Ständig wird über das lotterige Aussehen der Fashion Week Besucher in Berlin geschimpft. Zu gestelzt, zu schlabberig, zu 2010. Ich finde, das ist alles Quatsch. Wir sind hier nicht in Paris und das darf man gerne sehen, schließlich will man’s auch fühlen. Jede Stadt hat ihre ganz eigene Atmosphäre und wäre das nicht so, würde ich nie wieder verreisen.
Was ich gut und gerne zugeben kann: Vor dem Fashion Week selbst treffe ich nur selten auf Menschen, deren Outfits meinen persönlichen Geschmack treffen. Pilgert man allerdings zur Seek und den wunderbaren Off-Locations, sieht das Ganze schon anders aus. Bloß: Hier hat niemand Lust, sich „alle Futt längst“ fotografieren zu lassen. Das ist in etwa zu vergleichen mir der iPhone-Seuche: Konzerte verlieren doch auch ihren Charme, wenn jeder Zweite statt zu träumen lieber Instagram füttert. Vor dem Zelt hingegen gehört das Treiben der Streetstyle-Fotografen längst zum Alltag. Und auch hier ist Hopfen und Malz noch nicht verloren. Bloß geht alles etwas unangestrengter und gemütlicher zu als man es eventuell vermuten würde. Nur wenige greifen zu High Heels – wichtiger ist es, sich selbst treu zu bleiben und sich nicht verrückt machen zu lassen von all dem Chichi.
Claire von C’est Clairette und Vogue Online braucht im Grunde nur Nadel und Faden um gut auszusehen, denn: Die Bluse ist selbstgemacht. Dazu noch eine kleine, aber feine Spielerei, nämlich die Spiegelbrille. C’est très chic <3
Mary Scherpe von Stil in Berlin pfeift genau wie ich äußerst gern auf die verstaubteste aller Stilregeln: „Oben weit, unten eng oder eben anders herum“. Alles Quatsch. Dazu Birkenstock-Sandalen in Silber. Wer jetzt denkt, wir hätten nicht mehr alle Tassen im Schrank: Schaut mal bei Chiara Ferrangni, Leandra Medine oder Susie Bubble nach – selbst die größten aller Modemädchen setzen neuerdings auf den Komfort eines guten Fußbetts. Kein Scherz. Und schick ist’s auch, wie wir finden:
Friedrike Franze von Freiseindesign sieht immer nach Friederike aus. Egal, wann oder wo man sie trifft. Schulterpolster können eben doch äußerst hübsch aussehen und Punkte-Blusen verstehen sich offensichtlich außerordentlich gut mit geometrischen Muster-Taschen. An den Füßen: Lika Mimika Leder-Espadrilles. Hui!
Julia von Style.de beweist uns, dass Basics und Investitionen für die Ewigkeit nicht viel Tamtam benötigen, um aus der Menge heraus zu stechen. Streifen-Liebe herrscht hier ja so oder so – wenn’s dann aber noch ein Schwarz-Weiß-Allover-Outfit ist, wird’s doppelt toll:
Lola Loud vom Supreme Mag ist so oder so ein wunderschönes Mädchen, das muss jetzt einfach mal gesagt werden. Und noch dazu eines, dass sich niemals verbiegt. Schlicht, schön und besonders im Detail: Rollkragen-Pullover feiern ein Revibal, dazu kombiniert sie einen überlangen Blouson samt Bordeaux-Print. Mögen wir, weil’s unangestrengt schön ist:
Mademoiselle Julia die Zweite, ebenfalls von Style.de, ist unsere geheime Stil-Ikone und das schon ziemlich lange. Die Gute ist eine von denen, die auf schlichte Basics setzen und damit das Gegenteil von Langeweile erzeugen. Ein Händchen für Farb-Harmonien wurde ihr offenbar in die Wiege geliegt und irgendwie schafft sie es, Trends ganz subtil in ihren persönlichen Kleiderschrank einzubauen, ohne dabei wie ein Opfer der Industrie zu wirken. Kleine Extras gibt’s so gut wie immer oben drauf – Diesmal sind es die Söckchen und der umgebundene Pulli. 150 von 100 Punkten: