10 nach 4, die Zeit drängt. In einer knappen halben Stunde müssen 12 Mädchen zurechtgemacht werden, ganz vorsichtig in die Kollektionsteile schlüpfen und bereit sein, sich den kritischen Augen der Journalisten und Gäste zu stellen. Hektik wird zur Routine. Überall wird gezupft, korrigiert und ganz nebenbei ein kleines Wunder vollbracht. Denn trotz des enormen Stressfaktors, der sich wie eine Decke über jeden einzelnen legt, schafft das Team hinter MALAIKARAISS eine Atmosphäre, die unseren eisernen Glauben an das Gute in der Modebranche ein klein bisschen bestärkt.
Ein Staubsauger fährt in der hintersten Ecke über den Teppich, brummt, atmet Kekskrümel ein. Daneben sitzt ein Porzellanmädchen, ihre endlos langen Beine hat sie auf dem Tisch abgelegt. Jemand taucht immer und wieder einen Pinsel in das Nagellackfläschchen zu ihren Füßen, streicht ganz sorgsam durchsichtige Farbe auf die schmalen Zehen. Nebenbei werden ganz artig Kurznachrichten ins Handy eingetippt und Kaugummi gekaut. Gegen die Langweweile vor dem Sturm.
Riesge Spiegel, Licher, die in unseren Köpfen Bilder von Marylin Monroes Silhouette beim Haare kämmen in ihrer Garederobe nachzeichnen, überall Rouge, Puder, Lippenstifte. Ganz genau: Ein Backstagebereich, dieser ominöse Ort, an dem Mädchen zu Models werden, sieht genau so aus, wie man ihn sich vorstellt. Schlanke schöne Menschen, Anziehhilfen, Stylisten, Friseure und Manager – alle ziehen an einem Strang, alle wissen, dass es nur zusammen geht. Hochnäsig ist hier niemand. Und ja, man nascht sogar Süßkram und ist sich nicht zu fein, dem Fotografen High Five für einen monstermäßigen Schnappschuss zu geben. Fazit: Klischee nicht erfüllt – obwohl ein paar der Models bei ihrer Ankunft noch Bandshirts trugen.