Wenn noch ein einziges Mal das Wort „Detox“ auf meinem Radar auftaucht, drehe ich durch. Ich finde ja tatsächlich, dass es das Unwort der letzten 5 Jahre werden sollte. Also dem Zeitraum, in dem sich gefühlt „Detox“ und „Superfoods“ das Ja-Wort gegeben haben, um uns ständig daran zu erinnern, dass ein Leben ohne Auszeit nicht mehr möglich ist.
Das Problem dabei: Ich benutze dieses Wort doch selber so gerne. Vor allem um meinem Umfeld mitzuteilen, dass ich für die nächsten Tage oder Wochen raus bin. Raus aus den Wochenendplänen, raus aus dem Burgeressen, raus aus dem Limo trinken und raus aus der Verkostung alkoholischer Getränke. „Ich befinde mich in einer Detoxphase“ ist das wohl einzig gesellschaftlich anerkannte Argument, um sich gekonnt aus sozialen Affären zu ziehen, die einen von Zeit zu Zeit mehr Kraft kosten, als sie uns zurückgeben. Nickendes Verständnis von allen Seiten: Detox. Müsste ich auch mal wieder machen, Pausen machen ist so wichtig. Können wir bitte schnellstmöglich mit diesem Schwachsinn aufhören?
Detox ist für mich ein genauso großer Mythos wie Vorschlafen oder Schlaf nachholen. Man tut damit vor allem eins: Sein Gewissen beruhigen, indem man sich einredet, dass die letzten Wochen oder Monate, in denen man schön nicht auf sich geachtet hat, durch eine kleine Vernunftsphase wieder hergerichtet werden können. Besonders witzig – und da kann ich mich gleich schön selber an die eigene Nase greifen – Detoxphasen sind immer kürze als die Toxphasen. Denn anscheinend kann man ungesunde Ernährung, Feierei, zu wenig Sport, zu viel Stress oder zu wenig Schlaf in sehr kurzer Zeit wieder ausgleichen. Drei bis vier Tage Saftkur oder ein paar Tage vor 23 Uhr ins Bett gehen und schwupps ist der Körper wieder bei 100% Akkuladung. Zumindest glauben wir das.
Statt dem Pingpong-Lifestyle, in dem es nur zwei Extreme gibt, nämlich Tox und Detox, die sich in unverhältnismäßiger Reihenfolge abwechseln und unseren Körper vielleicht um einiges mehr stressen, ist das simple Streben nach etwas mehr Ausgleich doch vielleicht die eigentliche Lösung.
Ausgleich, damit meine ich die generelle Bereinigung unseres Lebensstils und eine gehörige Portion mehr Nachdruck unseren Liebsten gegenüber, wenn es darum geht, die kommenden Wochen im Slow Living Modus verbringen zu wollen. Wer im Alltag regelmäßig kleine Auszeiten für sich einplant und vielleicht nur an jeder zweiten oder dritten sozialen Veranstaltung teilnimmt, verpasst nichts und gewinnt dafür eine Menge. Denn auch mit der Balance zwischen Stress und Freiraum hält es sich wie mit Diäten: Sie mit enorm viel Energie anzugehen, um nach kürzester Zeit wieder zu alten Verhaltensmustern zurückzukehren ist nicht nur kraftraubend, sondern vor allem auch völlig sinnlos. Das einzige, was sich auf Dauer durchsetzt, sind doch langfristige Lösungen. Kleine Schritte, kleine Veränderungen und eine nahezu unmerkliche Umstellung des Lebensstils, hält man nicht nur viel länger durch, es ist auf für den Körper angenehmer und entspannender.
Nach vielen aggressiven Detoxphasen in meinem Leben habe ich mich irgendwie in der goldenen Mitte eingependelt. Soll zum Besipiel heißen: Unter der Woche regelmäßig und genug schlafen, Sport machen und gesund essen und am Wochenende sich nicht so viele Gedanken über alles zu machen. Für mich funktioniert das sehr gut und auch wenn ich es sonst gar nicht so gerne zugeben möchte: Extreme sind eben oft eine sehr schwer durchzuhaltende Art und Weise etwas in seinem Leben zu verändern. Zumindest bedarf es einer Menge Durchhaltevermögen und Disziplin, dessen Kraftverbrauch man mindestens viel besser für etwas anderes einsetzen könnte.
Darauf mit euch einen Chia-Matcha-Acai-Smoothie und ein Glas Zitronenwasser.