Viele Frauen verärgert es, wenn ihnen aufgrund von kleinen Aussetzern unterstellt wird, sie hätten ihre Periode. Bei mir liegt man dieser Annahme aber meist richtig. Mein Freund etwa ist stets der Erste, der bemerkt, dass es morgen wieder rotrund geht.
Neulich hat sich eine gute Bekannte von mir lautstark darüber echauffiert, wie frech und sexistisch es sei, einer Frau in flapsigen, emotionalen oder wütenden Momenten zu unterstellen, sie habe ihre Tage. Das sei übergriffig, zutiefst! Ich stimmte nickend zu. Und vor allem sei das doch erfundener Quatsch, ein respektloses Klischee. Ich nickte wieder, schwenkte dann aber doch noch wellenförmig ab, ein bisschen wie ein nach Orientierung suchender Tukan, bis das Rauf-und-runter meines Kinns schließlich einem bestimmten Rechts-links wich und ich so heftig mit dem Kopf schüttelte, dass mir all meine feministische Überzeugung aus den Ohren herauszufallen drohte. Stille und Stirnfalten. Wie genau ich das jetzt meinen würde, fragte die Bekannte. Also erklärte ich mich. Oder besser: Ich versuchte etwas zu erklären, das sich nicht im geringsten verpauschalisieren lässt und für mich dennoch recht eindeutig scheint: Einigen Frauen steht ihre Periode förmlich auf die Stirn geschrieben, antwortete ich nuschelnd. Vielen auch nicht, was mich sehr freut und zuweilen sogar aufrichtig neidisch stimmt. Aber immer wenn einer oder eine etwas problematisches wie „Meine Fresse, hat die ihre Mens, oder was“ von sich gibt, dann denke ich nicht „Arschloch“, sondern „kann schon sein“.
Und wenn ich selbst damit gemeint bin, dann werde ich auch nicht sauer und dann bin ich auch nicht beleidigt, ich behaupte außerdem niemals, dass diese Hormondusche nichts mit meiner Stimmung zu tun haben könnte, ganz im Gegenteil, ich wünschte mir in solchen Momenten sogar vielmehr einen offenen Dialog. Und dass wir viel häufiger ganz deutlich darüber sprechen würden, wie sich das physisch und psychisch anfühlen kann, wenn die geschwollene Gebärmutterschleimhaut sich ein Mal im Monat vom Acker macht. Ich würde mitunter sogar so weit gehen, zu behaupten, dass wie gar nicht schlecht daran täten, diesem Umstand des temporären Schief-Gewickelt-Seins ohne Gegenwehr in die Augen zu blicken, statt uns andauernd dagegen zu wehren. Manchmal sehne ich mich tatsächlich nicht nur nach Verständnis, sondern ein bisschen auch nach Mitleid. Das ist erbärmlich, aber die Wahrheit.
Auch ein Dankesschreiben an die Pharmaindustrie, die mir Dolormin für die Frau bescherte, zog ich bereits mehrmals in Erwägung. Mein Freund übrigens auch. Er war zudem derjenige, der mir beigebracht hat, dass ein ehrlicher Umgang mit PMS viel mehr bewirken kann als jedes noch so stolze Gehabe. Für gewöhnlich bin ich nämlich eine nette Partnerin mit sonnigem Gemüt. Aber manchmal muss ich plötzlich heulen, ganz ohne Grund oder weil das Pinguinpaar in der Doku sein Ei verloren hat oder weil sich gerade alles scheißerer anfühlt als sonst. Der Mann streichelt mir dann über den Kopf und sagt: Keine Panik, das Leben ist schön, das ist bestimmt nur der Eisprung. Am Anfang habe ich auf Prophezeiungen dieser Sorte reagiert wie ein Schaum spuckender Rottweiler. Bis er das vierte Mal in Folge recht behielt, was ich nur weiß, weil meine Perioden App so ein verdammt akkurater Hundling ist. Mein Freund weiß auch besser, wann ich meine Tage bekomme, als ich selbst. Er merkt das einfach. Daran, dass ich vor Hunger nicht nur fluche, sondern richtig gemein und ausfallend werde (er nennt mich dann Chantal Jane). Daran, dass ich mit einem Mal und ohne erkennbaren Auslöser wie von der Tarantel gestochen scheiße bin und in Gefühlsbädern ersaufe, die an Manien erinnern. Auch dann sagt er: Das ist keine Depression und du bist wirklich kein Kackvogel, das ist bloß die dumme Menstruations-Sau. Ich schaue dann jedes Mal auf meine App ( noch 1 Tag) und werde plötzlich wieder ganz selig. Weil da jemand ist, der Einfühlungsvermögen zeigt, statt mich zu mobben, der mir heimlich neue Obs in mein Döschen neben der Toilette legt und findet, dass es ok ist, hin und wieder ein Periodenmonster zu sein. Wahrscheinlich nimmt er meine kleine Aussetzer deshalb so gelassen, weil er mich erstens sehr gern hat und zweitens scheiße froh darüber ist, selbst nicht menstruieren zu müssen.
Klingt eigentlich alles ganz fair und rund, bloß: Was, wenn mal nichts dran ist an der blutigen Theorie? Es kann schließlich auch nicht das gelbe vom Ei sein, jeder Zimtziege wie selbstverständlich PMS zu attestieren, denn vielleicht ist die Zimtziege auch sonst eine Ziege oder einfach nur schlecht gelaunt. Wie alle Menschen das zuweilen nunmal so sind. Mit meinen Freundinnen habe ich mich deshalb auf ein pro-aktives Handeln der gerade Menstruierenden geeinigt, so eine Periode ist schließlich kein Mythos, sondern eine Selbstverständlichkeit, etwas Natürliches, das endlich enttabuisiert gehört. Weil viele von uns jedenfalls zu den launenhaft Gebeutelten gehören, warnen wir uns seit einiger Zeit einfach vor, sollten wir längere Zeit aufeinander hocken. Sogar im Büro. Leute, ich bin heut wieder mit Menstruationskappe unterwegs, also verzeiht mir im Fall der Fälle kleine Seitenhiebe, heißt es dann zum Beispiel. Als Freifahrtsschein gilt diese Regelung aber nicht. Denn wer doof ist, muss sich entschuldigen, immer. Wenn man sich über die eigene dünne Haut bewusst ist, fällt aber sogar das irgendwie leichter. Genau wie das laute Lachen über sich selbst und diesen Meisterstreich von Mutter Natur. Nur meine Bekannte findet das alles überhaupt nicht witzig. Sie hält meine Meinung für Quatsch und PMS für ein selbstgefälliges Gerücht. Ich gönne ihr das. Und halte sie vor allem für vom Glück geküsst.