Es war verdammt schwer: Neue Stadt, neue Freunde, eine zerbrochene Beziehung und viel Heimweh. Mein Umzug nach Berlin vor knapp einem halben Jahr hat mich mehr Kraft gekostet, als ich dachte und mich von Grund auf verändert. Gelernt habe ich: Ein kompletter Neuanfang ist möglich, aber er braucht Zeit. Vor allem, um ein neues Zuhause zu finden.
Ich erinnere mich oft an den Moment, als das Taxi mit mir und meinem Koffer die Straße meiner Wohnung in Köln verließ. Damals mehr mit einem lachenden, als einem weinenden Auge, denn ich konnte nicht erwarten, meinem Leben einer riesigen Veränderung zu unterziehen. Ich wusste, dass ich flüchtete, aber weder gab es etwas, dass mich in Köln auch nur noch eine Sekunde halten konnte, noch wusste ich mir anders zu helfen.
Wir dachten, es sei eine Beziehung für die Ewigkeit, aber ich wir hatten uns getäuscht. Nach mehr als sieben Jahren, einem Ring am Finger und fast meinen ganzen Zwanzigern, war plötzlich Schluss. Das tut weh, für alle Beteiligten. Ich verabscheue den Satz “die Zeit heilt alle Wunden”, weil die Zeit eher alle Wunden verschließt, als unbedingt heilt. Schmerzhafte Erinnerungen verblassen irgendwann vielleicht, aber sie verschwinden eben nicht.
Es kam auch sonst alles zusammen. Meine zu der Zeit aktuelle Jobsituation hatte mich überirdisch unterfordert und auch meine innerfamiliären Begebenheiten schrieen lautstark nach massiver Veränderung – und nach Flucht. Berlin war die logische Konsequenz und die einzige, die sich uneingeschränkt richtig anfühlte. Zumindest in der Theorie. Ich will nichts schönreden, die ersten Tage waren extrem hart. Heimweh, ein bekanntes Gefühl für mich, aber nicht in dieser Form. Um morgens aufzustehen, brauchte ich fast drei Stunden, mein ganzer Körper tat so wahnsinnig weh, als hätte ich eine Grippe ohne weitere Symptome. Es war, als hätte mich jemand aus meinem alten Leben gerissen und einfach irgendwo ausgesetzt. Auf der Straße brach ich mehrfach in Tränen aus, einfach so und ohne Grund. Ich konnte nicht schlafen, nicht essen, ja eigentlich auch nicht sprechen. Ich fühlte mich, als würde ich schlafwandeln durch Berlin laufen, ohne Ziel und ohne Zeitgefühl. Trennungsschmerz von einem ganzem Lebensabschnitt. Und ich dachte, dieser Zustand würde nie wieder aufhören.
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Es dauerte eine Weile bis ich realisierte: Es wird niemand kommen und mich retten, mich aufbauen, mir helfen oder mich sonst irgendwie weiterbringen. Es gab genau mich selbst und niemand anderen sonst. Ich hatte diese Erkenntnis nicht zum ersten Mal in meinem Leben, aber diesmal war sie am deutlichsten. Es klingt so negativ, so allumfassend, aber ich habe gespürt, dass es eine echte Chance ist. Als Chance zu wachsen und für immer unabhängig zu sein – etwas, was ich nie wirklich war. Daraus schöpfte ich Kraft, enorm und für mich unvorstellbar viel Kraft – vielleicht mehr als ich jemals hatte. Ich schaltete in den sozialen Überlebensmodus und begann mich aufzurappeln. Langsam, aber stetig.
Während ich versuchte mich und mein gebrochenes Herz sozialen Interaktionen zu unterziehen, um nicht völlig zu vereinsamen, war mein Äußeres trotz allem Bergauf weiterhin das komplette Gegenteil von meinem Inneren. Ich fühlte mich leer, einsam und völlig isoliert. Ich hatte das Gefühl, es passierte wochenlang gar nichts. Heute weiß ich, ich war zu ungeduldig mit mir. Was ich brauchte war Zeit, um mich zu sortieren, Zeit neue Freundschaften zu etablieren, mich und mein vergangenes Verhalten zu hinterfragen, mir einen Job zu besorgen und herauszufinden, wann ich eigentlich aufgehört hatte, auf mich selber Acht zu geben oder warum ich nie damit angefangen hatte. Eben Zeit, ein neues Zuhause zu finden – in mir selbst.
Nach sechs Monaten kann ich sagen, dass ich sehr viel mehr zu mir selbst gefunden habe und zu einer Handvoll neuer liebster Menschen um mich herum. Veränderung ist ein Prozess, der bei mir noch eine ganze Weile andauern wird und wenn ich ganz viel Glück habe auch nie aufhören wird. So vieles scheint immer wie ein unüberwindbarer Berg, aber wenn man einmal anfängt zu laufen, ist es gar nicht mehr so weit bis nach ganz oben. Mit diesem Artikel melde ich mich auch gleichzeitig hier bei Jane Wayne zurück. Ich habe die Pause gebraucht, aber auch genutzt und ganz viele neue Themen gefunden, die ich mit euch teilen möchte ❤️
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