Ein Clown zieht ins weiße Haus ein, so schreibt es der Postillon, nur dass so etwas wie Satire diesmal kaum spürbar ist. Wer Trump als Narr mitsamt weißem Haar, teigigem Gesicht und roter Nase bezeichnet, entledigt sich automatisch jeder Übertreibung, der vergisst bei aller Oberflächlichkeit nicht das Wesentliche, weil es ohnehin kaum Wesentliches und insbesondere nur ein verschwindend unauffälliges Maß an Intellekt zu erwähnen gibt, der bedient sich weniger des Pamphlets als vielmehr reiner, schmerzlicher Wahrheit.
Der 9. November 2016 ist ein Schlag in den verwundeten Magen des gesunden Verstandes, ein tragischer Witz auf Kosten der Menschenrechte, eine plötzlich reale Dystopie für jeden Freund der Demokratie, für das denkende Individuum an sich. So schnell abzusehen der fatale Ausgang der US-Wahlen schien, so irrsinnig und unglaublich hallt er nach. Aus „Make America Great Again“ ist „Make America Vote Again“ geworden, Studierende protestieren, Journalist*innen schimpfen und Lena Dunham wähnt sich laut Twitternachricht nur noch in Lady Gagas Vagina in Sicherheit. Sicher vor dem Donald Duck der republikanischen Vollpfosten. Dabei hätte wohl niemand außer der Trump’schen Jünger selbst an den Sieg eines hundsgemeinen Obskuranten, machtgeilen Größenwahnsinnigen, sexistischen Rassisten und strunzdummen Lügners geglaubt.
So ist das häufig – bis es dann doch passiert. Wenn nicht aus dumpfer Unwissenheit, Frustration oder schwerwiegenden Irrglauben heraus, dann geschieht das Setzen eines derart falschen Kreuzchens meist als Folge von Protest. Gegen den vermeintlichen Stillstand, das Establishment oder für das Zurückerobern vermeintlich wichtiger, wenn auch hundert Jahre alter Werte. Aus Langeweile und Neugier. Weil sich Menschen mit Stimmrecht vom Rest des Landes und der Politik vergessen oder durch Fremdes bedroht fühlen. Oder ganz einfach weil man gegen irgendetwas und nunmal auch nicht für die Alternative is, die diesmal Hillary hieß.
Das Problem ist nur, dass sich im Falle der amerikanischen Präsidentschaft „nicht mal eben so schauen“ lässt, wie der Hase mit einem Clown an der Spitze wohl so an der Freiheitsstatue vorbei hüpfen wird. Vermutlich stirbt der Hase, wenn er denn nur einen Funken Empathie in sich trägt, bereits überaus zeitnah an einem gebrochenen Herzen. Sofern er nicht schon auf den ersten Metern vom gigantischen Ego des neuen Präsidentenclowns platt gewalzt wird. Verhandlungen über den Verbleib des Hasen, der nicht nur Amerika verkörpert, sondern im schlimmsten Fall die ganze Welt, scheinen ohnehin unmöglich, denn wer am liebsten sich selbst reden hört, dem sind auch Leichen schnell egal. Der führt Kriege, weil darum. Der ist verrückt danach, endlich ein unbesiegbarer Hulk Hogan der Politik sein zu dürfen, der feiert den Triumph von Muskelpaketen und Geldeseln über komplizierte Gehirne und liebt das Allerlei aus Hass und Macht mehr als jede Wonne des Friedens. Genau so einer ist dieser Herr Trump, der olle Donald, der sie nun wirklich alle haben kann. Nicht nur die vermeintlich Willigen, die seinem Proleten-Glanz erliegen, nein ganze Wählerherrschaften. Aber was bedeutet dieser republikanische Spaziergang im Land der offenbar wahrhaft unbegrenzten Möglichkeiten jetzt für die Realpolitik? Für unsere Welt?
Womöglich wird sich das Ausmaß der verbrannten Erde erst nach der Amtszeit dieses pathologischen Selbstdarstellers zeigen, wir kennen das Szenario in abgeschwächter oder sogar maximierter Form bereits aus der Vergangenheit. Unterdessen könnte es zu einem Pakt mit Russland kommen, zu einem Handeslkrieg mit China, zu weiteren Scherzen auf Kosten des Klimawandels, zu Steuerbegünstigungen für Reiche, zu einem Bruch mir der Nato, zu weiteren Einmärschen in Länder, denen der Westen längst alles genommen hatte, zu Abschiebungen, zu gewaltvollen Eingriffen, wo doch Aufklärung und Bildung nötig wären, zu mehr Folter, zu der Einrichtung eines eigenen politischen Komitees, zur Einschränkung der Pressefreiheit und vielleicht sogar zum Ende der Demokratie. Wie es überhaupt zu alldem kommen konnte, hätten wir ganz sicher viel früher fragen müssen. Und auch zuhören, nämlich vor allem denen, die irgendwo am Rande der Gesellschaft stehen und fluchen und sich bis heute von niemand anderem als dem lauten Onkel verstanden fühlen. Ebenjene zu belächeln bringt jetzt niemandem mehr etwas. Zu spät kommt auch jede Einsicht, auf beiderlei Seiten, nicht nur die der Wählenden, sondern auch die der bis dato Tauben. Wir können also nur noch hoffen, dass der Clown noch bevor er weiter wüten kann, über seine eigenen viel zu großen Schuhe stolpern und sich das Genick brechen möge. Unwahrscheinlich ist das glücklicherweise nicht, also ruhig Blut. Denn der Dumme bleibt vorerst vor allem eins: Dumm.
Unsere Bundestagswahlen stehen übrigens voraussichtlich im September 2017 an und weil Deutschland sich bei Weitem nicht von den Trumps, Erdogans, Putins, Le Pens oder FPÖs dieser Erdkugel freisprechen kann, sondern sich ganz ähnlichen Gefahren ausgesetzt sieht, sollten wir womöglich schon frühzeitig unsere Feinde, die Rechten in den eigenen Reihen, umarmen und versuchen, ihnen die Liebe zu geben, an denen es ihnen so häufig mangelt. Ihr wisst, was ich meine. Dialoge. Streitgespräche. Appelle! Immer und immer wieder. Für mehr Wahlbeteiligung und gegen eine Welt voll trauriger Clowns.