Jede*r hat mal einen schlechten Tag. Einen Tag, an dem nichts funktioniert, man ständig in Tränen ausbrechen könnte und sich alles viel anstrengender anfühlt als sonst. Das ist normal. Bei mir wurde letztens aus einem Tag allerdings eine ganze Woche. Mein Start ins neue Jahr war sowieso holprig, dank einer Erkältung, die nie so richtig ausbrach, aber trotzdem immer irgendwie da war. Dann kam noch beruflicher und emotionaler Stress dazu – alles an sich keine wirklich schlimmen Dinge, die in Kombination mit allgemeiner Wintermüdigkeit aber dazu führten, dass ich mich tagelang richtig schlecht fühlte. Alles dauerte viel länger als sonst, fiel mir viel schwerer als sonst. Ab mittags ging meistens gar nichts mehr, abends war ich todmüde und so fertig von all dem, was ich tagsüber nicht geschafft hatte, dass ich in Tränen hätte ausbrechen können. Überhaupt hätte ich ständig in Tränen ausbrechen können, wegen allem und nichts. Das Ganze machte mir Angst – nicht nur, weil ich normalerweise eine halbwegs ausgeglichene Person bin, sondern auch, weil ich (der Pille sei Dank) früher mal eine depressive Phase hatte, deren Nachwirkungen ich noch Jahre später spürte. Seitdem ist sie bei jedem schlechten Tag da: die Panik, dass es nicht bei diesem Tag bleibt. Dass aus einem Tag Wochen, Monate werden. Glücklicherweise fühle ich mich seit letzter Woche endlich besser, das Tief ist überwunden. Und ich habe wieder ein paar Sachen gelernt: darüber, was mir in solchen Phasen hilft. (Achtung: Die folgenden Dinge sind welche, die mir persönlich helfen und sind nicht als Ersatz für eine Therapie oder medizinische Behandlung gedacht! Wenn ihr euch dauerhaft schlecht fühlt, traurig und hoffnungslos seid, lasst euch bitte bitte professionell helfen.)
Ansprüche runterschrauben
Jedes Mal, wenn ich mittags oder am frühen Nachmittag das Arbeiten einstellte, fühlte ich mich schlecht. Weil ich produktiv und nicht faul sein wollte. Gleichzeitig wusste ich: Wenn ich jetzt weiter arbeite, bringt das gar nichts. Im Zweifelsfall muss ich morgen die Hälfte noch einmal machen, weil das, was ich gemacht habe, schlecht ist. Es war wichtig für mich, so normal wie möglich zu arbeiten – aber genauso wichtig war es, mich nicht dafür fertig zu machen, dass ich nicht so viel schaffte wie sonst. Ich zwang mich dazu, meine Ansprüche an mich selbst herunterzuschrauben und nur das zu erledigen, was unbedingt erledigt werden musste. Der Rest konnte warten. Zugegeben, das alles klappt natürlich besser wenn man, wie ich, freiberuflich arbeitet.
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Tageslichtlampe
Eine Freundin von mir sagte einmal: „Ich verstehe nicht, warum in Berlin nicht jede*r eine Tageslichtlampe hat. In Skandinavien haben alle sowas!“ Seit ich selber eine Tageslichtlampe besitze, denke ich: Recht hat sie! Nicht überall in Deutschland ist es im Winter so trist und sonnenlos wie in Berlin, aber für jemanden wie mich, der in Berlin lebt und im Winter das Gefühl hat, tagelang den gleichen, grauen Himmel anzuschauen, lohnt sich eine Tageslichtlampe absolut. Tatsächlich hatte ich vor Jahren schon mal eine, die war aber gigantisch groß und unhandlich, weshalb ich genervt war und sie irgendwann verkaufte. Meine neue Tageslichtlampe ist in etwa so groß wie ein Tablet und lässt sich somit ohne Probleme auf den Tisch stellen und danach in einer Schublade verstauen. Eine halbe Stunde pro Tag sitze ich jetzt schräg vor der Lampe und kann dabei am Laptop arbeiten, lesen… Bis die Wirkung einsetzt, braucht es ein paar Tage (mindestens eine Woche), was bedeutet: Geduld! Aber dann, das kann ich für mich bestätigen, fühlt man sich weniger abgeschlagen und müde, ist ein kleines bisschen besser drauf. Voraussetzung ist allerdings, dass man das Ganze konsequent durchzieht, jeden Tag etwa zur selben Zeit.
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Frische Luft
So gut und notwendig die Tageslichtlampe für mich ist und trotz der grauen Masse vor meinem Fenster: Frische Luft braucht es auch. Leider bin ich im Winter generell ein absolutes Murmeltier und verbringe meine Zeit am liebsten mit Tee, Wärmeflasche und Decke zu Hause. Aber, wie ich mir immer und immer wieder sagte: Das kann ich auch noch machen, wenn ich von einem kleinen Spaziergang zurückkomme. Also zog ich Mantel und Schal an und lief los. Manchmal mit Musik, manchmal mit einem Podcast auf den Ohren. Es ist ein Klischee, allerdings ein wahres: Rauskommen tut gut. Tageslicht, selbst gefiltert durch graue Wolken, tut gut.
Menschen treffen
Rauskommen tut also gut und Rauskommen, um Menschen zu treffen, tat mir noch besser. Weil ich dazu neige, mich zurückzuziehen und still zu leiden, wenn es mir schlecht geht, und am liebsten sämtliche Verabredungen absage. Manchmal braucht man genau das, muss sich von sozialen Verpflichtungen frei machen, damit es einem wieder besser geht. Ich habe für mich gemerkt: Alleinsein tut mir in schwierigen Phasen nicht unbedingt gut. Das bedeutet nicht, dass ich ständig auf Achse und jeden Abend unterwegs sein muss. Sondern, dass ich liebe Freund*innen treffe, die mich gut kennen, und denen ich (siehe nächster Punkt) ehrlich sagen kann, dass es mir gerade mies geht. Oder, dass ich zu meinem Italienisch-Kurs gehe, der zwar jedes Mal eine Herausforderung ist, mich aber auch ablenkt und mir das gute Gefühl vermittelt, etwas geschafft zu haben.
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Ehrlich sein
Julia Carevic hat hier bereits darüber geschrieben und ich kann es nur unterstreichen: über Gefühle sprechen ist wichtig. Ach was: essentiell! Eigentlich habe ich damit auch gar kein Problem, aber trotzdem manchmal Angst, andere Leute runterzuziehen und sie mit meinen negativen Gedanken zu belasten. Was Blödsinn ist, denn meine Freund*innen und Familie kennen mich ja, mögen mich und werden sicher nicht schreiend davon laufen, nur weil ich ein seelisches Tief habe und das auch klar sage. Und wenn doch weiß ich zumindest, an wen ich mich in der nächsten schwierigen Phase nicht wenden werde.
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Bewegung
Ehrlicherweise ist Bewegung so ziemlich das Letzte, worauf ich Lust habe, wenn es mir schlecht geht (siehe auch: frische Luft). Das ist deshalb so blöd, weil Bewegung das ist, was mir im Zweifelsfall am meisten hilft. Ich habe mich noch nie schlechter gefühlt, wenn ich eine Stunde zu lauter Musik auf meinem Mini-Trampolin gesprungen bin oder eine Runde Yoga absolviert habe (die beiden sportlichen Betätigungen meiner Wahl), sondern immer besser. Ausgeglichener, fröhlicher, zufrieden. Kurz: Ein bisschen normaler.
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