Immer wenn es Menschen schlecht geht, lassen sie sich leicht von ideologischen Holzideen, Dummheiten und Propaganda umgarnen, das ist keine Neuigkeit. Dass eine rechtspopulistische Partei in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkriegs aber zur zweit und drittstärksten Macht erkoren wird, durchaus. Die AfD trifft derzeit den Nerv all jener, die sich vergessen fühlen oder gar tatsächlich vergessen wurden. Denen das Denken zu anstrengend ist. Die aus Unwissenheit auf den Protest-Zug aufspringen, eigene Probleme nicht bei sich selbst suchen, sondern mit Freude auf andere projizieren (da passt der Nicht-Deutsche natürlich perfekt ins Bild), die Teil von etwas sein oder einfach ein wenig Krawall machen wollen. Sie nutzt Angst aus, um Hass zu schüren, streut Salz in fremde Wunden und führt eine ganze Wählerschaft an der Nase herum, die meint, ein paar wenige rechtsorientierte Gedanken machten aus dem gutbürgerlichen Hirn noch längst kein Nazi-Organ, dafür aber einen besseren Ort aus ihrer Heimat, die mit Angela Merkels humaner Flüchtlings-Politik gewiss dem Untergang geweiht sei. Die Alternative für Deutschland ist im Klartext auf dem besten Weg dorthin, genau das zu werden, was unsere Gesellschaft vor 70 Jahren geprägt hat. Verabscheuungswürdig ist die Partei mitsamt ihrer Anführerin Frauke Petry schon jetzt, daran wird von innen heraus seit jeher hart gearbeitet. Erst Anfang der Woche hatte der Krefelder Kreisverband der AfD auf seiner Facebookseite den Ausschluss eines Fußballclub-Mitgliedes aufgrund von Sympathien für die Partei wie folgt kommentiert: „Und immer weitere Berufsverbote für AfD’ler kommen hinzu. Freuen Sie sich schon auf den blauen Stern? Wir wissen: Wir werden den Stern wie eine Auszeichnung tragen! Bis zum bitteren Ende!“ – hier haben wir es mit der Lieblingstaktik dieser ach so harmlosen und selbstredend völlig zu unrecht verurteilten „Wölfe im Schafspelz“ (oder anders herum?) zu tun. Zwecklos. Dunja Hayali trifft mit ihrer jüngst viral gegangenen Rede den Nagel auf den Kopf: „In einem Land, in dem die Meinungsfreiheit so ein hohes Gut ist, darf und muss jeder seine Sorgen und seine Ängste äußern können, ohne gleich in die rechte Nazi-Ecke gestellt zu werden. Aber: Wenn Sie sich rassistisch äußern, dann sind Sie verdammt nochmal ein Rassist.“
Die AfD hat demzufolge ein großes Problem: Wenn man aus dem aktuellen Parteiprogramm sämtliche rechtsradikale Hintergründe streicht, bleibt am Ende nicht viel übrig.
Zusammengefasst klingt selbiges tatsächlich wie eine grauenhafte Dystopie, wie ein eins A Leitfaden zur Zeitreise in beschissenere Jahrzehnte. Als hätten wir nicht ohnehin noch einen weiten Weg vor uns, vor allem hinsichtlich fundamentaler Themen wie Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Humanismus. Von der Leyen scheint überaus richtig zu liegen: „(…) die AfD ist eine junge Partei, die nur uralte Antworten hat.“
Die AfD glaubt zum Beispiel nicht an den Klimawandel, fordert aber mehr Waffen für vertrauenswürdige Bürger und aus bisher unklaren Gründen noch mehr Überwachung. Kinder sollen schon mit 12 Jahren ins Gefängnis wandern können und Deutschland endlich wieder auf eigenen Beinen stehen, also schnell raus aus der EU, bitte. Und weg vom Euro. Weil Steuern abgeschafft gehören, sollen Sozialleistungen gekürzt werden, wer kein Geld für private Versicherer hat, schaut blöd aus der Wäsche. So weit, so schräg. Es kommt natürlich noch besser: Denn selbstverständlich bekennt sich die AfD „zur traditionellen Familie als Leitbild“, staatliche Kindergärten könnten demzufolge ruhig abgeschafft werden, stattdessen soll die Erziehung durch die Mutter gefördert werden. Darüber hinaus lehnt sie Frauenquoten ab, sowas sei schlichtweg unfair, und ist gegen eine „staatliche Finanzierung des selbstgewählten Lebensmodells Alleinerziehend“, auch Abtreibung soll erschwert oder gar verboten werden. Außerdem: Hinfort mit der „rasanten Besiedelung Europas und besonders Deutschlands durch Menschen aus anderen Kulturen und Weltteilen.“ Und dann: „Die AfD bekennt sich uneingeschränkt zur Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit.“ Außer natürlich man ist Moslem. Die ZEIT hat zum Thema gerade eine wichtige und ausführlichere Zusammenfassung veröffentlicht.
Schon klar. Das ist weder Lifestyle, noch Fashion. Aber man schmückt sich in Deutschland neuerdings wohl leider mit dem politischen Stil einer dunklen Epoche.