Die Sache mit dem ACNE-Hype | Resort 2012 Collection

10.06.2011 Wir, Leben, Allgemein, Mode

Mode ist Geschmackssache. Farben können gefallen oder eben nicht, Schnitte das Auge ansprechen oder Kotzbröckchen den Rachen hochtreiben. Qualtität darf beim Blick auf das Oberflächliche nicht vernachlässigt werden, aber auch Preiswertes kann hübsch aussehen. Das geschulte Auge erhebt für sich dennoch den Anspruch, Gutes von Schlechtem unterscheiden zu können.

Trotz der Tatsache, dass ich aufgrund meines Studiums eigentlich Ahnung haben müsste, liegt der Fokus meiner Kritik diesmal eher auf den Nebensächlickeiten der neuen Ressort-Kollektion des schwedischen Brands Acne, als auf dem Gezeigten an sich. Denn nein, mit meinen 23 Jahren bin ich sicher kein Profi in der Beurteilung neuer Entwürfe und großer Designer. Auch ich habe bloß zwei Augen. Und einen Bauch, der mir sagt, dass da irgendwas falsch läuft.

Was Chefdesigner Johnny Johansson seinem New Yorker Publikum am gestrigen Abend für die Zwischenkollektion des kommenden Frühjahrs aufgetischt hat, schmeichelt dem Sehnerv, keine Frage. Pastelltöne wie Minze und Himmelblau treffen auf die Trendfarbe der Saison: Orange. Senfgelb liebäugelt mit 70er-Jahre Aqua, Denim wird zerrissen und Lagen munter übereinander gestapelt. Kleid über Jeans, Weste über Bubi-Bluse, usw. „Downtown Young Jeans Girls“, nennt Johansson diesen Look, der Unschuld mit Urbanität vereint, Volumen groß schreibt und einen Hauch Taschenrechner-Mädchen-Attitüde mit einbringt.

Was wir sehen, gefällt. Vielleicht sogar sehr. Aber ich werde das Gefühl nicht los, das viele das Denken hinsichtlich des Brands Acne einfach sein lassen. Denn ja, das Label hat durchaus schon Entwürfe gezeigt, die sich jenseits von Avantgarde, Geschick mit Nadel und Faden oder platter Schönheit bewegen. „Dieses Teil von Acne da ist furchtbar hässlich“, würde sich dennoch kaum einer wagen auszusprechen. Es gehört in Bloggerkreisen inzwischen dazu, Marken wie Stine Goya und Acne atemberaubend zu finden. Eigentlich könnte sich man sich eine Augenbinde aufsetzten und einfach schreiben „Erste Sahne, diese Kollektion“, denn was wirklich dahinter steckt, betrachtet ob der rosafarbenen Imagewolke kaum mehr jemand. Was Acne macht ist gut. „We make it, you buy it.“

Aber woher kommt das? Vielleicht liegt’s daran, dass Acne mit seinem skandinavisch-schlichten Stil nicht viel falsch machen kann, stimmt ja auch. Aber vor allem liegt es daran, dass Meinungsbilder nunmal Meinungen und eine gewisse Macht haben. Das ist auch gut so und meist bereichernd, aber verpulvert anscheinend auch fremde Gehirnmasse. Ein Kleid, 20 Blogger. Ankle Boots an jedem Fuß.

Ja, auch ich mag Acne sehr und schätze Schnitte und Stoffe. Aber ich stelle selbige nicht auf einen Podest oder imaginären Altar. Das, was die Herrschaften da machen, ist toll, hat Lieblingsmarken-Potential. Aber irgendwann kann man all das Schöne beinahe nicht mehr ernst nehmen und schon gar nicht wertschätzen. Ich fürchte, wenn das Brand graue Säcke mit strickwarmen Armen auf den Laufsteg geschickt hätte, und das im Frühling, dann hätte auch kaum wer gemeckert. So ein Sack ist schließlich geradlinig und schnörkellos, total krass tragbar eben. Acne, ich mag dich. Aber ich habe Angst um deinen Charakter.

Bilder via Les Mads!

5 Kommentare

  1. Joana

    Daumen hoch! Ich hätte auch nichts gegen noch mehr Acne im Schrank, aber der unreflektierte Hype nervt wirklich.

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  2. strytllng

    Also wenn ich ehlich bin mag ich jedes Teil einzeln genommen schon aber dieser schlimme ÜBERlagenlook sieht wirklich nicht vorteilhaft aus. Erinnert alles etwas an ökologisch korrekte Aussteigergruppen. Ansonsten sind die Teile von Acne so schlicht und teilweise basic, dass sie keine Angriffsfläche für Boshaftigkeiten bieten können aber dieser Lagenlook…den kann wirklich nur eine Size Zero Frau tragen, die auch im Sommer noch friert.

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  3. kirsten

    guter artikel, danke!
    zunehmend beschleicht mich auch der negative eindruck (jetzt auch wieder bei den ersten herbsttteilchen, die im acne-onlineshop zu finden sind) dass acne die preisschraube nochmal heftigst angezogen hat. günstig waren die sachen nie, aber mittlerweile bewegen sich die preise oft in segmenten, die ich nicht mehr nachvollziehen kann. wo auch stoffqualität und verarbeitung nicht im verhältnis zum preis stehen und mir die „made in china, turkey, latvia, etc“-hinweise auf den etiketten ebenfalls unbehagen machen.
    das design vieler teile gefällt mir nach wie vor sehr und das acne paper ist eine tolle zeitschrift, trotzdem werd ich das gefühl nicht los, dass acne zunehmend ausnutzt, dass alle das label so cool finden.
    seufz.

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  4. teresa

    Auch ich habe mittlerweile das eine oder andere Teil von Acne im Schrank – einige davon gehören zu meinen absoluten Lieblingsstücken, ihre Jeans sind bisher die einzigen, mit denen ich mein Sie-sitzt-einfach-nicht-Problem gelöst habe und „diese“ Ankle Boots nenn ich glücklich mein Eigen. Aber: Im Gegensatz zu Stine Goya hat Acne tatsächlich den Preis wahnsinnig angezogen, wie Kirsten ja schon bemerkte, und das ist teilweise nur noch unverständlich. Für 200 Euro hat man früher ein Seidenkleid bei ihnen kaufen können, das auch super verarbeitet war, jetzt ist es zu höherem Preis auf einmal aus Polyester. Das ist es, was mich besonders ärgert.
    Zur Kollektion: Mir hat schon die letzte Kollektion nicht wirklich gefallen und bei der jetzigen finde ich die Entwürfe ehrlich gesagt doch etwas langweilig bzw. die Kombi weite Hose und langes Kleid darüber geht einfach gar nicht. Bin gespannt, wie viele es dennoch nachmachen werden…
    Schade ist die Entwicklung auf jedne Fall, aber vielleicht ist es auch der richtige Punkt, um sich nach einem neuen Lieblingsdesigner umzusehen, bei dem Preis und Qualität neben dem Neuheitswert auch noch stimmen.

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  5. Pingback: Acne Resort 2012 | we love brands

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