Ich finde unter einem Hut ist es gar nicht so einfach, man selbst zu bleiben, jedenfalls sofern das zuweilen doch sehr auffällige Acessoire nicht so oder so schon längst am Kopf des Trägers oder der Trägerin festgewachsen und zum Markenzeichen avanciert ist. Vielleicht fällt es genau deshalb schwer, hutmäßig standhaft zu bleiben. Meist greift man nur für ein, zwei Stündchen zur adretten Kopfbedeckung, irgendwann zuppelt man dann aber doch wieder am Haupt herum oder entledigt sich dem Unruhestifter gar gänzlich. Im Grunde verhält es sich hier wie mit schicken, neuen Brillen: Wer nicht routiniert ist, packt das gute Stück ständig zurück ins Etui, um es wenig später doch wieder auf die Nase zu setzen und anders herum. Die Sache mit dem Hut ist vertrackt. Womöglich ist die Hut-Vielfalt selbst daran Schuld, es ist eben nicht leicht, einen passenden Begleiter zu finden, der als Reaktion auf fremde Blicke nicht „Fremdkörper“ schreit.
Wie aber findet man das perfekte Deckelchen? Am Anfang steht wohl die Frage: Will ich exzentrisch auftreten wie Anna Piaggi, neckisch wie Marlene Dietrich oder lodderig wie Pete Doherty? Wer weiß das schon.
Schon während der 30er Jahre änderte Mademoiselle ihren Hut immer wieder im Einklang mit der neuesten Mode, man wollte schließlich Geschmack beweisen. Eng anliegende Kappen wurden von flachen Hütchen abgelöst, die mit Stecknadeln schrägt am Haar befestigt wurden, denn „gerade dieser winzige Hut, der ein wenig verloren auf dem Unterbau der Frisur schwebt, wirkt jung und reizvoll“, flötete das Magazin „Elegante Welt“.
Es tauchten Baskenmützen auf, auch Strohhütchen, Baretts oder Bobbycapes und es war nicht zuletzt Elsa Schiaparelli, ihres Zeichens Königin unter den Designerinnen, der die Extravaganz der Damenwelt sehr am Herzen lag. Mit immer wieder neuen Formen sorgte die italienisch-französische Modeschöpferin für Abwechslung, Begeisterung und manchmal auch Empörung.
Aus Ingrid Loschek- „Mode im 20. Jahrhundert – eine Kulturgeschichte unserer Zeit“.
Man stelle sich zum Beispiel gigantische Tellerhüte, Tüten-förmige Hüte, Turbane und Obstschalen vor, die manchmal erst auf den zweiten Blick als waschechte Kopfbedeckungen zu erkennen waren. Damals war man also mutig. Und heute haben wir den Salat.
Auch in meinem eigenen Kleiderschrank stapelten sich seit meiner Jugend traurige Hüte, die viel zu selten bis nie ausgeführt werden. Vor ein paar Tagen verlor ich mein Herz abstruser Weise sogar an ein weiteres Modell, von Stella McCartney, viel zu teuer also für einen Besitzer, der am Ende doch zu feige ist. Ich entschied mich für einen preiswerteren Ersatz und einen neuen Versuch. Es ist nämlich so: Jetzt, wo die Tage kühler werden und manchmal auch nass, hege ich wirklich diesen einen Wunsch: Viel mehr Mut zum Hut.
Hier ein paar Appetitmacher für alle Leidensgenossen: