Am Wochenende habe ich eigentlich gar nichts gemacht. Außer Wäsche. Eine Übergangsjacke habe ich für das Kind gekauft, und neue Jeans, weil die Beine, die da am Kind noch mit dran hängen, seit der Einschulung ungefähr einen halben Meter länger geworden sind. Ich habe mich gefragt, warum ich mich zur Elternvertreterin der Wildschweinklasse habe wählen lassen, ausgerechnet jetzt, ich habe meine Füße von 500 Gramm Spätsommerhornhaut befreit, eine Bluse gebügelt, die meine gute Freundin für eine Mottoparty brauchte, die Tür geöffnet und spontan zwei Stücke Kuchen verdrückt, den Handstaubsaugerakku wiedergefunden und ein paar Mails geschrieben, aber nicht abgeschickt. Ich habe mich darüber gewundert, dass ich so selten saufe und versucht herauszufinden, ob vielleicht irgendwas nicht mit mir stimmt. Ich habe ein bisschen geknutscht, Okja angeschaut, niemanden angerufen und am Ende noch Miracoli gekocht. Dann war ich wieder einfach nur: platt.
Alles wie immer also, wie gesagt. Es war ja nicht viel mehr als sonst. Bis ich mich Sonntagmittag schließlich im Wald wiederfand, umzingelt von Fichten, frischer Luft und ein paar Fürzen, die mir schon seit dem Corona-Kater quer sitzen.
Nach einem solchen Wochenende, das viel schlimmer klingt als es tatsächlich war, als Antwort auf diese zwei Tage also, an denen ich für gewöhnlich erstens mache, was gemacht werden muss und zweitens, was ich will, frage ich mich nämlich immer häufiger, ob das alles denn überhaupt Sinn ergibt.
Das Nachjagen und Hinterherkommen, das Gefallen, Gerechtwerden und Genugseinwollen, das Überanstrengen und Zerdenken und das immer etwas drüber sein. Ehrlich gesagt weiß ich längst nicht mehr, wie lange ich es jetzt schon so halte: Meinem Umfeld erkläre, dass „es gerade eben etwas chaotisch sei“, das Leben. „Entschuldige, ich wollte mich ja längst melden, aber hier geht’s drunter und drüber, weil dies, das, Ananas.“ – Copy Paste als Dauerwurst.
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Als wäre das tatsächlich nicht immer so, sondern bloß eine Art lästige Ausnahme, ein Zustand, der sich irgendwann einfach in Luft auflösen würde. Dabei ist das in Wahrheit doch Käse. Oder eher: wie es schon sehr, sehr lange ist und wie es höchstwahrscheinlich bleiben wird.
Im Grunde muss ich nur noch lernen, aufzugeben. Mich endlich nicht mehr wehren, meine ich. „Drunter und drüber“ ist keine Anomalie, sondern die Regel. Mein neuer Alltag eben. Und eigentlich mag ich ihn. Ich würde! Ihn richtig feiern sogar. Für so viel Wahnsinn und Wildsein und Glück, trotz irrsinniger Erschöpfung. Nur das ewige Erklären und Entschuldigen, das geht mir langsam auf die Nerven.
„Wenn es dir wichtig ist, findest du Zeit dafür“ – genau. Hier ein Vorwurf und da noch einer. Von mir an mich gerichtet, meistens. Dabei habe ich sowas Beknacktes echt selten gehört. Ok, gut. Stimmt und geht natürlich schon. Mit noch mehr Privilegien oder weniger Verpflichtungen. Aber: Wer bitteschön verschiebt denn meine Deadline, wenn ich eigentlich viel lieber etwas durchdrehen will? Wer bringt das Kind ins Bett, wenn Hintern und Hirn nach Yoga schreien? Und wer schläft für mich, wenn ich schon wieder so richtig saumüde bin? Na? Aha.
Kein Zweifel: Vieles ist wichtig – bloß ist der Tag dann auch schon wieder rum.
Lasst uns doch einfach mal sein. Und durchatmen und heilen und damit aufhören, uns auch noch den allerletzten Funken Energie aus aus den Knochen nuckeln zu lassen, von unserem Kopf. Aber auch von all jenen, die wirklich dringend verstehen müssen, dass ihr Leben halt verdammt nochmal nicht unseres ist.
Zum Abschluss empfehle ich euch nichts weiter, außer: Durchhalten und loslassen, zu etwa gleichen Teilen. Ach, und hört noch diesen Podcast mit Prof. Dr. Hartmut Rosa – parallel zu was auch immer gerade sowieso schon treibt.