Text: Julia Quante
Tag III – Etwas übermüdet und noch immer geflasht von den Eindrücken der ersten beiden Tage geht es wieder pünktlich um halb Neun auf zum Bebelplatz. Es erwartet uns die Show der Mainzer Designerin Anja Gockel um zehn Uhr in der Frühe, die mit dieser Kollektion und Fashion Week ihr 15-jähriges, erfolgreiches Bestehen feiert. Als besonderes Highlight hat sie dafür das Topmodell Lily Cole mitgebracht. Dennoch schaffte sie es nicht, auch nur halbwegs den Saal am frühen Morgen zu füllen. Man sah jedoch mal etwas untypische Styles für Anja Gockel London und dazu das Topmodel in Action, wobei wir bemerkten, dass sie wohl eher als Fotomodel geeignet ist.
Vertreten waren heute auch gleich drei Berliner Designer: Kaviar Gauche, Blacky Dress und Kilian Kerner, wobei wir bei Letzteren immer noch den Eindruck haben, dass sie sich aus ein und der selben Quelle Inspiration holten. Mit Ausnahme der zwei unterschiedlichen, für die Designer typischen Stile waren bestimmte Key-Looks fast identisch. Beide benutzen übermäßig viel schwarzes Lackleder, ließen die Hosen locker schwingen und bauten, wie und wo es nur ging, so viele Schleifen wie möglich ein. Kerner schockte oder begeisterte dann noch mit magentafarbener Kleidung für den Heeren und gewagter Transparenz für die Frauen. Das Publikum flippte förmlich aus und feierte den Designer, wie schon seit Jahren nicht mehr, obwohl die Kollektion auch nicht zu seinen stärksten zählte. Er hatte jedoch nach einer etwas längerem Ebbe-Phase, die wohl durch seine Präsenz bei mehreren Marken als Designer zu Stande kam, endlich wieder etwas gezaubert, was avantgardistisch und sehr ästhetisch war.
Zwischen diesen beiden Shows wurden aber noch drei schwedische Designer gehuldigt. Nicht erst seit gestern, stellen wir eine gewisse Neigung und Vorliebe zum skandinavischen Stil in unserer Hauptstädten fest und so kann man eigentlich nur sagen, nachdem auch alle Mode-Blogs und Online-Magazine den schwedischen Stil mehrfach genauer in Betracht genommen haben, dass es endlich Zeit wurde, etwas davon zur Berliner Fashion Week zu holen. Gezeigt wurden Ida Sjöstedt, Diane Irving und Camilla Norrback, die gleichzeitig auch Werbung für das gesamte Land Schweden machten, anhand einer netten Broschüre, die auf den Sitzen lag. Bekannt war mir bisher nur Diana Irving und das zum größten Teil von den Beiträgen bei LesMads, die wohl ein jeder Modeinteressierter immer mal aufgeschnappt hat.
Schon damals konnte ich sie ins Herz schließen und war ein großer Fan ihrer Kollektion. Doch live war das Ganze noch besser und so habe ich beschlossen, dass ich mich möglicherweise bald mit Diana Irving komplett ankleiden muss. Ida Sjöstedt beeindruckte aber auch mit einem wahr gewordenen Märchentraum, jeder Menge Glitzersteine und Häkeloptiken.
Von links nach rechts: Katharina, Jessie und Schnati.
Zum Abschluss der heutigen Fashion Week zeigte die Berliner Topmarke für High Fashion Kaviar Gauche ihre neuste Kollektion. Zum ersten Mal sah ich, dass sie ihre langen, fließenden Kleider jetzt auch in Jersey fertigten, die wohl alltagstauglichere Variante der seidenen Chiffonlagenkleider. In den ersten Reihen saß ein großer Teil der deutschen Schauspiel-Prominenz wie Nadine Warmuth oder Superstar Heike Makatsch, dazu die Rio-Girls plus den Gonzales Brüdern. Sie alle durften die wunderbare Kollektion von Kaviar Gauche bestaunen und klatschten laut Beifall als am Ende das mehrlagige, voluminöse Hochzeitskleid den Laufsteg betrat. Die Kaviar Gauche „Bridal Couture“ Kollektion gibt es erst seit drei Saisons, nach dem die Designerinnen von mehreren Seiten die Bitte erhielten, doch auch Brautkleider zu entwerfen. Gesagt, getan und das mit einem sensationell erfolgreichem Start.
Zum Abschluss des Freitags bleibt uns nur eines zu sagen; Wir sahen heute wirklich tolle Shows und einen ziemlich starken Fashion Week Tag, der es sogar fast schaffte, den gewünschten Wow-Effekt auszulösen. Zusätzlich ist das Zelt heute aus allen Nähten geplatzt und wurde wahrscheinlich in den letzten Tagen noch nie so stark besucht, dass es sogar schwer war, einen halbwegs angenehmen Arbeitsplatz zu finden. Zum ersten Mal wurde man auch ernsthaft Zeuge eines sehr hitzigen Platz-Streites bei der Kaviar Gauche Show. Kaum zu glauben aber wahr, manch Blogger scheint sogar mit seinem Leben bezahlen zu wollen, um auf den für sie perfekten Platz zu sitzen.
Um 19 Uhr, früher als an den anderen Tagen, wurden die Massen dann auch förmlich aus dem Zelt gejagt. Das Service-Personal wollte nach Hause und das ist auch alle mal verständlich. Ihnen möchte ich an dieser Stelle auch ein großes Lob ausrichten. Freundlich, bemüht und sehr gewissenhaft machen alle an Ort und Stelle ihren Job und scheinen damit, gespielt oder auch nicht gespielt, wirklich frohen Gemüts zu sein.
Mit diesen Worten wünsche ich den Fashion-Victims und solchen, die es auch bald werden wollen eine Gute Nacht und einen fröhlichen Morgen. Bis gleich bei Tag Nummer IV!
Dank an Julia.