Während der letzten Tage und Abende habe ich gefühlt mehr seltsame Gespräche führen müssen, als Models über den Laufsteg schwebten. Da wird in einer Tour über Berlin genörgelt, es ginge konstant bergab mit unserer Modewoche und überhaupt, die deutsche Stil-Landschaft sei das reinste Trauerspiel. Das Interessanteste an besagten Konversationen war wohl, dass sich mein jeweiliges Gegenüber beim heißen Meinungsmachen meist in kostenlosem Champagner ertrank, während die Beine im Takt der Gästelisten-Party-Musik auf und ab stampften. Welche Show denn nun am unerträglichsten gewesen sei, fragte ich daraufhin gern. Weiß nicht, ich war bei keiner, ich bin ja Akademikerin ist auf der Antworten-Skala von eins bis komplett gehirnverbrannt ganz weit oben angesiedelt. Ich sage es mal in den Worten von VOGUE-Chefredakteurin Christiane Arp, die gestern ins Borchardt lud: „Ich schere mich nicht darum, was irgendwer behauptet, ich persönlich habe bisher drei wunderschöne Tage erleben dürfen und zwar mit großartigen Designern, auf die man stolz sein kann.“ Oder so ähnlich. Auf Malaika Raiss bin ich sogar sehr, sehr stolz.
Seit ihrer allerersten Show begleiten wir die Designerin jetzt schon, manchmal steht uns vor dem großen Moment sogar selbst ein kleiner See aus Schweiß auf der Stirn, weil wir mitfiebern und hoffen und Daumen drücken. Diesmal ist alles gut gegangen, mehr als gut. Es scheint, als habe das Label MALAIKARAISS es tatsächlich geschafft, zu sich zu finden, eine eigene DNA herauszubilden, sich weiterzuentwickeln. Es wurde weniger nach links und rechts geschaut, mehr auf die eigene Identität gehört. Das Jagen von Trends ist in Berlin ohnehin längst nicht so wichtig wie der rote aus Persönlichkeit gebundene Faden. Malaika ist kein lauter Mensch, Malaika ist stark, aber ein durchaus sanftes Wesen – und das sieht man. Saisons, in denen die Hände nach fremden Zielen ausgestreckt wurden, sind endgültig passé.
Die von A-Linien und Glockenformen geprägte Kollektion von Malaikaraiss trägt den Namen „Second Nature“ – eine Ode an die Sehnsucht, nach Freiheit und wilder Schönheit. „Wild“ im Sinne von pur, man denke beispielsweise an die klare Formsprache skandinavischer Landschaften. Minimale Formen wie sie einst in der Architektur des Finnen Alvar Aaltos zu leben begannen, finden außerdem in graphischen Schnitten und dem Spiel mit Konstruktion Ausdruck, alles Überflüssige wird verbannt, was bleibt, ist die Natürlichkeit. Die Schwere des Schichtens von Materialien wird unter anderem mit hauchdünnen Trägern gebrochen und dann wäre da noch ein camouflage-artiger Blumenprint, der am Grunge der 90er Jahre festhält – allerdings ohne unsere Augen überzustrapazieren. Danke.
Meine Favoriten:
Gemeinsam mit OLYMPUS designte das Label außerdem Accessoires für SS16, die Schuhe stammen von Münchener Label SELVE.
Alle Looks: