Haruki Murakami wird gleichermaßen verehrt und belächelt, für mich ist er allerdings ein Held. Der japanische Schriftsteller hat sich mit den Jahren nämlich gehörig in mein Herz geschrieben. „Mr. Aufziehvogel“ und „Mit Kafka am Strand“ sind, wie ich finde, grandiose Werke.
Der letzte Roman, den ich vom mittlerweile 62-Jährigen in die Finger bekam, war „Naokos Lächeln.“ Um ehrlich zu sein, fällt es schwer, das Gelesene in Worte zu fassen – es war weniger die tragische Handlung, welche mich fesselte, als vielmehr all das Gefühl, welches Murakami in jede seiner Zeilen legt. Ob die Verfilmung ebenso überzeugen kann? Ich bin gespannt.
Tiefer seelischer Schmerz erschüttert die Welt zweier junger Menschen, als diese plötzlich mit dem Selbstmord eines gemeinsamen Freundes zurechtkommen müssen. Leichtigkeit und ein sorgloses Leben sind damit für immer vorbei.
Watanabe ist Student und hält sich für recht durchschnittlich, hat hie und da ein Wehwechen, scheint aber noch den stabilsten Charakter aller Protagonisten in sich zu tragen. Denn um ihn herum bildet sich eine Schar skurriler Persönlichkeiten, die im emotionalen Schmerz versinken oder diesem auf exzessive Art und Weise zu trotzen versuchen. Sex, Liebe, das Leben und der Tod bilden die Kernthemen seltsamer Gespräche und Gedankengänge. Erotische Bilder, verstörende Szenen und die immer gleiche Frage: „Wie soll das alles bloß weitergehen?“
Wir hätten da neben Watanabe zum Beispiel noch Nagasawa, den notorischen Fremdgänger, der ein Mädchen nach dem anderen verführt, obwohl er eigentlich schon längst an eine Schönheit vergeben ist.
Midori, eine Mitstundentin und Bekannte, setzt sich regelmäßig nackt vor das Portraitfoto ihres verstorbenen Vaters, um ihm zu zeigen, dass aus seinem kleinen Mädchen inzwischen eine richtige Frau geworden ist. Glück hieße für sie,Watanabe, auf den sie ein Auge geworfen hat, würde während des Onanierens bloß an sie denken. Kizuki hingegen begeht Selbstmord und hinterlässt damit Schmerz, Verzweiflung und Leere. Nach seinem Tod muss seine Freundin Naoko ihr Dasein in einer Nervenklinik fristen. Watanabe lernt sie derweil zu lieben, wenn auch irgendwie vergebens. Ein stänidges Auf und Ab, etliche Briefe, Berührungen, Worte. Irgendwann wird sie ihn verlassen, ebenso wie sie einst verlassen wurde.
Das gesamte Buch ist geprägt von Zärtlichkeit, Ruhe und Melancholie. Trotz pornographischer Passagen sucht man vergebens nach Schmutz. Unschuld, die vom Schmerz gebrochen wird. Junge Menschen, die immer wieder aufstehen, sich allein fühlen, leiden, weinen und dennoch leben wollen. „Naokos Lächeln“ ist eine Liebesgeschichte, die weh tut. Deine Gedanken verknotet. Dich dein eigenes Chaos schätzen lernt.
Am 30. Juni kommt die Romanverfilmung ins deutsche Kino – glaubt ihr, das wird gut?
Danke an meinen lieben Freund Marco für den Tipp!