„Warum schmeißen wir unser Essen auf den Müll? Allein in Deutschland werden jedes Jahr 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Die Halbierung des Lebensmittelmülls würde ebenso viele Klimagase vermieden wie die Stillegung jedes zweiten Autos weltweit.“ Der Trailer des Dokumentarfilms „Taste the Waste“ beginnt mit seinen fettgedruckten Schriftzügen beinahe pathetisch. Ein Moralapostelfilm, denkt sicher manch einer. Aber irgendwie scheinen wir es nicht anders zu begreifen.
Es fängt früh morgens an, wenn wir unseren Kühlschrank öffnen, nach dem Erdbeerjoghurt greifen und das Haltbarkeitsdatum checken, bevor wir den Aluminiumdeckel überhaupt abgezogen haben. Ich kenne viele, viele Menschen, denen eigentlich sehr bewusst ist, welche Katastrophen sich tagtäglich auf der Welt ereignen und das gerade wir eine Mitschuld an vielem, vor allem der Zerstörung unserer Umwelt, tragen. Und trotzdem: Zeigt der Becher das Datum des selbigen Morgens, landen im Schnitt 200 Gramm Milchspeise einfach so im Müll. Der Ekel vor verdorbener Nahrung ist zu groß, als dass man das Risiko eingehen würde, einem verdorbenen Quark ins Auge zu sehen. Dabei müsste doch jedes Kind wissen, dass „Mindesthaltbarkeit“ ungleich „Abgelaufen“ ist. Und dass die meisten Lebensmittel auch Tage nachher nicht an Qualität verlieren. Die Nahung befindet sich schlitweg nicht mehr in ihrem alten Zustand, was bei Vanillepudding in etwa so viel heißt, wie: Einmal durchrühren, damits wieder cremig ist, fertig,
Der Autor und Regissuer Valentin Thurn portraitiert in seinem Werk verschiedenste Persönlichkeiten, die gleich zwei Dinge gemeinsam haben: Sie alle werfen Lebensmittel weg, sie alle verurteilen selbiges. Jeder kommt zu Wort, und zwar so ehrlich, dass es anfängt, in unseren Köpfen zu rattern. Wir erfahren, dass Landwirte mitunter nur jede zweite Kartoffel ernten dürfen – nicht, weil diese etwa von minderer Qualität wären, sondern schlichtweg weil sie dem „Schönheitsideal“ nicht entsprächen, heißt es in Sami Skallis Artikel auf Zeit.de.
Es ist erschreckend, dass mehr als ein Drittel aller Lebensmittel nicht im Bauch, sondern im Abfall landen. Dass Genug Nahrung produziert wird, um die ganze Welt gleich drei Mal satt zu bekommen. Dass die Landwirtschaft rund ein Drittel aller Treibhausgase in die Atmosphäre pumpt. Und dass wir eigentlich recht schnell etwas an dieser Situation ändern können. Wir leben im Überfluss. Alles, was in zu großen Mengen prodzuiert wird, bezahlt der Kunde am Ende mit. Würde weniger produziert werden und demnach weniger weggeworfen, würden Lebensmittelpreise überall sinken, auch in der 3. Welt. Ginge diese Rechnung vielleicht sogar auf: Weniger Obst, Gemüse und Brot auf der Welt gleich weniger Hunger? Damit ist noch längst nicht alles gesagt, aber uns geht es vielmehr um die Frage: Wie bringt man Menschen dazu, aus gewohnten Mustern auszubrechen, alte Verhaltensmuster aufzugeben. Viele leben immer noch getreu dem Motto „Was ändert es schon, wenn ich als Einzelner mich verändere, wenn doch die ganze Welt Scheiße baut?“. Dass Filme wie Thurns „Taste the Waste“ es vom Fernsehbildschirm auf die Leinwand schaffen, zeigt einmal mehr, wie wichtig Aufklärung ist. Aber auch, dass Menschen offenbar immer einen gewaltigen Tritt in den Hintern brauchen, um Moral über die eigenen Angewohnheiten zu stellen.
Man kann gewiss nicht verlangen, dass nun ganz Deutschland mit dem „Containern“ beginnt. Aber das Einschalten des Kopfes und das bewusste Konsumieren von so wertvollem Gut, wäre ein erster Schritt. Auch wir würden nun allzu pathehtisch werden, also: Ihr wisst, was wir sagen wollen: Versucht es zumindest.
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„Taste the Waste“ läuft morgen, den 8. September im Kino an.
Containern.