Achtung, es folgt ein kluger Informationsbeitrag – und wer mich kennt, der weiß: Die Artikel, in denen ich viel Wissen auf so wenig Platz wie möglich quetschen muss, sind mir ein Dorn im Auge. Andersherum hingegen: Viel Text, viel Scalablabla und weniger ganz harte Fakten gehen mir runter wie Öl – womit wir auch schon beim heutigen Thema wären (Übergangskönigin): Oder fast, denn das Öl und die Fakten über die wir heute sprechen, schluckt man gar nicht runter – man zieht sie. Ja genau, aber nicht etwa durch die Nase, durch den Kakao oder hinter sich her – nein, durch die Zahnzwischenräume und durch das komplette Mundareal. „Öl ziehen“ ist eine hinlänglich bekannte, aus der ayurvedischen Medizin stammende Methode, die Hauptsächlich der besonderen Mundhygiene und sogar der Heilung von Krankheiten dienen soll. Es gibt auch hierzu Berge an Wissen, aber hier, jetzt und heute habe ich mal versucht mir und euch die allerwichtigsten Fragen zu beantworten. Oeliger wird’s nicht.
Fangen wir an mit der Wichtigsten: Öl ziehen? Was ist das überhaupt?
Dieses ayurvedische Naturheilverfahren hat inzwischen schon ein paar hundert Jahre auf dem Buckel und viele Fans auf der ganzen Welt. In Deutschland noch nicht allzu lange verbreitet, wird das „Öl ziehen“ in Indien und Russland bereits selbstverständlich als bewährte Methode praktiziert und ist dazu noch ziemlich simpel und rein natürlich. Der russische Arzt Dr. Karach verhalf der Methode zum heutigen Ruhm, indem er ihr auf einem Ärztekongress heilende Wirkung nach sagte. Durch die antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften der Öle sollen Krankheiten im Mundraum insbesondere an den Zahnherden geheilt werden. Sogar Herzkrankheiten und Magen-Darm-Probleme bis hin zu hormonellen Beschwerden soll das Naturverfahren bekämpfen. Bakterien und Giftstoffe werden an das Speiseöl gebunden und mit dem Ausspucken aus dem Mund befördert.
Und wie macht man das?
Täglich morgens, noch vor dem Zähneputzen, einen Tee- bis Esslöffel milden, nativen Speiseöls im Mund zirka 20 Minuten hin und her bewegen. Durch die Zahnzwischenräume ziehen und danach unbedingt ausspucken und nicht herunterschlucken. Das ist wichtig, denn sonst werden die Bakterien und Schlacken, die aus dem Mundraum „gezogen“ wurden, nicht vom Körper weggespült. Bestenfalls das Öl auch in den Mülleimer und nicht in den Abfluss spucken. Die genaue Dosierung ist individuell. Geübte Zieher haben nicht mehr das Problem, dass die Masse schaumig und viel mehr im Mund wird.
Und das soll jetzt echt was bringen?
Dem Ölziehen werden jedenfalls eine ganze Reihe positiver Eigenschaften nachgesagt – unter Anderem mit dabei:
Linderung von Allergien
Freie Nasennebenhöhlen
Hellere, weißere Zähne
gesünderes Zahnfleisch
Vorbeugung von Mundgeruch
Kariesvorbeugung
Gesteigerte Energie
Gelinderte Hautbeschwerden
Verbessertes Lymphsystem
Verringerte PMS Beschwerden
Besserer Schlaf usw
Was sagt die Gegenfront?
So wirkliche Gegner hat diese friedliche Ölzieherei gar nicht. Es gibt höchstens Menschen, die trotz inzwischen schon einer ganzen Reihe fundierter veröffentlichter Pro-Studien der festen Überzeugung sind, dass das alles rein überhaupt gar nichts bringe. Das sind meist diejenigen, die ohnehin schon nicht an den Mythos „Schlacke“ glauben, die es aus dem Körper zu verbannen gilt. Die positiven Wirkungen seien allein dem angeregten Speichelfluss zu verdanken. Fair enough und nachvollziehbar. Hier scheiden sich wie immer und überall die Geister und am Ende entscheidet jeder für sich selbst.
Und welches Öl benutzt man da?
Traditionell und in den meisten bestehenden Studien wurde Sesamöl verwendet, das auch in der ayurvedischen Medizin gebräuchlich ist. Eine Studie aus Thailand, die 2011 in der Zeitschrift Asia Journal of Public Health veröffentlicht wurde, zeigte, dass auch das Ölziehen mit anderen Speiseölen die Zahl schädlicher Bakterien in ähnlicher Weise reduzieren konnte. Tatsächlich wird in dem Bericht betont, Kokos- und Sonnenblumenöl seien, neben dem Sesamöl selbst, besonders wirksam bei der Behandlung bestimmter Mikroorganismen. Es empfiehlt sich also von Zeit zu Zeit zu wechseln. Auch ein mildes, natives Olivenöl aus der Küche ist daher möglich. Das passende Öl kann aber auch nach ayurvedischer Kategorisierung ausgewählt werden (Feuer, Wasser, Weites Feld).
Fazit
Der erste Teelöffel Sesamöl war wahrscheinlich der Härteste – und auch zwanzig Minuten ziehen können ganz schön lang werden. Erst recht, wenn das Öl im Mund mit der Zeit zu einer milchig schaumigen Angelegenheit wird und sich dort gefühlt verdoppelt. Geschmacklich bin ich inzwischen beim Kokos angelangt, was angeblich besonders antiviral agieren und auch noch eine zahnaufhellende Wirkung haben soll. Ich wende die Ölzieh-Methode erst seit ein paar Tagen an und kann (Überraschung) noch keine Ergebnisse feststellen. Ich glaube allerdings tatsächlich an dieses „Giftstoffe aus dem Mundraum rausziehen“ und werde mir daher nun versuchen jeden Morgen einen wegzuölen – im Namen der Gesundheit.
So und mich interessieren jetzt brennend eure Erfahrungen damit. Kanntet ihr das schon? Praktiziert ihr das schon lange und was macht das mit euch? Sagt doch mal!