Als das Unternehmen Piper Jaffray jüngst eine Liste der aktuellen „Up-Trending Brands for Teen Girls“ veröffentlichte, da tauchte noch vor H&M, Urban Outfitters und Free People der ursprünglich italienische Retailer „Brandy Melville“ auf, nämlich auf Platz 1. Man könnte sich jetzt natürlich für die Inhaber dieser textilen Goldgrube freuen oder selbst zum hippen Jünger werden – wäre da nicht ein überaus perfides Marketingkonzept, das zwar Produktionskosten drückt, dafür aber Komplexe fördert.
Wer Brandy Melville tragen und Teil vom Hype sein will, muss schlank sein, basta. Für die Exklusion sämtlicher Mädchen, die Kurvigeres als eine 60cm-Hüfte zu bieten haben, sorgt die Zwei-Größen-Regel: Das gesamte Sortiment der rapide wachsenden Ausgeburt der Mager-Hölle ist ausschließlich in Small und One Size shopbar. „Body-Blaming“ nennt manch einer dieses Vorgehen. Oder eben „freie Marktwirtschaft.“
„It’s an exclusivity thing: Congratulations, you fit in the clothes! Join the club (…) There will always be the girls who will try to squeeze into it. They’ll do whatever they can to fit in Brandy Melville,“ erklärte Rachel Simmons, Co-Gründerin des Girls Leadership Institute kürzlich in einem Beitrag der Huffington Post.
Um dem „Club“ anzugehören, bedarf es längst keinem dicken Geldbeutel mehr, dafür sorgen vergleichsweise niedrige Verkaufs-Preise. Nein, die Ebene, auf der heute miteinander konkurriert wird, ist viel persönlicher. Alles dreht sich um das Aussehen und vor allem die Statur des eigenen Körpers, der möglichst perfekt und selbstverständlich schmal geraten sein muss, um die Nase modisch vorn behalten zu können. Getreu dem Motto: Passt du nicht rein, bist du zu fett.
Nun haben wir es hier eigentlich mit einer Tendenz zu tun, die ganz offensichtlich an Perversion grenzt, wenn nicht sogar an fahrlässige Körperverletzung, denn ich möchte gar nicht wissen, wie viele Hamburger schon rückwärts gegessen wurden, bloß weil die Pellwurst-enge Skinny Jeans im Laden nicht über den Hintern gepasst hat. Über den Hintern einer höchstwahrscheinlich 14-Jährigen, die sicherlich schon genug pubertäre Konflikte mit sich selbst auszutragen hat, es ist ja schließlich kein Geheimnis, dass wir in der Blüte unserer Jugend allesamt zu einer etwas schrägen Selbstwahrnehmung und großen Unsicherheiten neigen.
Umso verachtenswerter, dass Brandy Melville wie selbstverständlich Salz in Millionen potentieller Wunden beeinflussbarer Teenagerherzen streut: „They’re getting a really toxic message of what makes them worthy. All that matters is your body type,“ so Simmons weiter. Und als seien all die gephotoshopten Magermädchen in den Medien noch nicht genug, zeigen diverse Twitter-Meldungen, wie real der Druck ist, der durch das Konzept von Brandy-Melville zusätzlich auf die oft minderjährigen Kundinnen ausgeübt wird:
Was die großen Fische hinter Brandy Melville selbst dazu sagen? Na, ist doch logisch: Wem die Klamotten nicht passen, dem bleiben noch immer Accessoires – Handtaschen und Ketten würden schließlich jedem stehen. (USA Today)
Hier lang geht es zu einem offenen Brief an Brandy Melville.
Bilder: Brandy Melville Instagram