Serena Williams ist, das kann man schon so sagen, eine Superfrau: Die 36-jährige Tennisspielerin gewann bisher 23 Grand-Slam-Turniere im Einzel, 14 im Doppel und zwei im Mixed. Sie hat zweimal alle vier Grand-Slam-Turniere eines Jahres gewonnen – neben Steffi Graf und Margaret Smith Court ist sie bisher die einzige Frau, die das geschafft hat. Williams hat mehrfach olympisches Gold gewonnen und ist mit bedeutenden Sport-Auszeichnungen nur so überschüttet worden. Ihr Sport hat Williams reich gemacht, sie gehört zu den Sportlerinnen mit dem höchsten Einkommen.
Läuft also bei Serena Williams. Läuft sogar sehr gut. Naja, es lief zumindest so lange, bis Williams eine Tochter, Alexis Olympia, bekam und dafür rund 14 Monate aussetzte. Die Geburt war nicht einfach, sie war sogar sehr schwierig: Erst musste das Baby per Notfall-Kaiserschnitt geholt werden, dann gab es Komplikationen nach der Geburt. In Williams Lungen wurden mehrere kleine Blutklumpen gefunden, ein Bluterguss hatte Williams Bauchraum geflutet. Es folgten mehrere Operationen sowie eine sechswöchige Bettruhe.
Von Platz eins auf Platz 453
Im Februar 2018 kehrte Williams auf den Tennisplatz zurück, ihr letztes großes Turnier, die Australian Open, hatte sie 2017 schwanger gewonnen. Ja, Serena Williams ist eine Superfrau, aber auch Superfrauen sind nicht immun gegen Diskriminierung und Sexismus. Denn weil Williams auf die Teilnahme an den diesjährigen Australian Open im Januar verzichtete, verlor sie die letzten 2000 Punkte im Computerranking der Tennis-Weltrangliste. Bevor Williams ihre mehrmonatige Pause einlegte, stand sie auf Platz eins der Weltrangliste – jetzt wird sie an Platz 453 gelistet. Das bedeutet: Bei den gerade gestarteten French Open in Paris (bei der Williams selbstbewusst im Statement-Catsuit den Platz betrat) wurde sie nicht in die sogenannte Setzliste der 32 besten Spielerinnen aufgenommen und kann somit in der ersten Runde jeder möglichen Gegnerin gegenüberstehen, inklusive den aktuellen Top-Spielerinnen.
Kriegst du ein Kind, bist du erstmal raus – auch im Profisport. Statt Williams an der Stelle des Rankings zu setzen, die sie vor ihrer Pause innehatte, entschied man sich bei den French Open dafür, den Ranking-Regeln des Tennis-Weltverbands WTA zu folgen. Das ist nicht nur unfair, es ist vor allem sexistisch. Denn auch Tennisspielerinnen werden schwanger und bekommen Kinder, aber bisher gibt es keine Regelung, die die Sportlerinnen sowie deren Ranking während einer Babypause schützt. Wer wie Serena Williams ein Kind bekommt, eine Zeit lang aussetzt und dann auf den Tennisplatz zurückkehrt, muss sich mühsam wieder nach vorne arbeiten. Das findet auch die derzeitige Nummer eins der Weltrangliste der Frauen, die Rumänin Simona Halep, lächerlich: „Es ist normal, ein Kind zur Welt zu bringen. Es ist normal, ein geschütztes Ranking zu haben… Meiner Meinung nach ist es gut, das Ranking zu schützen, wenn jemand entbindet.“ Eine Petition mit dem Titel „Serena Williams is punished for having a baby“ fordert derweil die Organisator*innen der French Open auf, ihr System den „Spieler*innen und ihren Lebensentscheidungen“ anzupassen.
Unfair, sexistisch, diskriminierend
In der Vergangenheit mussten bereits Top-Spielerinnen wie die Belgierin Kim Clijsters oder die Weißrussin Victoria Azarenka nach der Geburt ihrer Kinder den Verlust ihres Rankings hinnehmen. Clijsters schaffte es 2009 sogar, als ungesetzte Spielerin nach der Babypause die US Open zu gewinnen. Weder bei Clijsters, noch bei Azarenka gab es damals große Aufregung über das unfaire System, Petitionen und mediale Empörung. Die jetzige Aufregung um Serena Williams ist deshalb vielleicht etwas scheinheilig, etwas aufgeblasen – was aber nichts daran ändert, dass das Ranking-System der WTA und der damit verbundene Umgang mit Müttern unfair, sexistisch und diskriminierend ist.
Das hat die WTA mittlerweile aber wohl auch eingesehen. Derzeit diskutiert sie darüber, Top-Tennisspielerinnen bei der Rückkehr aus der Baby-Pause in die Setzliste aufzunehmen. Dieses Jahr allerdings wird sich wohl noch nichts ändern, eine eventuelle Neuregelung könnte erst 2019 in Kraft treten. Dass sie in Kraft tritt, ist unumgänglich: Auch Top-Sportlerinnen werden schwanger und bekommen Kinder. Sie haben das Recht, diese Entscheidung zu treffen und sie sollten ebenso das Recht haben, dafür nicht bestraft zu werden. So wie Mütter in anderen Berufen auch.