Ich bin mir fast sicher, dass die Copenhagen Fashion Week zu den ästhetischsten Spektakeln dieser Erde gehört, aber nicht nur das – kaum ein modischer Anlass birgt wohl auch mehr Zwischenmenschlichkeit und Wärme. In Dänemark sucht man, meiner Erfahrung nach, vergebens nach Affektiertheiten unter Kolleginnen und Kollegen, ganz im Gegenteil, da dürfte Paris sich gern eine große Scheibe von abschneiden, wenn man mich fragt. Umso bedrückter war ich deshalb also von der Tatsache, abermals absagen zu müssen als sämtliche Einladungen eintrudelten. Drei Mal feste auf den Boden gestampft habe ich da, vielleicht auch vier Mal, aber es half ja alles nichts, weil: Kinderladen-Ferien, ahoi. So ist das nunmal mit den Prioritäten, weshalb ich mich schließlich mit Freibadpommes statt mit feschem Fummel vergnügte. Aus der Ferne sieht das Gezeigte aber beinahe ebenso schmackhaft aus und eine Handvoll Favorten konnte ich sowieso ausfindig machen:
Ganni, Stine Goya, Cecilie Bahnsen und Blanche für das Frühjahr 2019 – los gehts.
Cecilie Bahnsen
In Zeiten des Ugly-Hypes sehnt man sich beinahe wieder nach Mode ohne jede Spur von Ironie, nach Schönem, das genau das sein darf und nichts anderes muss, quasi als fließende, bauchige, flatternde Antipode zu all den Ecken und Kanten. Cecilie Bahnsen zelebriert das Feminine, das Kind in der erwachsenen Frau, die für immer Traumtänzerin bleiben darf und macht sich dabei dennoch nicht lächerlich, sondern zu einer Designerin, die dafür sorgt, dass wir uns in ihrer Kleidung ebenso frei wie stark fühlen können, in unserer Weiblichkeit. Model und Shop-Besitzerin Caroline Brasch hat gerade übrigens in einem Bahnsen-Kleid geheiratet. Herrlich:
Ganni – #Paradis
Wenn ich sage, dass Ganni ganz eindeutig eines meiner Lieblingslabels ist, dann ist das ganz eindeutig wahr; ich würde am liebsten in all den Entwürfen von Ditte Reffstrup und ihrem Team baden. Was eigentlich komisch ist, denn meist bin ich von den Runways Shows überhaupt nicht über die Maße begeistert, aber vielleicht liegt genau in diesem Umstand ja das Geheimnis vergraben, denn der Laufsteg und das Leben, das sind oft zwei unterschiedliche Paar Schuh. Und so kommt es, dass Ganni es immer wieder schafft, auf dem Boden bleiben – auch, weil das Brand uns die Freiheit lässt, jedes einzelne Stück ganz nach unserer eigenen Manier zu kombinieren und damit immer wieder neu zu erfinden. Ja, ich meine das durchweg positiv und nicke eifrig, wenn Reffstrup über die jüngst gezeigte Kollekton sagt, sie erzähle von abenteuererfüllten Sommern und wilder Freiheit. Ich muss es nämlich gar nicht so machen, wie die Models auf den Bildern, viel lieber picke ich mir die Kirschen heraus und setze sie auf meine ganz eigene Torte. Ihr wisst schon. Warum eine Kollektion, die eine Ode an den Sommer ist, so düster ausfällt, fragt ihr euch bestimmt. Die Erklärung wird direkt mitgeliefert: Weil die dänische Designerin uns diesmal mitnimmt, in ihre Vergangenheit, in die 90er, in denen man zum Mondschein-Lagerfeuer Batik Prints, Utility Jackets, Hiking Boots oder Bucket Hats trug, während „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana durch die Nacht schallte. Und: „The collection gets a little darker too, paradis is a concept of the past. It’s hard to think about nature and the future and feel positive. The wilderness is disappearing.“
Stine Goya – A Palazzo
Stine Goya ist eine bewundernswerte Frau und wer sie einmal getroffen hat, wird ihre Aura wohl kaum mehr vergessen können. Vielleicht fiebere ich auch deshalb von Saison zu Saison mit und hoffe außerdem stets darauf, dass sich Stine auf Ewig treu bleiben wird, ohne sich jedoch im Stillstand zu verlieren. Wie sie das jedes Mal meistert, diesen Balanceakt zwischen eigener Identität und Zukunftsmusik, ist mir ein einziges Rätsel. Stine bleibt Stine und doch erfindet sie sich immer wieder neu. Fabelhaft ist das, genau wie die prächtigen Prints, die schnell zum Markenzeichen der Dänin wurden. „Palazzo“ jedenfalls ist eine Hommage an den italienischen Innenarchitekten und Tausendsassa Renzo Mongiardino, der seinerzeit durch die Kunst der geschickten Malerei bombastische Illusionen erzeugte. Exakt aus dieser Welt bedient sich die Frühjahrskollektion 2019, in der Klassizismus, Modernismus und Romantik zu einer harmonischen Einheit zu verschmelzen scheinen:
Blanche
Das dänische Newcomer Label BLANCHE ist ein Geheimtipp, so munkelt man, eine jener Neuentdeckungen, die noch ganz groß werden könnten, oder besser: Sollten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Labels versucht dieses hier nämlich zumindest so etwas wie echte Diversität auf dem Laufsteg ernst zu nehmen – für meinen Geschmack zwar noch lange nicht ernst genug, aber immerhin. Meckern ist immer leicht, deshalb feiere ich stattdessen das hier gezeigte Nachhaltigkeit und auch das augenscheinliche Facettenreichtum, das unter anderem Transgender inkludiert, auf sowas wie Alter pfeift und Religionsfreiheit auf die Agenda setzt. Aber zurück zu Mode: Die fällt bei Blanche tendenziell klassisch aus, wird aber stets mit einer Prise Coolness angereichert. Was da natürlich derzeit nicht fehlen darf: Radlerhosen, jawohl: