Kassensturz: Das gibt eine Investor Relations Managerin in der Woche zum Leben aus

08.12.2020 Finanzen

Nur gut, dass angeregt durch smarte Leser:innen und Redaktionsmeetings der Kassensturz ins Leben gerufen wurde. Ein Format, in dem die This Is Jane Wayne Community über Geld, Routinen, Ausgaben und Einahmen plaudern darf und soll. Keinesfalls ein neu erfundenes Rad. Dafür aber ganz offen und ehrlich erzählt, damit auch ihr etwas von der viel besungenen und dringend notwendigen Transparenz in Sachen „über Geld reden“ habt. Jedes Mal eine andere, neue Lebensrealität.

Habt ihr vielleicht sogar selber Interesse und Zeit wie Energie, eine Woche mit uns zu porträtieren? Vielleicht auch Tipps und Anregungen für unser neues Format? Lasst uns gerne einen Kommentar da.

Ich bin Romy, 28 und wohne seit fünf Jahren in Berlin-Neukölln. Seit ca. zwei Jahren bin ich berufstätig und wohne seitdem auch alleine. Ich habe VWL im Bachelor und Master studiert und arbeite bei einem Investment Fund für Startups. Ich arbeite in einem eher ungewöhnlichen Modell und habe keine festen Arbeitszeiten, dadurch kann ich nebenher noch selbstständig arbeiten und berate und unterstütze kleinere Unternehmen beim Organisationsaufbau und bei der Personalabwicklung. Ich habe großes Glück, da ich sehr flexibel arbeiten kann und auch schon vor Corona meistens nicht standortgebunden war und viel von Zuhause aus gearbeitet habe. Mein fixes Einkommen liegt bei ca. 2.500 bis 3.000 Euro. Das Geld aus der Selbstständigkeit rechne ich quartalsweise ab.

Ich habe ehrlich gesagt noch nie darüber nachgedacht, meine Finanzen zu tracken, da ich eigentlich genau weiß, wo mein Geld hingeht und meine Finanzen immer im Blick habe. Ich finde es aber spannend, das mal eine Woche lang genauer zu verfolgen.

Da ich es aber von Montag bis Donnerstag vergessen habe, fange ich mein Money Diary einfach am Donnerstag an.

Ich glaube übrigens, das meiste Geld gebe ich dafür aus, dass ich einfach faul und bequem bin. Car2go statt Bahn (trotz BVG Ticket) oder immer der Supermarkt, der grade am nächsten ist, im Zweifel immer BioCompany auf dem Weg nach Hause. Außerdem hat man manchmal einfach Pech und einige monatliche/quartalsweise oder jährliche Ausgaben fallen alle in die gleiche Woche oder  den gleichen Monat. Deshalb müsste man das Tracking privat eigentlich über einen viel längeren Zeitraum beibehalten, wenn man wirkliche Schlüsse ziehen möchte.

 

Miete mit Gas, Strom, Nets & GEZ: 700,00€

Fitnessstudio: 20,00€

Monatliche Spende 25,00€

Betriebliche Altersvorsorge 100,00€

Monatlicher Parteibeitrag 7,50€

___________________________________

852,50

Ich weiß, dass ich (nicht nur) in finanzieller Hinsicht sehr privilegiert bin. Ich bin alleinstehend, habe keine Verantwortungen und ich verdiene genug – sodass ich mir um meine Ausgaben einfach keine großen Gedanken machen muss. Zusätzlich kann ich monatlich ein Polster ansparen, mal mehr mal weniger, aber im Schnitt bleiben ca. 500 Euro von meinem Fixgehalt übrig, auf das ich natürlich auch immer zurückgreifen kann. Da im deutschsprachigen Raum das Wort „Geld“ eigentlich automatisch mit dem Wort „sparen“ konnotiert ist, habe ich auf Rat meiner Eltern vor etwa 1,5 Jahren eine betriebliche Altersversorge abgeschlossen. Da spart man die vom Arbeitgeber eingesparten Beiträge noch mit. Das sind insgesamt 200 Euro. Mein Anteil geht direkt von meinem Nettogehalt ab. Das BVG Ticket kriege ich von meinem Arbeitgeber zusätzlich bezahlt und den Löwenanteil meiner Handykosten auch (44 Euro).

Dein Tipp zum „Reichsparen“?

Kommt von meinem Papa:
Immer erstmal eine Nacht drüber schlafen… Hilft wirklich.

DONNERSTAG

Die Money Woche hat schon mal gut angefangen, ich habe nämlich den steuerfreien Corona Bonus in Höhe von 1.500 Euro bekommen. Der hübsche Mantel bei Kleiderkreisel, der schon so lange favorisiert ist, schlägt mit 250 Euro zu Buche – damit belohne ich mich selber, mein Weihnachtsgeschenk sozusagen. Am Nachmittag hole ich für 5 Euro Gebäck bei der BioCompany und gehe bei einer Freundin vorbei, auf dem Rückweg noch schnell zu DM, Glühbirne und Deo: 4,20 Euro. Und für das Abendessen im asiatischen Supermarkt: 16 Euro.

DONNERSTAG INSGESAMT: 275,20€

FREITAG

Zwei-dreimal die Woche fahre ich ins Büro nach Charlottenburg. Wir sind nur zu zweit und ich kann es wahlweise nutzen. Normalerweise esse ich nicht zu Mittag, da ich immer spät frühstücke. Heute morgen hatte ich aber keins und gehe deshalb mir und meinem lieben ,,Büro-Freund“ aus dem Zimmer nebenan Mittagessen holen und lade ihn ein: 16.40 Euro. Dieses Jahr wird in der Familie nur gewichtelt, das heißt ich brauche nur ein einziges Geschenk. Leider fallen trotzdem noch ein paar Geburtstage meiner Liebsten in den Dezember. Nach der Arbeit gehe ich außerdem kurz in den Buchladen um die Ecke, zwei Geschenke sind damit schonmal erledigt: 43 Euro. Und noch schnell zu Uniqlo, die Daunen Weste wollte ich schon lange haben und heute ist Black Friday: 40 Euro.

 

So. Freitagabend: Normalerweise wäre ich ziemlich sicher mit Freunden essen und trinken gegangen und hätte bestimmt um die 40-50 Euro ausgegeben, jetzt halt nicht…. Nun ja, ein großer Spaziergang ein paar Bier und neuer Tabak passieren trotzdem: 11,50 Euro.

FREITAG: 110,90 EURO

SAMSTAG 

Der obligatorische Spaziergang – what else: 0 Euro. Ahhh, dann auf dem Nachhauseweg doch nochmal noch kurz in den asiatischen Supermarkt (ich liebe es!) gehüpft und zudem noch ein paar Kerzen gekauft: 15 Euro.

SAMSTAG: 15 EURO

SONNTAG

Ich bleibe den ganzen Tag Zuhause, mache morgens Pfannkuchen und koche abends. Kein Geld ausgegeben. Moment, doch. Bei Medimops vorbei geschaut, 4 Bücher für 15 Euro; für den nächsten Sonntag.

SONNTAG: 15 EURO

MONTAG

Ich fahre ins Büro und habe mein Portemonnaie vergessen (Klassiker). Ich leihe mir sicherheitshalber 15 Euro in bar von meinem Chef. Bargeld ist ganz schlimm, sobald ich es abgehoben habe, habe ich es auch schon ausgegeben. Ich gehe bereits am frühen Nachmittag nach Hause und habe bis dahin noch nichts Richtiges gegessen, ich brauche also J E T Z T  S O F O R T etwas. Butter Lindner liegt am nächsten, ein belegtes Brötchen mit Käse kostet 8.69 EUR (kein Kommentar), aber der Appenzeller war wirklich krank. Hat sich fast gelohnt.

Wofür gibst du ungern Geld aus?

Für Zahnbürstenaufsätze und Rasierklingen.

Früher Feierabend: Ich gehe mit einer Freundin noch eine Runde spazieren, sie muss noch kurz einkaufen, ich komme mit, eigentlich brauch ich nichts: 9,80 Euro.

MONTAG: 24,49 EURO

DIENSTAG

Ich bin im Büro, mein Chef zahlt das Mittagessen. Auf dem Weg nach Hause muss ich leider eine Kondolenzkarte besorgen: 2,95. Und ich habe keine Lust zu kochen, ein Halloumi Dürüm: 4,50 Euro.

DIENSTAG: 7,45 EURO

MITTWOCH

Ein kleiner Gewinn: Ich habe zwei Kleidungsstücke bei Kleiderkreisel verkauft: + 55 Euro. Ich nehme einige Unterlagen und Ordner mit aus dem Büro und gönne mir dafür ein Car2Go nach Hause: 14,93 Euro. Abends mache ich noch einen kleinen Spaziergang zum Briefkasten, mir fällt auf: Ich habe meinen Tabak irgendwo liegen gelassen. Die Sucht ist zu groß: neue Filter, neue Blättchen, neuer Tabak, ein alkoholfreies Bier. Insgesamt 11,80 Euro.

MITTWOCH 26,73 EURO

DONNERSTAG

Ich bin den ganzen Tag mit einer Kundin zusammen und esse dort zu Mittag und auch Abendessen, also habe ich heute tatsächlich kein Geld ausgegeben. Die Schuhe bei Kleiderkreisel zählen nicht mehr, das war nach Mitternacht und ging vom Paypal Konto ab (Paypal-Guthaben gilt nicht – ist das überhaupt echtes Geld?).

Wofür hast du zuletzt Geld verschwendet?

Für meine letzte Brille aus dem Mykita Sale samt Gläsern vom Optiker. Und für zwei SONOS Boxen für die Wohnung.

 

KASSENSTURZ:  468,77 EUR Euro

Wenn man den Mantel und die Geschenke abzieht (darf man das?!), finde ich 175 Euro für eine „Durchschnitts“-Woche in Ordnung – ich glaube, es ist für mich nicht besonders viel und auch nicht besonders wenig.

Eine absolute Fehlinvestition?

Ich würde gerne sagen: Das Käsebrötchen von Montag.
Aber dann würde ich lügen.

Danke für deine Offenheit, liebe Romy. 

Wollt ihr auch mitmachen?
Dann schickt uns gern eine Mail
mit dem Betreff „KASSENSTURZ“ an:

hello@thisisjanewayne.com

 

14 Kommentare

  1. Ariane

    Hallo zusammen,
    ich finde diese Serie super!

    Eine grundsätzliche Frage: warum werden bei den Fixkosten (z.B. Miete) nicht Versicherungen (Krankenasse, Haftpflicht…) aufgeführt?

    Liebe Grüße
    Ari

    Antworten
  2. Katharina

    Wirklich ein sehr gutes Format, mir gefällt es noch besser als vergleichbare bei Refinery oder Zeit oder oder oder…Und: Ich würde immer zustimmen, dass PayPal-Guthaben kein echtes Geld ist. Klaro! Vielleicht findet sich ja auch mal jemand, der/die in ganz anderen Lebensumständen steckt, (so wie ähem, ich z.B.: Mitte 30, verheiratet, zwei Kinder, in Hamburg lebend, aber total Angst vor Fotos habend)…Gespräche über Geld sind augenöffnend und helfen, die eigenen kleinen alltäglichen Ausgaben im Blick zu behalten, aber auch dabei, sich und seine Leistungen besser einzuschätzen…

    Antworten
  3. Lia

    Ich liebe diese Serie!!! Hier auch, Mama, Berlin – ich würde tot umfallen wenn ich Kassensturz machen würde. Mein Mann auch.

    Antworten
  4. Elis

    Ich liebe diese Reihe auch!! Und ich hoffe, dass die Jayne Wayne-Autorinnen zwischendurch auch drankommen 🙂

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  5. Kitty

    Wahnsinnig interessant!
    Noch spannender finde ich – vielleicht weil ich selbst dazu zähle – aber die Menschen mit den kleinen Gehältern, die sich dann trotzdem irgendwie durch ihre Woche wurschteln. Meine kleine 3-Personen-Familie hat zusammen nicht so viel Geld zur Verfügung wie Romy alleine. Das ist jetzt kein Diss, aber dann sind Prioritäten natürlich nochmal anders gesetzt 🙂

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    1. Fritzi

      Ich muss eh sagen, dass mir die Gehälter hier alle relativ hoch vorkommen. Ich glaube, dass viele mit weniger auskommen müssen.

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  6. Frida

    Schöner Beitrag. Ich mag die Reihe. Aus feministischer Perspektive sind aber doch die Einnahmen sehr viel spannender als die Konsumausgaben.
    Also Gehälter und Rahmenbedingungen, Verhandlungsabläufe, Ausbildungsgeschichten etc. Vielleicht kann das such nochmal mit rein?

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  7. Suzie

    Hi Romy, auch nicht ganz zum Thema – aber was ist denn das leckere auf dem Bild (auf dem Bett) am Mittwoch?
    Sind das die Spinatknödel aus dem Kühlschrank mit Pilzen? 😉 Sieht sooo gut aus.

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  8. Anna

    Das ist wirklich eine spannende Serie! Mir graut es ja immer davor, meine Ausgaben aufzulisten (Hiiilfe, Pfenningfuchser*in), aber hilfreich ist das schon, um zu sehen, für welchen Kleinkram man immer wieder das Geld ausgibt. Das mit dem Corona Bonus ist prima, aber bekommen diesen Bonus nicht eigentlich nur z.B. Ärzt*innen und Pflegepersonal, die unmittelbar bei der Bewältigung von Corona mitwirken? Das soll nicht negativ klingen, ich frage wirklich nur, weil ich bei dem Bonus immer an Arbeitnehmer aus der Medizinbranche denke Liebe Grüße

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  9. Basti

    Ich finde es unglaublich spannend zu sehen, wofür andere Menschen wie viel Geld ausgeben. Vielen Dank dafür! Ich kann für alle Neugierigen auch die „Lohnt sich das?“ Videos vom Bayrischen Rundfunk empfehlen. Die gibt es auf YouTube zu sehen und es werden unterschiedliche Menschen mit ihren Einnahmen und Ausgaben vorgestellt. Ich lasse einfach mal einen Link zum Kanal da, ich hoffe es ist in Ordnung: https://www.youtube.com/channel/UCVF_W6X2BFOh6TPv1Efm9YQ

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  10. lena

    ok eine investor relations managerin hat 10mal so viel coronabonus als ich bekommen, wow das zu lesen hat mir das ganze jahr noch mehr versaut 😀 ich meine, schön für dich, aber woooowowowwow

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