Interview // Mirna Funk über ihr Buch „Wo ist Papa?“, schwule Gazellen & Männer, die nicht im Haushalt helfen

Vater, Mutter, Kind – so in etwa sieht die heteronormative Idealvorstellung der Vorzeige-Familie aus. Zwei Kinder? Auch erlaubt. Mehr? Schon fast schwierig. Und die Realität? Die ist natürlich viel bunter. Und schöner! Denn es gibt, zum Glück, nichts, was es nicht gibt. Das wissen wir längst, bloß reden wir noch immer viel zu selten über diese Vielfalt, die doch eigentlich Alltag ist. Und genau so normal. So anstrengend und wunderbar. Untereinander, aber auch mit unseren eigenen Kindern – Mirna Funk will das ändern. Zusammen mit der Illustratorin Maayan Sophia Weisstub hat die deutsch-jüdische Schriftstellerin und Vogue-Kolumnistin endlich ein Kinderbuch geschaffen, das uns vor allem eines lehren will: Ihr seid perfekt so wie ihr seid.

Und so erzählt „Wo ist Papa?“ gleich zwölf Geschichten über die vielen Farben der Liebe. In den Hauptrollen: Löwenmama Lena, die Tochter Ella alleine erzieht, eine polyamoröse Vogelschar, ein schwules Gazellen-Pärchen mit Adoptivschildkröte, ein Single-Dad Falke oder auch die Wölfin, die dank einer Samenspende Zwillinge auf die Welt gebracht hat – ein Fest für alle also, die daran glauben, dass Familie keine Frage der Konstellation ist. Sondern des Gefühls. 

 

Liebe Mirna, vor etwa 2,5 Jahren hast du den Vater deiner Tochter verlassen. Seither bewundere ich dich beinahe mit jedem Tag noch ein bisschen mehr. Vor allem dafür, dass du erhobenen Hauptes sagst: „Ich bin gern alleinerziehend. Unsere Familie ist komplett.“ Hast du schon immer so gedacht, oder hast du eher langsam in die neue Situation hinein wachsen müssen?

Ich musste langsam in diese Situation hineinwachsen. Es hat etwa ein Jahr gedauert. Dieses Jahr war von viel Trauer geprägt. Auch von Verunsicherung. Ich wollte immer – wie viele andere auch – eine Familie. Eine komplette Familie. Eine perfekte Familie. Ich wusste, wenn wir zu dritt bleiben, dann wird diese Familie von außen perfekt aussehen, aber innen drin wird sie es nicht sein. Ich wusste, meine Tochter und ich können mit diesem dritten Menschen nicht glücklich werden. Ich wusste, dieser Mensch wird mich so viel Kraft kosten, dass keine Kraft für meine Tochter übrig bleibt. Aber sie war meine Priorität. Also habe ich mich für unser Glück und gegen den dritten Menschen entschieden.

Ich glaube, es geht den allermeisten Frauen, bzw. Menschen ganz genau so. Immer wieder bekomme ich mit, dass diese Trauer über die „verlorene perfekte Familie“ schon vor einer potenziellen Trennung für Ängste sorgt. Dazu, dass Paare zusammenbleiben, obwohl sie es eigentlich besser wüssten. Mitunter natürlich auch für das „Wohl“ Kinder, aber das steht auf einem anderen, sehr persönlichen Blatt Papier geschrieben. Interessant finde ich hier vor allem den Aspekt der Prägung, der Sozialisation. Wir bewegen uns schließlich in einer Gesellschaft, die sich permanent auf das „Vater-Mutter-Kind“-Bild stützt, es bedient und benutzt, sogar in der Werbung oder in den bekanntesten Kinderbüchern der Welt. Glaubst du, dieser Umstand befeuert besagte Zweifel? 

[typedjs]"Es macht mich wahnsinnig. Weil es überall ist. Das Diktat der hetero-normativen Familie. Ich habe nichts gegen diese Konstellation. Ich lehne nur ab, dass sie ein Diktat ist."[/typedjs]

Absolut. Ich selbst bin ein Scheidungskind. Ich kenne Vater-Mutter-Kind gar nicht aus meinem Leben. Aber natürlich kenne ich diese „perfekte“ Konstellation aus dem Fernsehen, Magazinen, dem Kino, Büchern, der Werbung und den Songs, die meine Tochter aus der Kita mitbringt. Gerade suche ich ein Puppenhaus für ihren Geburtstag. Man muss dieses Haus ja füllen: mit Möbeln und Menschen. Dafür gibt es so Sets und selbst die coolsten Sets bestehen aus Vater-Mutter-Kind. Es macht mich wahnsinnig. Weil es überall ist. Das Diktat der hetero-normativen Familie. Ich habe nichts gegen diese Konstellation. Ich lehne nur ab, dass sie ein Diktat ist. Und die Angst, nicht in der perfekten Konstellation zu leben, führt zu oft dazu, dass viele Frauen in Beziehungen bleiben, ohne darin glücklich zu sein. Ich habe Ettas Vater unter anderem verlassen, weil er sich weigerte, die Spülmaschine auszuräumen. Für mich war es als Feministin unmöglich mit so jemandem zusammenzuleben. 

Aber ich weiß, von diesen Männern gibt es viele. Und sehr viele Frauen, die die häusliche Ungerechtigkeit unkommentiert akzeptieren. Aber nur, wenn wir uns aktiv gegen Zuschreibungen wehren (ich bin keine unglückliche Single-Mum), gegen Ungerechtigkeiten ankämpfen (Haushalt und Familienleben 50/50 teilen, ohne Diskussion) und gegen ein altbackenes Mutterbild vorgehen, wird sich etwas ändern. Ich kann noch so ein grelles „Feminist“ T-Shirt tragen, aber solange ich meinen Partner nicht anschreie, wenn er sich weigert im Haushalt mitzumachen, nicht ökonomisch unabhängig bin und Sexismus einfach zulasse, dann unterstütze ich das System. Wir müssen aber alle – jede Frau und jeder Mann – dafür arbeiten, dass sich Dinge auch wirklich für unsere Töchter und Söhne ändern. Dazu gehört eben auch, darauf zu achten – egal in welcher Familienkonstellation wir leben – unseren Kinder zu zeigen, dass es noch mehr außer Mama-Papa-Kind gibt.

Und genau das machst du. Aufzeigen, dass noch so viel mehr ist! Du zeigst es deinem eigenen Kind und nun auch noch vielen anderen. Mit deinem Buch „Wo ist Papa?“. Wie bist du auf die Idee dazu gekommen? War es auch ein bisschen die Wut darauf, dass die allermeisten wunderbaren Kinderbücher trotzdem noch vergessen, dass es beispielsweise Menschen und Mütter wie uns gibt? Deren Leben ganz einfach anders, aber nicht zwangsläufig schlechter ausschaut?

Es waren zwei Sachen: Zum einen wollte ich, dass die Lebenswelt meiner Tochter und anderer Kinder, die nicht in einer hetero-normativen Familie aufwachsen, in Büchern gezeigt wird. Und zum anderen wollte ich, dass auch Kinder in einer klassischen Familie lernen, dass es mehr als diese Konstellation gibt. Nur, wenn wir das „Andere“ kennenlernen, können wir Toleranz entwickeln.

Welche verschiedenen Familienkonstellationen lernen wir denn eigentlich durch „Wo ist Papa?“ kennen – es sind ja insgesamt zwölf an der Zahl.

Genau. Die Single-Mum Löwin Lena und ihre Tochter. Einen Single-Dad Falken. Eine Wölfin, die durch eine Samenspende Zwillinge bekam. Giraffengroßeltern. Schwule Gazellen, die eine Schildkröte adoptiert haben. Ein lesbisches Tüpfelhyänenpaar mit Kindern, die aber einen männlichen Hausmann haben. Co-parenting Wale. Storchenschwestern. Eine polyamoröse Vogelfamilie und noch einige mehr.

Was war das für ein Gefühl, als du Etta zum ersten Mal all diese Geschichten vorgelesen hast? Und wie findet sie dein Buch? Ich zum Beispiel merke immer wieder, wie viel ich von meinem Sohn lernen kann. Einmal habe ich ein winzig kleines Werk über seine Bananeneltern geschrieben, als Antwort auf all seine Fragen. Wieso sein Papa eine eigene Wohnung hat zum Beispiel und wie es dazu kam. Ich hatte mir heimlich so etwas wie Euphorie erhofft. Aber nichts da. Nur: „Schön. Aha. Ja.“ Nichts Besonderes eben, diese Geschichte. Sondern einfach seine. Da habe ich zum ersten Mal kapiert, dass es oft nicht die Kinder selbst sind, die Vielfalt nicht begreifen, sondern dass sie eigentlich erst durch komische Fragen anderer irritiert werden.

[typedjs]"Deswegen sind solche Bücher so wichtig. Oder eben Filme, Werbung, Magazincover, auf denen man endlich andere Lebenswelten sieht. Damit alle diese verschiedenen Lebenswelten irgendwann als Normalität empfunden werden."[/typedjs]

Etta redet seit Wochen von nichts anderem als von Lena und Ella. Gestern kamen die ersten zwei Bücher zuhause an. Vorher hatte sie noch nichts gesehen außer die Bilder und ich hatte ihr die Geschichte grob erzählt. Sie war total stolz, das Buch in den Händen zu halten. Dann habe ich sie gefragt, ob sie möchte, dass ich es abends vorlese und sie bejahte. Am Abend lagen wir dann beide mit dem Buch zusammen im Bett. Das war für uns beide schon aufregend. Für mich sicher mehr als für sie. Die Geschichte als solche gefällt ihr sehr. Aber klar, sie kann noch nicht abstrahieren, dass sie da 12 nicht hetero-normative Familienkonstellationen sieht. Und es ist genau wie du sagst, dass die Kinder irgendwann glauben, das Mutter-Vater-Kind-Ding wäre Ultimo, hat nur etwas mit der Außenwelt zu tun. Deswegen sind solche Bücher so wichtig. Oder eben Filme, Werbung, Magazincover, auf denen man endlich andere Lebenswelten sieht. Damit alle diese verschiedenen Lebenswelten irgendwann als Normalität empfunden werden.

Gibt es dennoch Momente, in denen du kurz einknickst? Zum Beispiel, wenn andere anmerken, dass da „bestimmt bald ein Ersatz-Papa um die Ecke biegen wird“ oder in ganz banalen Alltagssituationen? Ich muss nämlich ganz ehrlich sein: Den Wocheneinkauf, den fand ich mit Partner, der mit uns zusammen wohnt, durchaus angenehmer. Deshalb habe ich mich sogar schonmal mit einer Träne im Auge vor dem kaputten Aufzug im Hausflur erwischt.

Es ist weird. Ich bin im Moment so extrem glücklich mit Etta und meinem Leben mit ihr. Ich will gar keine Beziehung. Zu niemandem. Das letzte mal Sex hatte ich mit ihrem Vater vor 2,5 Jahren. Ich date nie, weil ich lieber an den freien Abenden, an denen Etta bei ihren Großeltern ist, lese oder Serien bingewatche oder eben schreibe. Aber klar, wenn ich zum Beispiel Bilder von uns Dreien anschaue, dann wünsche ich mir manchmal, das alles ein schlechter Traum war, und Ettas Vater vor unserer Tür stünde. Dabei will ich mit ihm gar nicht zusammen sein. Ich glaube, da klafft Wunsch und Realität auseinander. Also eine Vorstellung von Beziehung und die Beziehung 

als solche. Das ist aber, glaube ich, total normal. Ich wünsche mir auch Millionärin zu sein. Täglich. Wer weiß, wie es ist, wenn ich wirklich eine bin. Wahrscheinlich furchtbar.

Ich kann das alles ganz gut nachfühlen. Gleichzeitig erinnere ich mich aber auch immer wieder daran, wie schrecklich privilegiert wir sind. Also du und ich ja auch. Es ist ein großer Luxus, nicht abhängig zu sein, vor allem finanziell. Das macht natürlich Vieles leichter. „Du hast gut reden“, sagen manche da.

Naja, ich bin mit einer arbeitenden Mutter und zwei arbeitenden Großmüttern aufgewachsen. Das war halt DDR. Für mich ist die ökonomische Unabhängigkeit kein Luxus, sondern Realität. Jede Frau kann sich ökonomisch unabhängig von einem Mann machen. Dafür muss sie aber eben selber sorgen. Das heißt nicht, das gerade alleinerziehende Frauen (und auch die wenigen Männer) nicht radikal diskriminiert werden in unserer Gesellschaft. Es ist mir ein Rätsel wie es sein kann, dass verheiratete Paare ohne Kinder steuerlich erleichtert werden, aber Paare mit Kindern nicht. Trotzdem sind das für mich zwei verschiedene Sachen. Sich selbst zu finanzieren und ökonomisch unabhängig sein, muss für jede Frau oberstes Gebot sein. Nur so lässt sich auch eine gleichberechtigte Beziehung leben.

 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von Where Is Daddy? (@whereisdaddythebook) am

 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von Where Is Daddy? (@whereisdaddythebook) am

 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von Where Is Daddy? (@whereisdaddythebook) am

Da sprichst du noch einen spannenden Punkt an. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Leute sich nicht entscheiden können zwischen „Geh doch arbeiten, heul nicht, ist doch selbstverständlich“ und „Rabenmutter – du arbeitest zu viel, wo bleibt denn da die Zeit für dein Kind?“. Als könne man es niemandem Recht machen. Als sei man stets zu viel oder zu wenig. Natürlich sind das extreme Meinungen, aber welche, die noch immer existieren. Die aufzeigen, dass Stereotype und Vorurteile noch immer kein Schnee von gestern sind. Ich bekomme sogar regelmäßig eMails von Müttern, die mich fragen, wie ich das alles mit meinem Gewissen vereinbare, das Arbeiten und Muttersein und Verliebtsein etwa. Sie fragen mich das in diesen speziellen Fällen, weil sie selbst es nicht ausschalten können – Dieses Teufelchen auf der Schulter, das ihnen zuflüstert, sie dürften ihren Job nicht allzu sehr lieben.

Ich weiß, das gibt es. Aber ich habe das nicht. Ich denke auch nie darüber nach und ich bekomme auch nie ein solches Feedback. Glücklicherweise. Vor Jahren habe ich mal diesen Barbiefeministinnen-Text als Titelgeschichte für den Freitag geschrieben. Damals war ich noch gar keine Mutter und schrieb darüber, dass ich dieses ganze Reden über die Mutterrolle und den Feminismus nicht verstehe. Für mich ist eine arbeitende und ökonomisch unabhängige Frau Standard. Diese Frau hat möglicherweise auch noch ein Kind. Dieses Kind ändert nichts. Nichts am Leben dieser unabhängigen Frau. Ich war gerade 2,5 Wochen in Thailand ohne Etta, um an einem längeren Text zu arbeiten. Weder hatte ich ein schlechtes Gewissen, noch hat das Etta irgendwie gekratzt. Davor war ich drei Wochen mit ihr in Amerika und bin alleine die Route 1 mit ihr runtergedüst. Es wird einfach sehr viel Fuzz ums Kind-haben gemacht. Für mich ist so ein Kind aber eben so natürlich wie einen Job haben oder Pullern gehen. Ich denke darüber nicht nach, ich hinterfrage es nicht, es nervt nicht, es macht mich nicht glücklicher, oder unglücklicher. Ich vermisse nichts. Es schränkt mich nicht ein. Ich liebe meine Tochter bedingungslos und sie ist ein Teil meines Lebens. Mit ihr zu leben ist einfach mega normal. Wir sind ein Team. Wir leben in UNSERER Wohnung. Manchmal denke ich, es ist die eigene Herangehensweise. Es kann nicht sein, dass wir solche Sachen wie „arbeitende Mütter“ überhaupt noch diskutieren oder ihnen sogar Begriffe geben. Das ist geradezu absurd und rückwärtsgewandt. Für mich wirkt es als müsste ich „autofahrende Frauen“ diskutieren. Können die nun einparken oder nicht? Ich meine, hä? Wir müssen Selbstverständlichkeiten selbstverständlich leben. Der Typ räumt nicht die Spülmaschine aus, obwohl er mit im Haushalt lebt? Rausschmeißen! Das mag radikal sein, und vielleicht bin ich das auch. Aber ich glaube, solange wir Dinge, die selbstverständlich sind oder sein müssten, diskutieren, und nicht einfach leben, untergraben wir ihre Selbstverständlichkeit. You know?

Ich kann nur sagen: Danke. Für deine Worte, für dein Mutmachen und deine Radikalität, für dein Buch. Habt ihr euch eigentlich ganz bewusst für Tier-Charaktere entschieden? Ich finde das nämlich sehr klug.

Das mit den Tieren kam eigentlich zufällig. Ich habe ja Etta diese Geschichte von Lena und Ella angefangen zu erzählen und dann kamen eben immer mehr Tiere. Abgesehen davon finde ich diese Erklärbücher mit echten Menschen für Kinder meistens einfach kacke. Es sollte ja Spaß machen und schön aussehen. Und Kinder lieben halt Tiere. Ich übrigens auch. Unsere Tiere rappen, trinken Champagner auf Yachten und lassen sich ne Mani-Pedi machen. Sie sind irgendwie offen und frei und glücklich. Es sollte ein buntes, helles Buch werden. Keine superernste Erklärbibel.

Fühle ich mich da auch angesprochen, wenn ich nicht die Möglichkeit habe, Champagner auf Yachten zu trinken?

Kannst du rappen?

Auch nicht. Obwohl, stimmt nicht. Die Sekte, So High Part 2, das kann ich seit ich die Bundesjugendspiele in der Schule geschwänzt habe, auswendig. Bei der Mani war ich aber nur ein einziges Mal.

Ich mag zum Beispiel keinen Champagner. Da werde ich total gaga von. Die Welt ist groß und bunt. Lena und Ella picknicken in der Wildnis. Ein Agamenboy rappt. Dann baden sie in einer Oase, einmal landen sie zufällig auf einer Yacht. Das eine schließt das andere nicht aus. Manis und Pedis liebe ich allerdings.

Und ich sollte vielleicht damit anfangen, Manis zu lieben. Und Pedis erst. Danke, liebe Mirna!

LESUNG:
Sir Savigny Hotel
Kantstraße 144, 10623 Berlin
16. Dezember / 15 Uhr
– Eintritt frei – 

Foto im Header: Dudy Dayan

30 Kommentare

  1. Tülay

    Dieser Text macht mich sehr traurig. Er ist so gut gemeint, aber so fern der Realität einer alleinerziehenden Mutter mit 2 Jobs, mit denen man gerade so, mehr schlecht als recht über die Runden kommt und sich keine Fehlstunden bei der Arbeit leisten kann 🙁

    Antworten
    1. Mirna Funk

      Liebe Tülay, ich bin eine alleinerziehende Mutter. So wie du. Ich habe sogar mehr als 2 Jobs. Btw. Ich habe ungefähr 6. Ich arbeite seit meinem 16. Lebensjahr rund um die Uhr. Wenn Etta morgens schläft, arbeite ich. Wenn sie in der Kita ist, arbeite ich. Wenn sie nachts im Bett liegt, arbeite ich. Wenn sie an jedem zweiten Wochenende bei meiner Mutter ist, arbeite ich. Der Unterschied ist, ich arbeite sehr gerne, weil ich meine Passion zu meinem Beruf gemacht habe. Ich habe auch gerne ein Kind, weil ich es wollte. Für mich ist es nicht schlimm, beides mit einander zu vereinbaren. Es gibt eine Menge Frauen, die in einer anderen finanziellen Situation stecken. Überall auf der Welt gibt es die. Es gibt Frauen, denen geht es natürlich schlechter als mir, aber auch schlechter als dir. Und? Das macht weder mich noch dich zu einer besseren oder schlechteren Alleinerziehenden. Jetzt habe ich ein Kinderbuch geschrieben. In genau diesen Abendstunden und am Wochenende, wenn andere Leute freimachen. Ich habe gearbeitet: Für alle Kinder in dieser Welt. Um ihnen Toleranz und Offenheit näherzubringen. Es ist mir ein Rätsel, wie man da draus etwas Negatives machen kann. Ehrlich.

      Antworten
      1. Tülay

        „… ich habe sogar 6 Jobs…“ – klar kann man jetzt ein battle beginnen und aufzählen, was noch dazu gehört, ein Leben möglichst gut und finanziell unabhängig zu führen. Es ist toll, dass du als Autorin gut genug verdienst, dir Privilegien und Freiheiten zugunsten eines guten Lebens mit Kind leisten kannst. nur klingt es hier und da etwas wie „Und ihr da draußen jammert nicht rum und reißt euch mal zusammen, fliegt doch auch mal ohne Kind weg!“ Das ist, wie mehrfach in den Kommentaren erwähnt, für die Mehrheit der alleinerziehenden Mütter einfach bei allem fleiß nicht möglich. nicht einmal als Doppelverdiener. Deutschland hat ein großes Problem mit krankmachenden sozialen Ungleichheiten und da können solche Artikel geradezu wie Hohn aufgefasst werden.

        Antworten
  2. Kitty

    Das gefällt mir nicht. Dreierlei.
    Also zum einen – das Buch. Was sind das für Zeichnungen? Warum sehen die so nach Filzstiftgekrakel aus? Bestimmt Geschmackssache, aber mich spricht das echt NULL an.
    Und dann: wäre es denn so schlimm, wenn EINE der vorgestellten Familien „hetero-normativ“ wäre? Ist ja schließlich auch eine mögliche Konstellation. Auch wenn ich zunehmend das Gefühl bekomme, dass man als Frau mit Kind UND Mann in eher intellektuellen oder feministischen Kreisen zunehmend zur Außenseiterin gemacht wird. Als wäre man so eine Art Sklavin.
    Manchmal – und dieser Kommentar mag jetzt viel einstecken müssen – kommt es mir so vor, als müssten Frauen, die aus welchen Gründen auch immer nicht mit ihrem Partner zusammen bleiben konnten, Frauen, bei denen es anders lief, ein bisschen runterputzen. Wozu auch immer. Ich meine, selbst Mirna Funk gesteht ja, dass sie sich dieses Familiending ursprünglich anders gewünscht hat. Hieße denn das nicht: Applaus für alle, die es hinbekommen (möchten), eine klassische Familie zu leben? (UND auch Applaus für alle anderen Konstellationen?)
    Ich als recht frisch gebackene Mama finde es außerdem ein bisschen frech, wenn eine Frau, die offensichtlich die (finanziellen) Möglichkeiten dazu hat, mir erklärt, es wäre als Mutter so easy, allein nach Thailand zu fahren oder mit Kind durch Amerika. Anscheinend hab ich dann die falsche Einstellung, denn so läuft es bei mir – trotz Papa (oder gerade WEGEN ihm?) gerade ganz und gar nicht…

    Antworten
    1. Julia

      Liebe Kitty,

      Ich verstehe diesen Text ein bisschen anders als du. Es geht nicht darum ob das eine oder andere Familienmodel das bessere ist, es geht darum das man den Lebensweg der anderen akzeptiert und nicht verurteilt soll. Alle Familienmodele sollten als normal und vorallem wertvoll gelten.
      Weder Nike noch die Autorin sagen das eine Mutter, Vater, Kind Konstellation schlechter ist. Die Punkte die wichtig sind, sind folgende:

      1) Wenn man sich als Paar für ein Kind entscheidet, bedeutet das 50/50 verwantwortung und auch Arbeit. Ebendies gilt meiner Ansicht nach auch für die Berufstätigkeit, unabhängig von Beruf oder Gehalt.

      2) bezieht sich auf meinen letzten Satz aus Punkt Eins, sollte eine fianzelle Abhängigkeit vermieden werden um sich Entscheidungsfreiheit zu behalten. Das gilt natürlich auch für unsere männlichen Genossen. Sonst funktioniert 50/50 nicht!

      3) drittens und das finde ich den wichtigsten Punkt, steuerrechtlich ist es eben immer noch ein bashing, für andere Lebensmodele als verheiratet Vater Mutter Kind. Es nennt sich Ehegattensplitting und ist unfair, den Das Kind sollte den Steuervorteil ausmachen nicht die Entscheidung das ich verheiratet bin. Am Rande: das Ehegatten Splitting verhindert vielfach das vorallem Frauen in ihren Beruf zurückkehren, weil sich nur eine Vollzeit Stelle steuerlich lohnt.

      Ich finde es ehrlich gesagt schade das du dich angegriffen fühlst. Feminsmus bedeutet nicht das jemand für seine Entscheidung verurteilt wird, Feminsmus bedeutet das jeder seinen Weg selbst entscheidet.

      Ich lebe Übriges auch in einer schnöden heterosexuellen Beziehung. Und fühle mich nicht angegriffen. Ich nehme ehr für mich mit das ich mehr im Haushalt tun sollte um wieder mehr Gleichgewicht herzustellen :)! Danke dafür

      Eine kleine Kritik zum Buch habe ich trotzdem: ich finde wie schon ein paar vorkommentare geschrieben haben, dass auch das “normale” Modell Erwähnung finden sollte, eben als Vergleich. Aber ich gehe ja fast davon aus, das es erwähnt wird und aus Selbstverständlichkeit im Artikel keine Erwähnung findet.

      Super Artikel
      Eure Julia

      Antworten
      1. Kitty

        Ist aber auch irgendwie ein Diktat, diese unbedingte finanzielle Unabhängigkeit, oder?
        Ich bin z.B. zur Zeit verdienstlos, weil im zweiten Jahr in Elternzeit und finanziell komplett abgängig von meinem Mann.
        Die Entscheidung, für mein Kind vorerst nicht zu arbeiten ist jetzt also doof und unfeministisch von mir?

        Ich will eigentlich gar nicht so stänkern, ich find die Inhalte des Buches super, mir gefällt nur Mirna Funks radikale und demnach auch irgendwie intolerante (und ein bisschen weltfremde) Haltung nicht.

        Antworten
        1. Ani

          „Die Entscheidung, für mein Kind vorerst nicht zu arbeiten ist jetzt also doof und unfeministisch von mir?“
          Nee, Kitty. Das hat hier niemand gesagt. Also, außer dir.
          Vielleicht horchst du ja nochmal in dich hinein und fragst dich, woher dieser Beißreflex kommt? .

          Antworten
          1. Kitty

            Mach ich mal, auf jeden Fall.
            Ich hör aus dem Interview aber einfach raus, dass jede Frau, die es nicht einfach findet, Mutter zu sein, obwohl sie es gerne ist, die Probleme damit hat, Kind und Beruf unter einen Hut zu bekommen und die für das Zusammenleben mit dem Partner bzw. Mann bereit ist, Kompromisse einzugehen und sich abhängig zu machen, eher negativ betrachtet wird.
            Das kann aber selbstverständlich mein Ding sein. Ich fühle mich auch ein bisschen als Stänkerer missverstanden und muss anscheinend meine Wortwahl und Haltung mal kritisch hinterfragen.

  3. Katja

    Ich finde die Buchidee toll. Und es geht doch gar nicht darum heteronormative Familien runterzumachen, sondern Alternativen zum klassischen Familienmodell auch in Kinderbüchern aufzuzeigen. Eine heteronormative Familie ist wohl auch im Buch enthalten… Für diese Familien gibt es allerdings sowieso schon gefühlt tausend Kinderbücher. Insofern sind doch Alternativen mehr als willkommen. Ich bin übrigens selbst in der klassischen Familienkostellation aufgewachsen und habe auch selbst eine solche, dennoch empfinde ich die Situation am Kinderbuchmarkt bisher sehr einseitig.

    Antworten
  4. Pingback: Cherry Picks #41 - amazed

  5. Elisa

    Liebe Tülay, liebe Kitty,

    Danke für eure Kommentare.
    Genau diese Gedanken hatte ich auch. So fern der Realität und warum ist nicht eine Familie dabei, die ‚hetero-normativ‘ ist?

    Meine Tochter ist auf den Tag genauso alt wie Etta, ich kann es mir nicht leisten 2,5 Wochen ohne sie nach Thailand zu fliegen. Finanziell nicht und weil niemand in der Zeit auf meine Tochter aufpassen könnte.
    Mirna ist in der privilegierten Lage Etta ein paar Wochen bei ihrer Mama lassen zu können, der sie ihre Tochter ursprünglich ‚keine Sekunde‘ anvertrauen wollte.
    Daher ist es möglich zu sagen, dass ihre Tochter sie nicht einschränke.
    Fern der Realität der allein alleinerziehenden Mama.

    Antworten
    1. Mirna Funk

      Liebe Elisa, es gibt selbstverständlich eine hetero-normative Familie im Buch. Das kann man auch überall nachlesen, wenn man sich mit dem Buch ein bisschen beschäftigt. Wie von mir angemerkt, geht es hier um kein Familienmodell-Bashing, sondern um ein Öffnen der Weltsicht. Dazu gehört auch, neue Situationen an alte Entscheidungen anzupassen. Ich wollte meine Tochter nicht nur mit mir aufwachsen lassen und habe intensive Gespräche mit meiner Mutter gehabt, zu der ich nach wie vor ein distanziertes aber höfliches Verhältnis habe. Etta liebt ihre Großeltern und das ist alles, worum es letztlich geht. Meine Position zu meiner Mutter ist irrelevant. Ich arbeite als freie Autorin & Beraterin. Ich kann von jedem Platz in dieser Welt Geld verdienen. Ich arbeite seit meinem 16. Lebensjahr und finanziere mich alleine. Privilegiert ist das nicht. Überhaupt nicht. Es ist auch nicht privilegiert als Frau zwei Wochen auf Geschäftsreise zu sein. Sind Väter privilegiert, die das machen? Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.

      Antworten
      1. Leonie

        Ich würde sagen, privilegiert heißt hier: Beruflich und privat das machen zu können, was man will. Auswahlmöglichkeiten zu haben.
        Für die eine mag das Geschäftsreise in Thailand sein, für die andere daheim bleiben können.
        Schlimmer geht immer und besser auch. Ist doch irrelevant.
        Relevant ist, dass ökonomische Unabhängigkeit jeder Frau absolut wünschenswert, aber noch lange keine Realität ist. Und dann tut das wohl manchmal einfach ein bisschen weh für die Betroffenen.

        Antworten
      2. Sara

        Liebe Mirna,
        in deinem Text ist nicht direkt erkennbar, dass du die 2,5 Wochen geschäftlich in Thailand verbracht hast; vielleicht auch, weil du direkt danach an den Urlaub in den USA anknüpfst. Es liest sich, als seist du nach Thailand geflogen „um mal rauszukommen (aus dem Alltag mit Kind), zur Ruhe zu kommen, in Ruhe an einem Text zu tippen“ – jedenfalls bekam ich dieses Gefühl so übermittelt und sicherlich auch andere Leser*innen.

        Weiter oben sagst du als Antwort auf eine Kritik: „Der Unterschied ist, ich arbeite sehr gerne, weil ich meine Passion zu meinem Beruf gemacht habe.“ Der Unterschied.. Damit implizierst du, dass andere alleinerziehende Mütter / Väter, die dem Stress und Druck des Alltags wenig bis gar nicht standhalten können, ihren Beruf nicht lieben oder lieber weniger arbeiten würden. Ich habe keine Kinder und erlebe mich dennoch oft in der Situation, dass einfach alles zu viel ist. Und das, obwohl ich meinen Job (Schichtdienst, vergleichsweise schlecht bezahlt, psychischer Druck) ausgesprochen liebe! Ich liebe meine Arbeit von ganzem Herzen und dennoch wird mir ganz schlecht, wenn ich nun daran denke, dass ich auch noch ein kleines Menschlein zu versorgen hätte. Weil ich es allein schon zeitlich gesehen kaum packen könnte.

        Versteh mich da nicht falsch, Hut ab, dass du deinen Job und dein Mutter-Dasein so gut gestemmt bekommst, ehrlich. Aber ich glaube die wenigsten können sich damit identifizieren. Und das nicht, weil diese anderen Mütter / Väter ihren Arbeit nicht mögen. Sondern, weil es einfach eine extreme Herausforderung ist und nicht jede*r auf Großeltern zurückgreifen kann (ob man zu diesen dann wiederum ein liebevolles oder sachlich-distanziertes Verhältnis hat, spielt dafür keine Rolle).

        Es ist traurig, dass das so ist! Es muss viel mehr alleinerziehende Eltern geben, denen der Weg einfacher gemacht wird, damit auch alleinerziehende Mütter / Väter sich beruflich verwirklichen können. Du, Mirna, kannst stolz auf deinen Werdegang sein, Respekt. Aber viele andere Menschen bekommen das eben nicht so hin, aus unterschiedlichsten Gründen. Und für diese Menschen wirkt das realitätsfern, das kann ich sogar als kinderlose Frau absolut nachvollziehen!

        Liebe Grüße
        Sara

        Antworten
        1. Lisa

          Liebe Sara,
          eine Sache stößt mir hier auf: in dem Text, zumindest in dem Interview ist total klar erkennbar, dass das in Thailand kein Urlaub war. Es steht ja dort, sie sei dagewesen, um an einem längeren Text zu arbeiten. Da Mirna Funk Autorin ist, verstehe ich nicht so ganz, wie das nicht klar sein kann? Aber: Es gibt sicher auch viele Autor*innen, die sich einen solchen Aufenthalt in Thailand zum Schreiben nicht leisten können. Muss man das dass deswegen verurteilen. Ich glaube nicht. Man könnte sich das ja auch zum Vorbild nehmen und sagen: Da will ich hin, so will ich auch meine Texte schreiben.
          Einige allgemeine Überlegungen: Ich glaube auch, dass Mirna Funks Position hier einfach das falsche Feindbild ist. Zudem sie auch insofern nicht „realitätsfern“ ist, als das es ja Funks Realität ist. Also, das wovon sie spricht hat sie ja längst verwirklicht. Und wenn sie sich jetzt hinstellt und sagt: Frauen müssen ihr eigenes Geld verdienen, um wirklich unabhängig zu sein, dann finde ich das erstmal relativ logisch. Ich frage mich dann: Die Wut, die man da spürt oder die Verzweiflung, ist das vielleicht weniger Wut auf die Position der Autorin als denn auf den Rahmen, an den diese Position geknüpft ist? Was ich damit meine: Wenn wir nicht in dem System leben würden, in dem wir Leben und wenn der neoliberale Kapitalismus uns nicht die Existenz unterm Arsch wegziehen würde, dann müssten wir alle viel weniger hustlen. Das wäre – soweit es mich angebelangt – sehr schön. Aber leider sind wir nicht an diesem Punkt und vielleicht werden wir dort auch nie mehr ankommen. Und bis dahin ist die wirkliche Unabhängigkeit von Personen an bestimmte Parameter geknüpft. Zum Beispiel an finanzielle Belange.

          Antworten
        2. Mirna Funk

          Liebe Sara, ich sage im Interview „2,5 Wochen in Thailand, um an einem längeren Text zu arbeiten“. Aber klar, vielleicht übersieht man das. Wichtig ist, ich habe weder geerbt noch im Lotto gewonnen. Alles, was ich tue, erarbeite ich mir hart seit mittlerweile 22 Jahren. Für mich und für meine Tochter. Darüberhinaus versuche ich einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Das steckt so in mir drin. Keiner muss das tun, ich kann nicht anders. Ich habe die ersten 1,5 Jahre nach Ettas Geburt ganz alleine gestemmt und Etta einfach zu jeder Lesung und jedem Podium mitgenommen. Ich freue mich auf den Tag, an dem sie sechs wird und sie dann einfach im Publikum sitzen kann. Bis heute nehme ich sie überallhin mit, wo ich arbeiten muss und organisiere dort Betreuung oder fordere sie vom Veranstalter. Ich nehme sie aber auch zu Dinnern, Empfängen, ins Museum. Letzte Woche musste ich zu einem Empfang der Deutschen Botschafterin in Tel Aviv. Keiner war da mit Kind, nur ich. Weil ich finde, dass Etta dazugehört. Und genau darum geht es mir auch, wir müssen mehr einfordern, auffordern, erkämpfen. Wir müssen selbstverständlicher mit Kindern leben.

          Hab keine Angst davor, ein Kind zu bekommen. Man schafft alles mit Kind, weil es so toll ist, eines zu haben.

          Ich werde wie jede andere Alleinerziehende* in diesem Land benachteiligt. Aber ich schreibe und schreie dagegen an so oft es geht. Das, was mich unterscheidet, ist, dass ich ökonomisch unabhängig war und immer geblieben bin. Das macht mich nicht privilegiert. Es macht mich lediglich zu einer ziemlich hart arbeitenden Frau, die Kinderhaben total locker sieht. Das ist eine Einstellungsfrage. Weil ein Kind zu haben immer anstrengend ist. Ich sage mir aber nicht jeden Tag „Oh Gott, es ist so anstrengend“, sondern „Oh Gott, nur noch 15 Jahre, dann zieht sie aus.“ That’s it.

          Ich verstehe, wenn man das so nicht sehen kann. Aber mich dafür zu verurteilen, dass ich es so sehe, ist ziemlich weird. Ich fahre ja auch morgens und abends zur Kita. Unter demselben Zeitdruck. Aber ich nenne es nicht „hetzen“, sondern „kurz mal hindüsen“.

          Antworten
          1. Julia

            Liebe Mirna,

            Ich finde das du alles richtig machst.
            Das du dich dafür rechtfertigen musst, zeigt ehr das unsere sogenannte offene, gleichberechtigte Gesellschaft, viel Arbeit vor sich hat.

            Meine eigene Mutter würde übrigens zum Thema Berufstätigkeit und Kinder sagen: eine glückliche Mutter die arbeitet macht ihr Kind glücklicher, als eine die unglücklich zuhause ist.

            Lass dich nicht ärgern
            Julia

          2. Sara

            Danke für deine Antwort, Mirna.
            Eigentlich wollte ich dich gar nicht in die Situation bringen, dich rechtfertigen zu müssen, denn rechtfertigen muss sich sowieso niemand für ihren / seinen Lebensweg und die damit verbundenen Entscheidungen. Sorry dafür.
            Vielleicht ist es der Punkt, dass man in vielen Branchen gar nicht die Möglichkeit hat überhaupt darüber nachzudenken das eigene Kind zur Arbeit zu bringen. Bei mir z.B. ist das unmöglich und ich möchte behaupten, in jedem anderen durchschnittlichen Angestelltenverhältnis ist das nicht möglich. Selbständigkeit und Home-Office bieten da tolle Möglichkeiten, denke ich. Was deinen Job nicht weniger anstrengend macht! Das möchte ich damit nicht sagen. Aber ich z.B. muss mir freinehmen, wenn ich einen Arzttermin habe, ich kann nicht mal eben davon huschen und dann wiederkommen.

            Wie schon bei anderen Kommentaren gelesen, stimme ich zu, dass dieses gesellschaftliche Problem fälschlicherweise an dir „ausgelassen“ wird. Du kannst nichts dafür, dass unsere Gesellschaft so ist, wie sie ist, dessen bin ich mir natürlich bewusst.

            Und zu dem eigentlichen Thema dieses Artikels: dein Buch ist ein wahnsinnig guter Ansatz! Coole Idee.

            Alles Liebe, Sara

  6. katha

    Ich frage mich eher: Warum bewertet ihr so hart? Warum vergleicht ihr euch und kommt dabei zu so negativen Ergebnissen?

    Hier ist eine Frau, die ganz offen aus ihrem Leben, ihren Gefühlen, ihrem Scheitern berichtet – und wie sie das Beste für sich und ihr Kind herausholt. Die noch versucht, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, in dem sie ein Kinderbuch herausbringt, wo sie bisher einen Mangel sieht. Ich finde das stark und mutig.

    Ich wünschte mir, dass wir Frauen uns alle viel mehr unterstützen würden, unsere Geschichten erzählen, als uns in unserer Unterschiedlichkeit auch noch fertig zu machen. Seid stolz auf euch alle.

    Antworten
    1. Maike

      Danke Katha, sehe ich genauso.
      Hier wird teilweise sehr harsch geurteilt und ich verstehe den Grund dafür gar nicht. Geht es nicht genau darum unterschiedliche Lebensmodelle alle gleich zu akzeptieren und nicht eins schlechter als das andere zu machen. Oder jemanden abzuwerten, weil er es sich „leisten kann“ zwei Wochen ohne andere (auch ohne Kind) zu verreisen, egal ob beruflich oder privat. Warum muss man sich hierfür denn rechtfertigen?
      Ich habe auch den Eindruck, dass hier eine Wut, die vielleicht eher das System (neoliberale Kapitalismus) und die immer noch herrschende Ungleichheit der Geschlechter betrifft, auf Mirna gelenkt wird.

      Antworten
      1. Anna

        Ich wundere mich auch über die Härte gegen Mirna. Eigentlich geht es ja um ein ziemlich tolles Buch, dass Kindern eine (leider erst zum Teil ‚unsere‘) liberale, tolerante Welt aufzeigt.
        meiner Meinung nach zeigt sich hier leider wieder, dass unzufriedene Menschen (aus welchem Grund auch immer diese herrührt) andere runterputzen müssen, denen es augenscheinlich besser geht und die dies auch ausdrücken. Ich persönlich freue mich für jede und jeden und alle dazwischen denen es gut geht, die Spaß am Leben haben und dieses gestalten können. Und Mirna setzt sich obendrein noch für mehr Gleichberechtigung ein. Wie kann man da dagegen sein?

        Antworten
  7. Lisbeth

    Danke, Mirna, für einen sehr ehrlichen Einblick in dein Leben und für eine für mich persönlich sehr spannende und vor allem unaufgeregte Sichtweise auf so manche Dinge.
    Insgesamt finde ich kritische Stimmen immer sehr angebracht, hier werden aber Mutmaßungen gemacht und Thesen aufgestellt, die mich echt wundern: Scheinbar hat keine von euch das Buch gelesen. Ihr geht dennoch alle davon aus, dass das heteronormative Familienmodell darin nicht vorkommt? Das lese ich hier in jedem zweiten Kommentar.
    Und mal abgesehen davon, dass ich es toll finde, dass Mirna die Kommentare beantwortet, sollte sie sich doch nicht für ihr Privatleben rechtfertigen müssen!

    Antworten
  8. Fine

    Abgespeichert unter Interview des Jahres. Find ich einfach inspirierend, ohne Kinder zu haben, einfach nur als radikalen sein eigenes Ding durchziehen. Das lese ich nämlich aus jeder Zeile.

    Antworten
  9. Ani

    Ich bin echt sehr überrascht von einigen Kommentaren.
    Anderswo hätte ich sie so oder so ähnlich vermutet, aber nicht hier im Blog.
    Es ist immer wieder wahnsinnig interessant, dass sich Menschen, die in der Mehrheit sind und für die fast alles in unserer Gesellschaft ausgerichtet ist, sofort angegriffen oder absurderweise gar ausgeschlossen fühlen, wenn es mal um andere, eher wenig beachtete Lebensmodelle geht.
    Ich bin z.B. bi und während meiner Beziehung zu einer Frau wurde ich auf einer Feier gefragt, ob ich Ehemann oder Partner hätte. Als ich antwortete, dass ich eine Partnerin habe, wurde die Stimmung ganz komisch und später musste ich mit von einer Bekannten anhören, dass einige der Meinung waren, ich würde allen „meine sexuelle Orientierung aufdrücken“ und mich „wichtig machen“ – nur um deutlich zu sein, bis auf den Satz mit der Partnerin (der nun mal der Wahrheit entsprach und somit eine vernünftige Antwort auf die mir gestellte Frage war) habe ich NICHTS zum dem Thema gesagt!
    Ähnliches passiert mir auch als Vegetarierin häufig. So bald die Leute das spitz kriegen, fangen sie ein (meist unerwünschtes) Gespräch mit mir an, wollen wissen, warum ich kein Fleisch esse und fangen an, sich zu rechtfertigen oder sogar sich sogar ein bisschen in Rage zu reden und ich denke mir immer nur „iss doch was du willst und lass mich in Ruhe“… naja, verrückte Welt und es gibt offensichtlich noch sehr, sehr viel zu tun. Denn selbst wenn es keine „normale“ Familie im Buch gäbe (was es aber tut!), wäre das in Ordnung – es gibt nämlich ein Meer voller heteronormativer und konventioneller Kinderbücher, aus denen man auswählen kann!

    Antworten
  10. Elisa

    Liebe Mirna,

    schön, dass Du mir geantwortet hast.
    Das wurde aus meinem Kommentar nicht deutlich: auch ich bin alleinerziehend, ab der ersten Sekunde schon. Daher wäre ich die Letzte, die mit zweierlei Maß messen würde und Vätern eine Geschäftsreise gönnen würde, Mamas jedoch nicht.

    Um was es mir ging: dass Du schreibst, dass ALLES mit Kind vereinbar wäre. Das stimmt sicherlich für Dich, weil du das Privileg besitzt, dass deine Mama in Berlin ist und auf Etta aufpassen kann. Und dass Etta scheinbar problemlos auch lange Zeit bei ihr bleibt.

    Ich habe oft das Gefühl, dass vieles nicht mit Kind zu vereinbaren ist. Gestern zum Beispiel, als Freundinnen abends auf ein Konzert gingen. Ich kann nie mit. Wer sollte auf meine Tochter aufpassen, wenn die Freundin, bei der sie bleiben würde, diejenige ist, mit der ich doch gerne weggehen würde?
    Das ist ok für mich, weil ich meine Tochter auch über alles liebe. Mich für sie entschieden habe, obwohl ich wusste allein mit ihr zu sein. Richtig allein, da meine Eltern in Bayern sind und demensprechend leider auch ihre Weltanschauung ist.
    Auch ich arbeite seit ich 17 bin, auch jetzt in Vollzeit sogar. Daneben schreibe ich meine Masterarbeit abends und nachts während meine Tochter schläft.
    Auch ich bringe meine Tochter jeden Tag zur Kita. Allerdings haben wir über eine Stunde Fahrt vor uns mit Bus, S-Bahn und wieder Bus. Also nichts mit ‚kurz mal hindüsen‘.

    Es sind die Umstände, die es Dir ermöglichen alles mit deiner Tochter vereinbaren zu können. Das ist für die Mehrheit der allein alleinerziehenden Mamas nicht so, obwohl viele genauso hart arbeiten wie Du. Da bist Du kein Einzelfall, als den Du Dich teilweise präsentierst. Mir kommen manche Deiner Aussagen arrogant vor, obwohl ich fast sicher bin, dass Du gar nicht so bist.

    Einen schönen Geburtstag für Etta am Freitag.

    Antworten
  11. Jen

    Meinen größten Respekt an Mirna Funk für den Mut, so offen und direkt über so wichtige Themen zu sprechen. Ich bin sicher, einiges formuliert sie bewusst so extrem, aber es zeigt auch die Missstände deutlich auf, in denen wir leben. Und zwar auf allen Ebenen.

    Es ist aber doch auch interessant zu lesen, dass sich die meisten Frauen wieder mal angegriffen fühlen anstatt anzuerkennen, dass sie eine Wahl und eine Stimme haben. Ich zum Beispiel lebe in einer Hetero-Ehe mit 2 Kindern und es ist natürlich weit davon entfernt, alles perfekt zu sein. Surprise! So ist Leben. Aber mir helfen diese Art von Interviews trotzdem sehr, anstatt zu frustrieren. Denn ich freue mich immer über starke Frauen, die den Mund aufmachen und mir Futter zum Nachdenken geben. Jeder kann aus diesem Interview etwas für sich mitnehmen, im Guten wie im Schlechten. In jedem Fall schärft es die eigenen Werte, Position im Leben. Das ist doch toll! Hört doch mal alle auf, euch zu vergleichen und „den Fehler“ immer beim anderen zu sehen.

    Es wird IMMER IMMER Menschen geben, die es besser haben als man selbst. Aus welchen (un-)gerechten Gründen auch immer. Diese Menschen zu verurteilen oder abzulehnen, hilft euch aber rein gar nicht. Das ist so passiv und wertet einen selbst ab. Aus Jammern wächst nichts Gutes. Die Umstände sind oft hart, ja, es ist nunmal keine gerechte Welt. Aber so lange man ein gesundes Kind und Freunde hat, geht es einem noch verdammt gut. Und es gibt so viel Solidarität und Möglichkeiten! Sogar hier. Es wird ja offensichtlich zugehört und diskutiert.

    That being said, liebe Mirna, ich hätte das Interview genauso inspirierend gefunden ohne etwas über dein Sexleben zu erfahren. Das ist keine Kritik, ich finde nur, es geht uns Leser gar nichts an und betrifft einen sehr privaten Bereich, den ich an deiner Stelle schützen würde, aus Prinzip. Ganz bestimmt war auch das eine bewusste Entscheidung, ich wollte nur das Feedback geben, es muss nicht immer alles raus, um verstanden zu werden.
    Liebe Grüße, an alle!

    Antworten
  12. Suzie

    Naja – ich verstehe die Kritik schon ein wenig. Es werden hier im Blog immer die kreativen „Hochglanzmütter“ vorgestellt. Sicher, weil es interessanter ist & die Instagram Bilder schicker aussehen. Aber wie wäre es dann mal mit der Kellnerin-Mutter, der Postbotin-Mutter oder der Floristin-Mutter?!

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr von

Related