde durch Julias ausgiebigen Produkttest der Paula’s Choice Serie vor ein paar Monaten noch einmal verstärkt und nachdem eine weitere Anfrage der Zusammenarbeit in unser Postfach flatterte, ploppte auch obenstehendes Zitat wieder ganz präsent in meinem Kopf auf. Schließlich wollte ich mindestens eine ganze Handvoll ebenso schnittiger Zitate mit nach Hause nehmen, vor allem aber ihre bewährten Tipps rund um Hautpflege an euch weitergeben, denn: Paula gilt als eine der geschätztesten und respektiertesten Personen der Kosmetikindustrie:

Schon seit vierzig Jahren arbeitet Paula in der Beauty-Industrie, launchte vor 25 Jahren ihr eigenes Label „Paula’s Choice“ und gründete die Plattform Beautypedia.com. Hier nimmt sie Kosmetikprodukte anderer Firmen unter die Lupe und kritisiert online die jeweiligen Formulierungen und Inhaltsstoffe, sollten diese nicht in Ordnung sein. Natürlich findet man dort auch eine Reihe an Produkten mit positiven Bewertungen. Doch unter uns gesagt: Eigentlich ist es ein Wunder, dass sie wegen ihrer radikalen und schonungslos ehrlichen Meinung in den USA noch niemand verklagt hat. Ihre Begründung dazu ist simpel, denn nach eigenen Angaben basieren ihre Kritiken stets auf validen Forschungsergebnissen. Sollte sie also jemand verklagen wollen, müsste ihr erst einmal jemand Gegenteiliges beweisen. Ha!

[typedjs]Ich startete meine Karriere aus Frust, weil ich von der Kosmetikindustrie angepisst war. [/typedjs]

Als Mädchen und junge Frau litt Paula unter Akne und öliger Haut und egal welche Produkte sie sich damals auch auf die Haut schmierte, es wurde nicht besser. In manchen Fällen sogar verschlechterte sich ihre Haut und so begann sie zu recherchieren. 1984 schrieb sie ihr erstes Buch über Hautpflege, Wirkstoffe und Formulierungen. Damals noch ohne Internet, schlug sie ihre Zelte in medizinischen Bibliotheken auf, um so viel wie möglich über unsere Haut und Hautstudien zu lernen. Sie entlarvte Produkte mit Inhaltsstoffe, die keine Wirkung vorwiesen und schrieb darüber. So wie einer ihrer Büchertitel „Blue Eyeshadows Should be Illegal“, der sich als Metapher für die zig unnötigen Produkte versteht, die die Kosmetikindustrie vertreibt. Weitere Werke mit unterschiedlichen Themen rund um Hautpflege folgten und sogar eine Art Lexikon für Inhaltsstoffe, in dem sie Fachbegriffe erklärt und erläutert, zählt zu ihren Veröffentlichungen. Bis heute basieren all ihre Produkte auf Forschungsergebnissen und Studien und genau die werden hinsichtlich ihrer Formulierungen regelmäßig dank Innovationen und neuesten Erkenntnissen verbessert.

Paula Begoun hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten einen Namen gemacht und niemand geringeres als Oprah Winfrey betitelte sie in ihrer Show als „The Cosmetic Cop“ – und trifft damit wohl den Nagel auf den Kopf. Wobei ich sie eher als Kommissarin der Kosmetik bezeichnen würde, schließlich verbringt sie immer noch mehrere Stunden am Tag mit Recherche-Arbeit und wissenschaftlichen Studien. 

Das sind meine fünf Basic Produkte für die tägliche Hautpflege: Eine milde Reinigung, ein BHA-Peeling, ein Nacht- und Tagespflege (mit LSF) und ein Serum

Liebe Paula, du bist schon so viele Jahre in diesem verrückten Beauty-Business unterwegs. Was ist, nach wie vor, deine wichtigste Erkenntnis?

Ich arbeite seit vierzig Jahren in der Kosmetikindustrie und habe in dieser Zeit sehr viel über Haut, ihre Beschaffenheit und Bedürfnisse gelernt. Das Wichtigste scheint mir die Forschung über die Hautphysiologie und über einzelne Wirkstoffe zu sein. Ich muss immer auf dem neusten Stand der Wissenschaft bleiben, um meinen Job so gut wie möglich ausführen zu können.

Man sollte seine Haut gut pflegen, aber wie man das macht, ändert sich mit den neusten Erkenntnissen schlichtweg regelmäßig. Als ich eine junge Frau war, benutzte niemand Sonnenschutz, niemand hatte von negativen Umwelteinflüssen gehört, geschweige denn von Antioxidantien. Außerdem ist es wirklich toll, wie viel wir heutzutage beispielsweise über Akne, Rosazea und die Hautstruktur wissen.

[typedjs]Es geht nur um die Wahrheit. Und die Wahrheit ist ein bewegliches Ziel. Denn je mehr wir über Haut und Wirkstoffe lernen, ändert sich diese die Wahrheit ab.[/typedjs]

All deine Erfahrungen und Forschungsergebnisse mit ein geschlossen: Was würdest du heute deinem früheren Ich in Bezug auf Hautpflege raten? 

Trage Sonnencreme! Und zwar jeden Tag. Weißt du, was wir früher gemacht haben? Wir haben uns mit Reflektoren gebräunt, um schneller braun zu werden. Jemand hätte mich retten sollen, aber niemand wusste es besser. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als ich aufgehört habe, mich zu bräunen. Ich war 32 Jahre alt und die Forschung um UV-Schäden und Hautkrebs durch Sonnenlicht nahm zu dieser Zeit gerade fahrt auf.

Nun gibt es so viele Informationen zu Beauty-Themen im Internet, die speziell für unsichere, unerfahrene Menschen verwirrend sein können. Gibt es „einfache“ Tipps & Tricks, um rauszufinden, welcher Hauttyp ich bin und welche Bedürfnisse meine Haut hat?

Das ist eine sehr schwierige Frage, denn viele der Hautprobleme mit denen wir zu kämpfen haben, sind selbst herbeigeführt – mal abgesehen von den Hautschäden durch Sonne und negative Umwelteinflüsse. Ich würde so vorgehen: Legt eure schlechte Eigenschaften ab: Rauchen ist tödlich  – auch für eure Haut! Genauso wie UV-Strahlung. Also: JEDEN Tag Sonnencreme tragen! Hört außerdem auf, euer Gesicht mechanisch zu peelen. Wascht euer Gesicht nicht mehr mit warmem Wasser, verzichtet auf ätherische Öle und Alkohol.

Alles, was die Haut irritiert, sollte vermieden werden. Ganz wichtig: Stoppt entzündungsfördernde Ernährung. Wenn ihr das alles durchzieht und auf eine milde Reinigung und Pflege setzt, sollte sich euer wahrer Hauttyp zeigen. Dann könnt ihr anfangen, eure Haut auf Basis eures Typen zu pflegen.

Als Entzündungsfördernde Lebensmittel gelten unter anderem Omega 6 reiche Lebensmittel wie zum Beispiel Sonnenblumenöl, große Mengen an tierischen Produkten, viele gesättigte Fettsäuren oder auch viele der verarbeitenden Lebensmittel, die oft voll von Kokos- und Palmöl stecken.

Entzündungshemmend gelten unter anderem Lebensmittel mit sekundären Pflanzenstoffen (z.B. Antioxidanzien) wie Beeren, aber auch Hülsenfrüchte wie Linsen und Bohnen. Lebensmittel, die reich an Omega 3 sind, wie Lein-, Chia- und  Hanfsamen, Walnüsse oder auch Meerestiere wie Lachs und Sardinen. 

Weniger ist also mal wieder mehr. Welche drei Beauty-Produkte sollten wir dennoch unbedingt besitzen? 

Auch, wenn ich mich wiederhole: Ganz klar Sonnencreme – und zwar eine mineralische Sonnencreme. Außerdem eine milde Reinigung. Ich weiß, das klingt jetzt nicht besonders spannend, aber viele Reinigungsprodukte sind aggressiv, genauso wie mechanische Peelings. Sie verletzen die Haut und trocknen sie aus. Dadurch wird deine natürliche Schutzbarriere der Haut durchbrochen – und das wollen wir unbedingt vermeiden. Das dritte Produkt wäre ein gut formuliertes Peeling, das man nicht abwaschen muss. Also ein AHA oder BHA Produkt. Die haben viele gute Eigenschaften, sie erneuern die Haut und bauen alte Hautschüppchen ab.

Der Vorteil von AHA/BHA Produkten im Vergleich zu herkömmlichen, mechanischen Peelings ist, dass sie die Haut mit Feuchtigkeit versorgen. BHA dringt durch die oberste Hautschicht durch und baut dort auch tote Hautzellen ab. Ich selbst verwende nicht mal herkömmliche Gesichtscreme, sondern nur meine Seren und Booster gegen meine Akne und anschließend eben BHA. Und dennoch: Meine Haut ist ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt.

Die Abkürzung AHA steht für Alpha-Hydroxysäure, die vor allem Glykolsäure oder Milchsäure enthält. AHA-Peelings sind die effektivsten für die Hautoberfläche und so mit am besten für trockene Haut, denn sie helfen bei der Regeneration. 

BHA steht für Beta-Hydroxysäure, auch bekannt unter der Bezeichnung Salicylsäure, welche abgestorbene Hautschüppchen entfernt und die Poren reinigt. Diese Peelings sind besonders geeignet für normale, unreine bis fettige Haut. Sie dringen durch die oberste Hautschicht durch. 

[typedjs]Paula’s Choice 2% BHA Liquid Peeling ist mein Prad Pitt auf einer einsamen Insel. Ist der überhaupt noch aktuell? Oder wer ist gerade the most wanted guy?[/typedjs]

Und welche alltäglichen Angewohnheiten sollten wir sofort ablegen, um unsere Haut besser zu schützen – oder besser gesagt: Sie nicht zu schädigen?

Ich weiß nicht wie oft ich es noch sagen muss, aber hier lautet die Antwort auch: Verzichtet niemals auf Sonnenschutz! Und hört auf zu rauchen und beginnt euren Körper gesund zu ernähren. Ansonsten würde ich sagen: Versucht nicht an eurem Gesicht rumzudrücken, es zu quetschen oder zu stretchen. Kollagen und Elastin bestehen aus sehr feinen Fasern, ihr könnt euch diese Fasern als dünnes Gummiband vorstellen, wenn man zu oft daran zieht, wird es mit der Zeit immer poröser und irgendwann bricht es schließlich.

Warum ist Sonnenschutz so wichtig, wie oft und wann sollten wir ihn am besten auftragen?

Jeden Tag. Sobald das Licht deine Haut berührt, fängt es an, ihr zu schaden. Bleibt im Schatten, bräunt euch nicht. Unsere Haut kann den Schaden nicht mehr reparieren. Kollagen wird durch Sonnenstrahlen zerstört und genau das bleibt unbemerkt. Es muss also gar nicht erst zu einem waschechten Sonnenbrand kommen – der Schaden ist längst angerichtet.

Unsere Haut ist sehr gut darin, Irritationen lange zu verbergen. Hautprobleme und frühzeitige Hautalterung resultieren durch UV-Schäden, im schlimmsten Fall sogar in Hautkrebs. Wir können viel tun, um die Haut zu reparieren, sie wiederherzustellen und um sie zu heilen, aber wenn man seiner Haut konstant schadet, kann kein Produkt der Welt das wieder in Ordnung bringen.

Du hast aber noch nigelnagelneues Produkt in deinem Portfolio. Worauf zielt es ab, was sind die Besonderheiten und für wen ist es geeignet?

Als Firma haben wir viele Produkte mit dem Wirkstoff Retinol entwickelt. Wir bezeichnen ihn als einen unserer Helden in Sachen Inhaltsstoffe. Aber es gibt nie nur eine Wunderwaffe. Grüner Tee, zum Beispiel, ist ebenfalls super. Aber wenn man sich nur von grünem Tee ernähren würde, würde man sterben. Unsere Haut durstet es nach vielen unterschiedlichen Dingen. Und es existieren eine Handvoll Wirkstoffe, die man als Helden der Hautpflege bezeichnen kann. Retinol ist nur einer davon. Das neue Clinical 0,3% Retinol + 2% Bakuchiol Treatment stärkt die Festigkeit der Haut und verbessert einen ungleichmäßigen Hautton. Zusätzlich regen die enthaltenen Peptide die Kollagensynthese an. Bei dieser Formulierung wirkt Bakuchiol entzündungshemmend und verbessert nachweislich die Verträglichkeit von Retinol. Ich würde die Anwendung am Anfang auf zwei Abende die Woche beschränken und schauen, wie eure Haut darauf reagiert. Wenn alles gut ist, könnt ihr die Lotion täglich anwenden. Grundsätzlich ist die Formel aber für alle Hauttypen geeignet.

[typedjs]Ich bin 66 Jahre alt, habe eine ölige Mischhaut und tendiere zu Pickelausbrüchen. Die Annahme, dass Alter oder Geschlecht den Hauttyp bestimmen, ist eine Lüge.[/typedjs]

Eine letzte Frage habe ich noch, schließlich bist du von Oprah als „Cosmetic Cop“ getauft worden: Welche Beauty-Lüge hast du längst entlarvt und muss aufgeklärt werden?

Dass das Natürliche immer das Beste ist. Ich würde behaupten, das ist die schlimmste Lüge. Die als natürlich deklarierten Produkten auf dem Markt, sind die meistens besonders schlecht formulierten. Ätherische Öle wie Pfefferminze oder Menthol führen zu Hautirritationen. Genau wie Alkohol. Natürliche Inhaltsstoffe sind von Natur aus instabiler als im Labor kreierte Inhaltsstoffe. Das bedeutet nicht, dass man auf natürliche Produkte verzichten muss. Man sollte auf wertvolle stabile Inhaltsstoffe aus der Natur in Kombination mit starken, im Labor entworfenen Inhaltsstoffen setzen, die spezifische Funktionen und Bioaktivität erfüllen. So hat man das Beste aus beiden Welten vereint.

Liebe Paula, liebes Paula’s Choice Team vielen Dank für die vielen Antworten und den berechtigten Zeigefinger zum Thema Sonne! Wir geben Acht, versprochen!

–  In freundlicher Zusammenarbeit mit Paula’s Choice –

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