Gestern Morgen bin ich mit einer Bratpfanne auf dem Kopf aufgewacht, im übertragenen Sinne natürlich, was das Ganze aber keineswegs besser macht. Normalerweise gibt man sich ja große Mühe, nach Außen stets frisch und dynamisch zu wirken, aber ich sag’s euch ganz ehrlich, manchmal, da ist nicht nur Holland in Not, sondern alles im Eimer, auch ich. „Du schaffst das alles so prima, die Arbeit, das Kind! Das ist der absolute Wahnsinn“, hallte es in meinem Kopf, bis irgendwann nur doch der „Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn“ übrig blieb.
Das werte Kind wollte stundenlang nämlich weder schlafen, noch kuscheln, noch spielen, noch Füßekitzeln, noch baden, sogar der Knisterapfel war plötzlich scheiße, genau wie Mami, jeder Aufmunterungs-Versuch meinerseits löste auf der anderen Seite wirklich und wahrhaftig nichts weiter als noch mehr Tränen aus. Irgendwann fragte ich mich ernsthaft, wer von uns beiden gerade eigentlich vom Teufel besessen war. Nach dem 30. „Gackgackgackgack“ aus meinem Mund entschied mich zwangsläufig für „beide“, alles andere wäre auch wirklich unfair gewesen, die Nase voll hatten wir nämlich auch beide. Von uns und dem Tag und diesem furchtbar anstrengenden Akt des Existierens.
Ich fing also an, die liegen gebliebene Arbeit und mich selbst zu verfluchen, meine Unfähigkeit, Spaß daran zu empfinden, stundenlang den Alleinunterhalter für einen Wutzelmann zu spielen, der ja doch noch nicht applaudieren und nur spärlich reagieren kann, ich wünschte mir einen Beamtenjob und richtige Elternzeit, öffnete dem Postmann aus purer Wut nicht mehr die Tür, stelle das Telefon auf lautlos und fand mich irgendwann Grießpudding-löffelnd auf dem Sofa wieder, das bloß leider nicht mehr aussah wie ein Sofa, sondern wie das Überbleibsel einer Sturmfreiparty, inklusive Kotzfleck.
Dann plötzlich Ruhe. Eine ganze Stunde lang. Nur der Laptop und ich, ich und die Mails, der Terminplan für die Fashion Week, Rechnungen, Briefe vom Steuerberater, die ich noch immer nicht verstehe, kein Sprudelwasser mehr im Haus, aber Kekse. Klingt romantisch, war aber auch nur mittelspaßig. An Kackaarschlochtagen ist nämlich gar nichts schön.
Ich rief also meine Mama an, redete wie eine Siebenjährige und fragte hundert Mal, wie das eigentlich funktionieren soll, das Oktopus-Sein mit acht Armen, vier Ohren, und so weiter. Was sie antwortete, hörte ich nicht mehr, denn eigentlich reichte mir die beruhigende Wirkung ihrer Stimme am anderen Ende der Leitung vollkommen aus, während ich schon wieder dabei war, sinnfreie Buchstaben in einen Artikel zu hacken. Mamis eben. Und „Oh Gott, ich bin jetzt auch eine.“
Als ich fertig war, legte ich mich flach wie eine Flunder und halb schielend vor Erschöpfung neben Lio. Und hätte ich ihn mit meinem röchelnden Schnarchen nicht nach wenigen Minuten schon wieder aufgeweckt, wir hätten bestimmt noch eine ganze Weile zusammen gedöst und von herrlich glitzerndem Badeschaum geträumt, von Friedefreudeeierkuchentagen. Das „Wähh“ kam uns dazwischen und das Bauchweh. Also: Frischluft für beide, denn hätte ich gestern auch nur noch ein weiteres Mal „Busemanbusemanbusemanpiep“ gefiept oder „heileheileGänschen“, ich wäre explodiert. Was ich später aber trotzdem noch tat.
Als der Herr Vater nämlich endlich Heim kam, war beim Lieblings-Bürgermeister-Baby plötzlich alles wieder schicki. Einfach so. Ein einziges Jauchzen und Brabbeln und Grinsen. Und ich im Türrahmen lehnend, kopfschüttelnd und fluchend, was der Quatsch denn eigentlich solle, „ich bin doch kein alter Esel, den man den ganzen Tag vergackeiern kann“. Im gleichen Augenblick stolperte ich über meine eigenen Füße, bis ich halb lachend, halb weinend im Yogasitz auf dem Boden kleben blieb. „Freunde, ich mache heute nichts mehr, außer GIRLS gucken und Tee trinken, ALLEINE, in der Küche, ihr könnt mich mal.“ Ein filmreifer Abgang folgte.
„Bratpfanne auf dem Kopf und ein Laster im Hirn“, schrieb ich meiner Lieblingsjule. „Halt durch, du Rakete“, kam zurück. „Kackaarschlochtage sind zum drüber lachen da.“