Carolin Emcke © Andreas Labes, © Arte & © The Tale
Am Samstag habe ich ihn mir mal wieder gegönnt: einen faulen Vormittag mit dem Besten, was die Mediatheken momentan zu bieten haben. Mittlerweile vermute ich ja, dass dieses Mediatheken-nach-Schätzen-Durchforsten zu einer Art Hobby von mir geworden ist – und eines, mit dem ich meinem Umfeld manchmal durchaus auf den Keks gehe („Hast du das gesehen? Gibt’s in der Mediathek!“). Aber was soll ich sagen: Es gibt einfach so viel Gutes zu sehen! Hier sind meine aktuellen Favoriten, von denen einige noch als Lesezeichen auf meinem Laptop auf ihren Einsatz warten.
Carolin Emcke über den Umgang mit Rechts (3sat)
Immer klug, immer präzise: Carolin Emcke. Muss nicht mehr drüber gesagt werden, außer: Bitte dieses Gespräch in der Kulturzeit anschauen.
Nouvelle Vague & Feminismus:
Delphine Seyrig und Carole Roussopoulos (Arte)
Diese Doku wollte ich letztes Jahr auf der Berlinale unbedingt sehen, aber wie das dann so ist: konkurrierende Vorführungszeiten, zu viele Termine… Ein Jahr später also habe ich Nouvelle Vague & Feminismus: Delphine Seyrig und Carole Roussopoulos (Regie: Callisto McNulty) endlich angeschaut und alle meine Erwartungen erfüllt. Kurz gesagt: J’adore. Sowas von. Der Film erzählt von der Begegnung der Schweizer Videopionierin Carole Roussopoulos und der französischen Schauspielerin Delphine Seyrig in den 1970er Jahren. Seyrig war zu diesem Zeitpunkt eine angesehene und bekannte Größe der französischen Filmbranche, eine schöne Frau mit ungewöhnlicher Stimme – die dann in der Frauenbewegung aktiv wurde und selbst zur Kamera griff, gemeinsam mit Roussopoulos. In ihren Videos und Filmen ging es um Abreibung, sexuelle Selbstbestimmung oder um Frauenbilder in Film und Gesellschaft. Ihre Botschaften waren subversiv und kämpferisch. Die Doku zeigt, wie kreativ Seyrig, Roussopoulos und ihre Mitstreiter*innen vorgingen, um Rechte für Frauen einzufordern und ihren Standpunkt klarzumachen. Oft setzten sie dabei auf Humor als die Waffe ihrer Wahl. Sehr schön zeigt die Doku, wie hilflos Männer auf diese selbstbewussten, meinungsstarken Frauen reagierten und wie wenig sie ihre Forderungen ernst nahmen. Nouvelle Vague & Feminismus inspiriert – weil er Frauen zeigt, die nicht länger nur angeschaut werden wollten, sondern mit Kameras ihren eigenen Narrativ erschufen.
Ein Film, der definitiv noch auf meiner Liste steht, ist The Tale (Regie: Jennifer Fox) – schon allein deshalb, weil die großartige Laura Dern die Hauptrolle spielt: Die Endvierzigerin Jennifer (Dern) lebt als erfolgreiche Dokumentarfilmerin und Dozentin mit ihrem Partner Martin in New York. Ein perfektes Leben. Bis eines Tages Jennifers Mutter Nettie anruft: Sie hat einen Aufsatz aus Jennifers Schulzeit gefunden – ein Text den die damals 13-Jährige über ihre intime Freundschaft mit zwei Erwachsenen geschrieben hat. Nettie ist von dem Gelesenen geschockt, Jennifer versteht nicht, warum. Sie hat nur schöne Erinnerungen an ihre Zeit als Teenager in der Sommer-Reitschule von Mrs. G, an Sportlehrer Bill und an sich selbst als 13-Jährige. Nettie sieht das anders: Jennifers Lehrerin hat den Aufsatz kritisch kommentiert und darauf hingewiesen, dass, sollte die Geschichte wahr sein, Jennifer ausgenutzt und benutzt worden ist. Zunächst widerwillig beginnt Jennifer zu recherchieren, spricht mit früheren Freundinnen, wühlt sich durch Fotoalben und Briefe, versucht, Mrs G ausfindig zu machen. So entsteht nach und nach ein verstörendes Bild der damaligen Beziehungen.
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Gelebte Träume – Künstlerinnen des Surrealismus (Arte)
Ja ja, noch einmal Arte. Zum letzten Mal auf dieser Liste, versprochen. Mit Surrealismus hatte ich mich, ehrlich gesagt, noch nie so richtig auseinandergesetzt, bis ich im letzten Jahr ein Nachwort zu einem Buch über die surrealistische Künstlerin und Schriftstellerin Unica Zürn verfasste. Seitdem hat mich das Thema gepackt, genauso wie die Arte-Doku Gelebte Träume – Künstlerinnen des Surrealismus (Regie: Maria Anna Tappeiner). Neben ihren männlichen Kollegen (u.a. André Breton, Salvador Dalì) geraten Surrealistinnen oft in den Hintergrund, werden nicht anerkannt und als Musen oder Geliebte abgetan. Gelebte Träume nimmt deshalb Lee Miller, Leonor Fini, Leonora Carrington, Claude Cahun und Meret Oppenheim in den Fokus – Frauen, die sich künstlerisch selbst ausdrücken und aus der passiven Rolle der Muse befreien wollten. Dabei mussten sie sich gegen viele Widerstände behaupten. In der Doku kommen zahlreiche Expert*innen zu Wort, darunter auch Ingrid Pfeiffer, Kuratorin der Ausstellung Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo in der Frankfurter Schirn Kunsthalle. Die Doku hat mir auf jeden Fall Lust gemacht, die Ausstellung (läuft noch bis 24. Mai) zu sehen.
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Liebe macht mutig.
Zu zweit mit Down-Syndrom (ZDF)
Noch nicht gesehen, aber definitiv auf meiner Watch-List: Liebe macht mutig. Zu zweit mit Down-Syndrom von Birte Jessen begleitet das Paar Emily (22) und Erik (22), das seinen ersten gemeinsamen Urlaub plant. Beide haben Trisomie 21 und können deshalb ihr Leben nur bedingt selbständig gestalten. Emily und Erik wünschen sich mehr Raum für ihre Partnerschaft. Der gemeinsame Urlaub in Dänemark, ganz ohne Eltern, in einem Feriendorf für Menschen mit Behinderungen, soll eine Art Generalprobe sein: Wie ist es als junger Mensch mit Downsyndrom, wenn man versucht, auf eigenen Beinen zu stehen? Sich eine Zukunft zu bauen, ohne die Eltern, die bisher rund um die Uhr für einen da waren?
Robert Franken: Ein Kämpfer für den Feminismus (WDR)
Letztes Jahr hatte ich das Glück, mit Robert Franken auf einem Panel zu sitzen – vorher waren wir uns zwar auf diversen Veranstaltungen begegnet, gemeinsam diskutiert hatten wir aber noch nicht. Robert ist ein Tausendsassa: Er berät Unternehmen unter anderem zu den Themen Diversity und Gender, ist Mitgründer der Plattform Male Feminists Europe und seit 2018 einer der vier ehrenamtlichen Botschafter der UNO-Kampagne #HeForShe in Deutschland. Franziska Hilfenhaus stellt Robert in einem Beitrag für FrauTV vor: Was bedeutet es, als Mann Feminist zu sein? Was können und müssen Männer tun? Mir sind schon viele selbsterklärte männliche Feministen begegnet, die dann doch mehr Interesse daran hatten, sich selbst in den Vordergrund zu drängen, als zum Beispiel einfach mal zuzuhören und sich als Teil des Problems zu begreifen. Robert ist nicht so, was auch in dem Beitrag ganz deutlich wird. Er spricht über männliche Unternehmenskulturen und warum sich daran was ändern muss – und darüber, dass Gleichberechtigung nicht nur Frauensache ist.