Seit ein paar Jahren erfülle ich mir Ende Dezember selbst je einen Weihnachtswunsch; ich bin jetzt schließlich groß und verbiete den allermeisten Menschen ohnehin, mir überhaupt irgendwelche Geschenke zu machen. Trotzdem, das würde ich jetzt einfach mal so behaupten, muss es wohl noch erlaubt sein, pünktlich zum heiligen Abend wieder ein bisschen Kind sein zu dürfen und die Augen leuchten zu lassen. Am besten funktioniert das zwar, und davon gehe ich jetzt einfach mal aus, wenn man zunächst an andere denkt, Winterkleidung abgibt, Aktion Mensch Lose kauft oder etwa die Tanten darum bittet, das Weihnachtsbudget in Spenden umzuwandeln, aber es ist wahrlich nicht so, als wäre meine materielle Wunschliste ein leeres Blatt Papier. Wenn ich nämlich ganz genau darüber nachdenke, könnte ich durchaus einen neuen Bademantel vertragen, das wäre praktisch. Ein klobiges Paar Schuhe könnte ich mir auch zulegen oder vielleicht doch besser neue Bettwäsche? Ersteres wäre unvernünftig und wunderbar, letzteres vernünftig und dringend nötig. Wie auch immer diese Angelegenheit hier ausgehen mag, ich kann zumindest nicht behaupten, dass es mir keinen Spaß macht, imaginäre Listen zu füllen. Zur Hälfte Überraschungs-Inspiration für meine liebsten. Das Buch „Gegen den Hass“ zum Beispiel soll großartig sein und wurde gerade erst mit dem Friedenspreis ausgezeichnet. Und meine Mama sollte sich womöglich tatsächlich mal eine Runde in der Lehre der Klangschalen verlieren und abschalten:
Carolin Emcke, eine der wichtigsten Intellektuellen der Gegenwart, äußert sich in ihrem engagierten Essay »Gegen den Hass« zu den großen Themen unserer Zeit: Rassismus, Fanatismus, Demokratiefeindlichkeit. In der zunehmend polarisierten, fragmentierten Öffentlichkeit dominiert vor allem jenes Denken, das Zweifel nur an den Positionen der anderen, aber nicht an den eigenen zulässt. Diesem dogmatischen Denken, das keine Schattierungen berücksichtigt, setzt Carolin Emcke ein Lob des Vielstimmigen, des »Unreinen« entgegen ― weil so die Freiheit des Individuellen und auch Abweichenden zu schützen ist. Allein mit dem Mut, dem Hass zu widersprechen, und der Lust, die Pluralität auszuhalten und zu verhandeln, lässt sich Demokratie verwirklichen. Nur so können wir den religiösen und nationalistischen Fanatikern erfolgreich begegnen, weil Differenzierung und Genauigkeit das sind, was sie am meisten ablehnen.