Viele Schauen haben wir während der diesjährigen Berliner Modewoche nicht besucht, so ehrlich müssen wir sein. Denn irgendwann beschlossen wir einmal, uns nur noch die Designer*innen anzusehen, die uns wirklich und wahrhaftig Spaß machen und unseren Kopf in Bewegung halten. Und dann zerlegte sie sich irgendwann selbst, die Berliner Fashion Week und unser, aber auch euer Interesse wurde immer kleiner. Nun ist dennoch viel passiert, hier in Berlin, und so langsam keimt wieder Hoffnung auf: Denn neue Labels kommen endlich dazu und auch die etablierten Marken scheinen neuen Aufwind zu bekommen. Und ganz genau deshalb möchte ich meinen Blick für die kommende Modewoche irgendwann im Sommer wieder mehr schärfen, wieder offener werden und Neues entdecken, das habe ich mir nach dieser für mich sehr abgespeckten Modewoche ganz klar vorgenommen. Messen besuchen, nachhaltigere Konzepte entdecken und für euch nach einem frischen Wind suchen, ohne die schönen und etablierten Labels links liegen zu lassen.
Der Grund für die wenigen besuchten Events in dieser Saison rührt vielleicht auch ein klein wenig daher, dass die Pfade irgendwie getrampelt erscheinen und Formate rund um die Modewoche immer weniger rezipiert wurden. Dabei war die Erstellung verschiedenster Publikationen durchaus aufwendig: Von Designer*innen-Portraits, über die Erstellung von Zeitachsen, Trend-Forecast bis hin zu klassischen Behind-the-Scenes Einblicken und Rezensionen tobten wir uns ordentlich aus, um immer eine Mission zu verfolgen: Die Mode hierzulande weiter in den Fokus zu rücken, Designer*innen bekannter zu machen und die Relevanz der Berliner Modewoche zu unterstreichen. Es mag an eigenen Enttäuschungen gelegen haben, an zu viel Kopfschütteln und daran, dass auch ihr nicht mehr das gesehen habt, was wir so sehr unterstützen wollten: Dass Berlin als Modestadt gesehen wird.
Nun habe ich an dieser Stelle aber wieder viel zu viel gejammert und gepoltert und halte wieder daran fest, dass es nur gut werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen und die Lust und die Leidenschaft aus allen Poren strömt. Wenn man gar nicht mehr anders kann, als zu feiern und zu jubeln und dabei ständig Neues entdeckt. Das fehlt mir hier in Berlin am meisten, neben der Leichtigkeit, der wahnsinnigen Spießigkeit und der fehlenden Freude. Aber wenn man selbst nicht dagegen angeht, wie soll es sich ändern, oder? Also verspreche ich an dieser Stelle, dass ich in der kommenden Saison wieder frischen Wind einfange und mit offenen Augen durch die Berliner Modewoche tanze, ich treiben lasse und mein altes Gepäck mal daheim lasse, um auch die getrampelten Pfade wieder zu verlassen und Neues zu erleben. Hat in dieser Saison schon ganz gut funktioniert, wird aber wieder mehr. Das verspreche ich mir selbst. Vielleicht kommt ihr ja mit?
Ein paar der liebsten Looks dieser Modewoche haben wir natürlich trotzdem für euch dabei und freuen uns riesig, dass MALAIKARAISS wieder in Berlin gezeigt hat, William Fan einen eigenen, kleinen Pop-Shop eröffnete und so viele bekannte Gesichter nach so langer Zeit wieder aufeinander getroffen sind. Was sonst noch passiert ist? Das seht und lest ihr hier:
Evening & Bridal Wear bei MALAIKARAISS
Wie schön kann eine Präsentation eigentlich sein? Ich weiß nicht, ob Designerin Malaika mit ihrem gleichnamigen Label Berlin für ein paar Saisons den Rücken kehren musste, um stattdessen frische, dänische Modeluft zu schnuppern, aber ihr Comeback war randvoll mit so viel Leichtigkeit, Wärme und Elan gefüllt, dass es unser Herz schwer erwärmt und die Augen zum Funkeln gebracht hat. Vielleicht traf sie mit ihrer Präsentation aber auch einfach deswegen den Nagel auf den Kopf, weil sie in diesem Sommer selbst heiratete und das schönste Setting für eine Hochzeit kreierte: Im Garten mit fabelhaftem Essen, ganz wenigen, aber grandios guten Accessoires und mit viel Liebe ausgerichtet. Ja, höchstwahrscheinlich lag es daran. Oder an beidem, aber das, was uns am Dienstagnachmittag in der fantastischen Location von Nella Beljan präsentiert wurde, war einfach wirklich ganz und gar wundervoll. Models in Creme und in Silber mischten sich unter die Zuschauenden, tranken köstliche Drinks aus feinster Iittala Glasware und naschten Kuchen der schönsten Tortenmacherin Berlins: CakesBerlin.
Die (allererste) Bridal Capsule entstand also auf Malaikas persönlicher Reise für ihre eigene Hochzeit und den maßgeschneiderten Brautkleidern, die sie für ganz besondere Kund*innen im Jahr 2022 entwickelte. Malaika wollte einen Brautlook kreieren, der eher schlicht, anmutig und minimalistisch ist, statt überladen romantisch. Und dennoch sollte er zart, feminin und selbstbestimmt sein: Die erste Bridal Linie versteht sich als Hommage an ikonische „Old Hollywood“-Hochzeiten und den Geist der wilden 20er Jahre in Berlin – übersetzt in einen eleganten, aber zeitgenössischen Vibe. Die Kollektionen werden aus nachhaltigen Fasern, recycelten Stoffen und Restbeständen aus unserem eigenen Archiv hergestellt oder von der Plattform ihres Partners Nona Source bezogen. Die Farbpalette der recycelten Seide, dem leichtem Baumwoll-Canvas und der Anzugwolle reicht von Creme über Elfenbein und Vanille bis hin zu strahlendem Weiß und wird durch Pailletten in verschiedenen Vintage-Tönen von Silber und Gold ergänzt. Der Schmuck dazu wurde gehäkelt und wurde aus Glasperlen, Perlen und Perlen aus recyceltem Gold und Silber gefertigt.
Rianna + Nina und der geheime, griechische Garten
Ich finde ja, wir können hier alle ein klein bisschen stolz sein, dass Rianna + Nina noch immer in Berlin zeigen, immerhin ist das Label doch längst im Ausland grandios erfolgreich und in den schönsten Luxus-Stores dieser Welt vertreten. Zu Recht, natürlich, erfüllen uns ihre fantastischen Kreationen doch wirklich immer wieder mit purem Glück.
Und so zeigte das Label am vergangenen Dienstag ihre fast schon ikonische One-of-a-kind Kollektion zum ersten Mal in der Geschichte der Marke in einer intimen Salon-Show in ihrer Heimatstadt Berlin und bewies damit einmal mehr, dass an ausgewählte Vintagestoffe und prachtvolle Drucke wirklich so schnell nichts und niemand rankommt.
Rianna Kounou, Chefdesignerin der Marke, zog ihre Inspiration für diese Kollektion aus ihrem griechischen Kulturerbe und kreierte einen gemeinsamen, imaginären Mistikos Kipos – im Griechischen für Geheimer Garten – voller Farbe und weltlichem Stil.
Angelehnt an die klassischen Couture Salon Präsentationen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, begann das Defilé mit den Klängen des griechischen Sänger Georgios Christodoulou und wurde begleitet von der Geigenspielerin Vasiliki Mazaraki und dem Gitarrenspieler Alfrent Routsis. Eingeflogen aus Griechenland, passten die Bossanovatöne nicht nur perfekt zur Kollektion, sondern sorgten auch für schwere Sehnsuchtsmomente nach warmen Sommertagen und ganz viel Leichtigkeit.
Große Hüte wurden mit voluminösen, geschichteten Looks gepaart und zeigten eindeutig die detailreiche Handwerkskunst von RIANNA + NINA. Maximalismus wurde zelebriert, durch paradiesischen, femininen Couture Charme und abgerundet durch handgewebte, bemalte Körbe, aus denen traumhafte Blumengestecke herausragten.
Wie bei allen One-of-a-kind Kreationen von RIANNA + NINA, wurde auch diese Kollektion per Hand im Berliner Atelier aus Vintagestoffen gefertigt, die auf Schatzsuchen überall in der Welt gefunden wurden. Ganz schön besonders, nicht wahr?
In einem der vielen Looks präsentierte RIANNA + NINA eine Bluse aus Seidenorganza mit Richelieu-Seidenspitze aus Frankreich. Eine handgestickte rumänische Schürze aus dem frühen 20. Jahrhundert wurde als Rock neu interpretiert und mit einem Seidenjacquard aus den 60er und 70er Jahren kombiniert, den die Marke in der griechischen Stadt Soufli gefunden hat. Das Statement Piece – ein Strohhut – wurde in Griechenland nach Familientradition handgefertigt und nicht nur mit antiken Ausschnitten aus chinesischer Stickerei aus dem 19. Jahrhundert dekoriert, sondern kam einer 3D-Garteninstallation aus Schmetterlingen, Vögeln, Blumen und Bäumen gleich. Außerdem wurde der Look mit einem handgewebten Korb mit einem Griff aus zwei Vintageschals gepaart und mit handbemalten und Upcycling-Swarovski-Kristallen bestickten Archiv- und Ikatstoffen ausgekleidet.
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William Fan zelebriert „Lunar“ in sattem Rot
Zu Lunar New Year, welches traditionell in vielen asiatischen Ländern im Januar/Februar gefeiert wird, präsentiert WILLIAM FAN seine neue Kollektion mit thematischer Referenz unter dem Titel “LUNAR”. Und die wurde in gewohnter Manier präsentiert: Zwar nicht, wie in den vergangenen Jahren in Form einer Runway Show in einer der verrücktesten Locations Berlin (ihr wisst, William ist dafür bekannt), sondern in einem Pop Up Shop im Alhambra Berlin, der in ein strahlendes rot getunkt und damit die glück- und wohlstandversprechende und eng mit diesem Fest verknüpfte Farbe transportiert. Der ausgearbeitete Hauptraum hat die Intention, die mit dem Feiertag eng verbundenen Rituale und Momente erfahrbar zu machen und ein tieferes Verständnis für den kulturellen Tag zu schaffen, der besonders der Familie gewidmet wird. Herzstück des Pop Ups ist aus diesem Grund ein großer, gedeckter Tisch. Ein Symbol des Zusammenkommens und des Einladens. Wie passend, dass für das Ende der Fashion Week Williams engster Kreis bei einem gemeinsamen Dinner im Store selbst zusammenkam. Und auch ihr könnt vorbeischauen und noch bis zum 28.01. im Alhambra Berlin auf dem Kurfürstendamm 68.
Die Kollektion wird, wie schon der Raum, in dem präsentiert wird, von einem kräftigen Rotton bestimmt und greift traditionelle asiatische Designelemente auf, die mit der klassischen WILLIAM FAN Stilistik fusioniert werden. Brokatstoffe in roten und roséfarbenen Tönen sind mit ihren goldenen Details eine dominante Komponente der neuen Saison. Die (Un-)Farben Schwarz, Braun und Creme ergänzen die roten Designs und deuten dabei auf persönliche Erinnerungen aus Williams Kindheit an die zuhause gelebte chinesische Kultur. Die Mandarinkrägen und der klassische Cheongsam Kleidschnitt aus Strick greifen ein weiteres Charakteristikum des chinesischen Designs auf. Oberteile aus Seide und bedruckte Seidenschals, mit dem sich alle zwölf Jahre wiederholenden chinesischen Tierkreis, sind weitere, markante Referenzen um das chinesische Fest auch gebührend zu feiern.
Odeeh und die romantische Erinnerung an den Wintersport
Ach ja, damals. Da war noch alles so unbedacht, so luxuriös und der Klimawandel schien Lichtjahre entfernt. Damals, in den 30ern, aber auch in den 60ern, als der Wintersport zum Synonym für reiche Menschen wurden, die den Winterurlaub auf den Brettern dieser Pisten liebten. Eine Zeit, in der es weder funktionale Ski-Kleidung gab, noch Sicherheits-Helme. Odeeh erinnert mit ihrer neuesten Kollektion an Last-Christmas-Bilder und an romantische Vorstellungen von Winterwonderlands. Das wirkt zwar sehr nostalgisch, angesichts schneefreier Pisten in diesem Jahr dürfte das Herz bei Wintersport-Liebhaber*innen aber besonders schwer sein.
Der Mode darf, trotz aller berechtigter Kritik am jährlichen Schneesport, dennoch die volle Ladung Aufmerksamkeit eingeräumt werden, denn die kommt bei Odeeh auch in diesem Jahr wieder besonders anmutend daher, erinnert an Laufstegmode der 80er und 90er, an Claudia Schiffer Föhnfrisuren, an ganz viel Leichtigkeit und wird mit einem dicken Augenzwinkern versehen. Was wir uns merken wollen? Kastenförmige Mäntel und Blazer bleiben einfach grandios schön. Die wie immer gelungene, Odeeh-Farbkomposition merken wir uns natürlich und auch die Muster- und Print-Parade, die fantastisch zu dieser kleinen, nostalgischen Reise passen, soll auch uns in den kommenden Winter-Saisons weiter begleiten. Kombinationen aus Norweger-Strick und Paillettenröcken und -Hosen funktionieren einfach immer und auch die Ski-Fahrer*innen-Prints dieser Kollektion sind alles andere als infantil, sondern genau unser Geschmack und darf als wunderbares Augenzwinkern auf die Zeit dieser Wintersport-Ära verstanden werden.