Einmal im Monat schreibt unsere Gastautorin Anna über ihr Single-Leben, Dating über 30 und die große Herausforderung, in Zeiten von Corona jemanden kennenzulernen:
Da mache ich mir hier die Mühe, Dating-Apps einschließlich der dort zu findenden Profile zu analysieren, fest entschlossen, meinem Single-Dasein im digitalen Umfeld den Kampf anzusagen und sehr bereit für den Austausch via Text & GIFS bis zum ersten Date zu sein – und dann passiert es: Ich werde angesprochen (oder so ähnlich), gleich zweimal innerhalb einer Woche.
Da ich im Gespräch mit meinen Freundinnen danach herausfand, dass so etwas durchaus öfters passiert, ist hier wohl ein kurzer Absatz meines bisherigen Real Life Single-Daseins von Nöten.
Die historischen Drei
Denn bei mir war das nie der Fall. Klammern wir mal die „Ey Praline, ich glaub, du brauchst ’ne neue Füllung“-Rufe aus, die gelegentlich von an der Ampel haltenden und mit Jungstrupps versehenen Autos den Weg zu mir fanden oder halbgeschriene „Na Du?“ schwer betrunkener Clubgäste aus, wurde ich bisher nur dreimal in meinem Leben angesprochen.
Nummer 1: Irgendwann 2008. Das war zwar auch im Club, aber ich wage zu behaupten, dass der Herr damals nur halbbetrunken war; zählt also nicht zu den für immer innerhalb der Klammer verbleibenden Geschehnissen. Leider ist mir hier jedoch durch die danach folgende toxische Affäre inklusive vielen Tränen, einer übertragenen Geschlechtskrankheit und dem schlechtesten Schlussmachsatz der Welt (Weißt du, das ist wie beim Surfen. Du bist zwar eine geile Welle, aber die nächste könnte einfach geiler sein) der Aufhänger zum Gespräch entfallen.
Nummer 2: Fand im Sommer 2010 im Mauerpark statt und hatte nicht einmal die Intention einer Anmache. Hier wurde ich beim Sonnen durch mein Musiknoten-Oberschenkeltattoo von einem Mann, geschätzt Mitte 490, auf ein Buch aufmerksam gemacht. Weil ich mich wohl trotzdem immer dran erinnern werde (John Irvings „Bis ich dich finde“ ist auch einfach gut), kommt es mit auf die Liste.
Nummer 3: 13. November 2011 (dank meiner früheren Obsession alles über Facebook zu teilen, sogar so genau möglich). Es passierte sehr romantisch und urban – in der U-Bahn. Der Typ hatte wohl die Fahrt über – von mir unbemerkt – gegenüber gesessen. Als er raus musste, machte er eine kleine Detour und schob mir einen kleinen gelben Zettel zu, bevor er den Waggon eine Haltestelle vor meiner verließ. „Manchmal reichen 2 Minuten, Jemanden kennenlernen zu wollen. Gibst Du mir die Gelegenheit dazu? Würd mich sehr freuen“ und darunter eine Handynummer. Die Handschrift war mir leider ein Graus. Angerufen habe ich nie.
Die magische After-Lockdown Woche
Jetzt versteht man also vielleicht, warum ich so überrascht war, als mir das nun gleich zweimal innerhalb einer Woche passierte. Vielleicht war der After-Lockdown-Modus Schuld, der Menschen wieder in Flirtstimmung brachte. Vielleicht war es das gute Wetter. Oder hey, vielleicht war es auch mein aus diesen beiden Umständen resultierender Glow, der die sonst klar erkennbare Verzweiflung im Gesicht übertünchte.
Nummer 1, also eigentlich 4: Es war ein Samstag und ich besuchte ein für mich bis dahin neues Testzentrum, um mit meinem negativen Resultatszertifikat dann abends endlich mal wieder draußen einen Drink zu mir nehmen zu können. Etwas befremdlich war mir die Handhabe via Zettelwirtschaft, die da bei der Anmeldung bevorzugt wurde; noch befremdlicher wurde es dann als ich später beim Auspacken und Ansehens des mit QR-Code zum Testabruf versehenen Papiers, welches ebenfalls eine handgeschriebene Mobilfunknummer enthielt.
Mich an die wirklich freundliche Mitarbeiterin dort erinnernd, dachte ich daran zu schreiben. Dann überwog jedoch die Realisation darüber, wie viele Menschen tagtäglich im Zentrum ein- und ausgingen – und ich ließ es bleiben.
Nummer 2, also eigentlich 5 – Es war der folgende Donnerstag und ich saß nichtsahnend auf Freundinnen wartend im Mauerpark. Da kommt ein Typ, setzt sich neben mich, gestikuliert etwas, sodass ich meine Kopfhörer aus dem Ohr puhle – und fängt an zu reden.
Meine Tasche festumkrallend (ja, ich denke immer eher daran, ausgeraubt als angeflirtet zu werden) lasse ich mich drauf ein. „Woher kommst du? Findest du es komisch, dass ich dich so anspreche? Macht man das in Berlin nicht?“ Totale Offenheit beim Gegenüber, schiere Überforderung bei mir. Innerhalb von drei Minuten ist dann endgültig klar: Online hätte ich nach links geswiped. Im realen Leben aber auch.
Das Happy End beginnt wohl doch hinter dem Screen
Lange Rede kurzer Sinn: Die realen Flirtanbahnungen waren bisher nichts. Die anfangs angesprochene Mühe war wohl doch nicht umsonst.
Nächstes Mal geht’s also weiter mit Gesprächen aus dem Digital Space. Und von lustigen Quizzes, angsteinflößenden Fantasieaussprüchen bis hin zu übelsten Formen des Mansplainings ist so einiges dabei.
Auf denn, meine fellow Singles und No-Singles…