Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht, könnte man jetzt einfach mal scharf in den Raum werfen, während man darauf warten würde, was geschieht, wie das Publikum, so ganz im Allgemeinen, reagiert. Was ich sagen will: Es muss allen Beteiligten klar gewesen sein, dass sich die (Mode-)Geister an der jüngst gezeigten Strenesse Präsentation früher oder später scheiden würden. Noch nicht einmal an der Optik, die ist viel zu klassisch, um sich überhaupt daran stoßen zu können, sondern vielmehr am dazugehörigen Titel: „The Future is Female“.
Die einen werden ihn feiern. Audi Zeisler aber, die Verfasserin des Buches „Wir waren doch mal Feministinnen“, hätte aber wie viele andere vermutlich schon in Anbetracht der Namensgebung mit dem Kopf geschüttelt und den Ausverkauf einer ganzen Bewegung betrauert. Vielleicht ja sogar zu Recht. Denn irgendwie, so vermute ich, scheint die Intention, ja die eigentliche Geschichte dieses Ausrufes in den Hintergrund zu rücken, nein, irgendwie egal zu sein – stattdessen zählt nur noch die rohe Aussage: Die Zukunft ist weiblich. Nun. Klingt ja eigentlich ganz gut. Vielleicht bin ich also völlig zu Unrecht skeptisch, denn, da hat Julia ja recht: Popfeminismus kann wichtig sein. Nein, er ist es! Denn Feminismus ist endlich wieder „cool“. In aller Munde. Salonfähig. Und das ist ein gewaltig guter gefühlt vierunddreißigster Schritt in die richtige Richtung. Schade wird es nur, wenn lieber laut gerufen als wirklich gehandelt und eben nachgedacht wird – zum Beispiel über die, die mit dabei waren, als Frauenrechte noch überhaupt rein gar nichts mit Profit zutun hatten. Zum Beispiel Liza Cowen, die „The Future is Female“ mithilfe eines T-Shirts erst groß machte – damit aber dennoch etwas ganz anderes meinte als dreißig Jahre später etwa Cara Delevingne, die im gleichen (geklauten) Aufdruck durch New York spazierte:
Besagtes Shirt nämlich wurzelt im Jahr 1975, als wir noch an einem ganz anderen Punkt standen als heute. Damals eröffneten Jane Lurie und Marille Rios in New York City den allererste Buchladen für Frauen: „Labyris Books“ – das T-Shirt Design wurde eigens für deren Projekt erdacht und später von der lesbischen Fotografin Liza Cowan an Freundin Alix Dobkin, die ihres Zeichens Musikerin war, in Szene gesetzt. Das Bild ist mittlerweile legendär, genau wie der dazugehörige Slogan:
„(…) it has lasted through the decades and is reemerging as an empowering statement for all, as female-identified bodies and rights remain under attack. Inflexibile and compulsory sexual and gender binaries are used to oppress and deny people their humanity and agency. Otherwild believes in an inclusive, expanded and fluid notion of gender expression, identities and feminisms. We support liberation, embrace our trans sisters, and call for the end of patriarchal ideology, domination, oppression and violence. We believe that “The Future is Female” is the past, the present and the future, and is language that resonates.“
Moment mal. Dann ergäbe das Weiterverbreiten dieser wichtigen Message am Ende ja doch noch Sinn. Möglich. Ich stoße mich dennoch an deren Gebrauch, denn ich finde, Strenesse hat Mut bewiesen, Strenesse ist modern geworden, Strenesse hat begriffen, was uns wichtig ist.
Wieso um alles in der Welt also gerade jetzt an fremden Früchten bedienen, statt eigene zu sähen? Oder, was ich mir am allermeisten gewünscht hätte: Wieso nicht einen Titel wählen, der weder „Female“ noch „Feminism“ beinhaltet? Warum können wir nicht einfach so weit sein, im Jahr 2017 eine wunderbare Kollektion wie diese zu zeigen, in der Frauen Anzüge und Kleider und Krawatten und Bundfaltenhosen tragen, kommentarlos, wieso müssen wir dem Gezeigten durch den Titel die Stärke, die Beiläufigkeit, die Selbstverständlichkeit nehmen?
Vermutlich, weil Gleichstellung vielen noch immer große Angst macht, sie aber mindestens verunsichert. Am Ende hat Strenesse also vielleicht doch noch alles richtig gemacht: Drauf schreiben, was drin ist. Damit es auch die Letzten kapieren.
-Alle Bilder: PR –