Schon oft habe ich Menschen Dinge sagen hören wie „Rei Kawakubo, also diese Hype um diese Frau verstehe ich nicht, ihre Entwürfe sind doch grässlich.“ Rei Kawakubo, das ist die Designerin hinter dem japanischen Brand „Comme des Garçons„. Für Kollegen und Fans bleibt die inzwischen fast 70-Jährige ein Rästel. Nur selten redet sie öffentlich über ihre Beweggründe, über ihre Arbeit und sich selbst. Und doch gilt ihre Mode als Maßstab, als Avantgarde, als zukunftsvisionär. Mademoiselle Kawakubo krämpelte die Modewelt um und brach alle Konventionen.
Bei ihrer Debüt-Schau, 1981 in Paris, suchte man vergebens nach Make-Up oder High Heels. Zerknitterte Seide, verkochte Wolle, unsaubere Nähte, Löcher und Ausbeulungen – Kritiker delegierten Kawakubos allererste Prêt-à-porter-Kollektion sogar zu einer Art „Postatomarem Fetzenlook“. Damals konnten sie noch nicht ahnen, dass diese kleine, zierliche Dame irgendwann einmal den gesamten Modezirkus verändern und prägen würde. Comme des Garçons, „wie die Jungs“ eben, sollten Frauen endlich aufhören sich zu verkleiden und stattdessen anfangen, sich durch Stoffe auszudrücken. Mode tragen, die nicht weniger ist als Kunst, aber gleichzeitig bequem am Körper hängt. Was viele nicht wissen: Eine ganze Bandbreite großer Designer übersetzt Kawakubos Ideen noch heute ins Tragbare: Reißverschlüsse an Kleidern, das Comeback der Farbe Schwarz,unsaubere Nähte. Von Margiela bis Chloé – sie alle wurden von der Muse Kawakubo geküsst. Was wohl mit ihren zweidimensionalen Entwürfen für den kommenden Herbst geschehen wird?
Alle Bilder via style.com– dor könnt ihr auch die gesamte Kollektion sehen.
Mit “The future is two-dimensions” habe die Designerin ihre neueste Kollektion erklärt, heißt es bei Another Mag. Dass sie zur gewollten Übertreibung neigt, zur optischen Satire, das ist, wenn man sich ihre überdimensionierten Reißverschlüsse zurück ins Gedächtnis ruft, nichts Neues. Doch was soll uns dieser körperferne, konstruierte Meisterstreich diesmal lehren? Was soll die Zweidimensionalität der Kleidung ausdrücken? Another munkelt weiter: „Was Kawakubo making a comment on how the majority of us view fashion now: through the two-dimensions of print or digital screens?“ Dass die Models selbst in diesen übergroßen Outfits versinken und gerade zu wie Papierpüppchen aus alten Magazinen wirken, das unterstreichen Kawakubos eigene „Dress Up Dolls“ Zeichnungen. Es ist also unser utopischer Blick auf Schönheit, diese verquerte Vorstellung vom äußeren Perfektionismus, auf die Comme des Garçons sich in der nächsten Saison bezieht? Was auch immer La Mademoiselle „Andersartig“ sich dabei gedacht haben mag – ich bin mir fast sicher, dass diese Show noch Nachwirkungen haben wird.