Der einzige Ort, an dem im Jahr 2014 tatsächlich völlige Gleichberechtigung herrscht, ist wohl das stille Kämmerlein, in dem sämtliche Männer und Frauen, die Feminismus persönlich für überholt, unsinnig und fürchterlich halten, die Köpfe zusammen stecken und mit den Augen rollen. Genau jene Damen und Herren sagen zum Beispiel Dinge wie „Vermutlich wird man nur Feministin, weil man hässlich ist oder Männer hasst“. Oder: „Ich verstehe gar nicht, was das Problem sein soll, mein Chef ist immer total nett zu mir“. Trotz der neuen Feminismus-Welle, die es mitunter durch Tavi Gevinson, Grimes oder Lena Dunham auf den Popkultur-Olymp geschafft hat, scheint die Mehrheit noch immer auf dem Schlauch zu stehen. Wie sooft mangelt also ganz offensichtlich an Aufklärung. An Personen, die nicht unbedingt in dem Ausmaß einer Alice Schwarzer über die Bildschirme zischen, um Missionsarbeit zu betreiben, sondern an Mädchen und Frauen, die sind wie du, ich und wir, an Persönlichkeiten, mit denen wir uns identifizieren können, denen wir uneingeschränkt und gerne zuhören, während sie uns erklären, warum es längst nicht ausreicht, sich auf Omas Lorbeeren auszuruhen. Es gibt nämlich noch einiges zu tun.
Julia Korbik könnte dieser jemand sein. „Das Kompliment, sie mache Liegestütze so gut wie ein Junge, fand sie schon in der Schulzeit daneben“, heißt es. Jetzt hat die 26-jährige ihr erstes Buch veröffentlicht: „Stand Up – Feminismus für Fortgeschrittene und Anfänger„.
Aktuell befinde ich mich erst auf Seite 34, so viel sei vorweg zugegeben. Allerdings kann ich schon jetzt behaupten, dass „Stand Up“ womöglich das beste und nahbarste Buch sei wird, das ich jemals zum gegebenen Thema in den Händen hielt. Tonalität, Attitüde, Idee und Umsetzung sind so auf den Punkt, dass ich Julia am liebsten schon nach dem kurzen Überfliegen des Kapitels „Feminismus? Nein Danke – Das Problem mit dem Image“ angerufen hätte, um mich höchst persönlich als eine ihrer neuestem Anhängerinnen zu outen („Ich bezeichne mich als Feministin und viele finden das vor allem sehr, sehr lustig. Als ich einmal für meine Exfreund kochte, versicherte er mir im ironischen Tonfall: „Keine Sorge, ich erzähle deinen feministischen Freunden nichts davon.“).
Ihr Erstlingswerk strotzt nämlich nicht nur vor lauter Wissen und Fakten, sondern schafft es außerdem, konstant auf Augenhöhe mit der Leserschaft zu bleiben und zwar auf die sympathischste aller Weisen. Kein überflüssiges Blabla, kein nerviges Rumgereite auf realitätsfernen Mann-Frau-Vergleichen. Sogar die Aufarbeitung komplizierter Thesen und Sachverhalte könnte kaum unterhaltender ausfallen – was nicht zuletzt an Julias geschickt gestreuten persönliche Erfahrungen und alltagsnahen Beispielen liegt. Von früher bis heute steckt hier wahrhaftig alles drin, von Amanda Palmer über Simone de Beauvoir bis hin zu Peaches und Tegan Sara – quasi alles, was man über Feminismus wissen muss, zusammengefasst auf ungefähr 400 Seiten. Ein wahr gewordenes Träumchen.
In diesem Sinne:
„Für jede Einzelne und jeden Einzelnen eröffnet Feminismus Möglichkeiten. Die Möglichkeit, die Person zu sein, die man sein möchte. (…) Feminismus will das Leben besser machen, mehr Freiheiten und Wahlmöglichkeiten bieten. (…) Feminismus lässt Mädchen und Frauen erkennen, dass sie völlig in Ordnung sind und nichts an sich ändern, nicht noch fünf Kilo abnehmen, nicht leiser lachen, nicht Turnschuhe durch High Heels ersetzen müssen, nur weil die Gesellschaft ihnen Komplexe einredet. Feminismus ist die ultimative Waffe, um den ganzen Mist zu durchschauen.“
„Stand Up“ kann ab sofort HIER bestellt werden.