Sünden, Todsünden, was auch immer. Wir rauchen, saufen, nehmen Drogen, haben Sex. Sind eifersüchtig, ab und an. Lügen und stopfen Süßkram in uns rein. Ein schlechtes Gewissen haben wir deshalb nicht. Denn wir sind jung. Und wer jung ist, muss leben. Fehler machen gehört dazu.
A war letztes Wochenende so voll, dass sie C auf den Schoß gekotzt hat. Aus der wird nie was, sie hat sich nicht unter Kontrolle, säuft wann immer ihr jemand den Gin reicht. B hat an jedem Finger einen Typen, meinetwegen auch drei oder vier. Miese Schlampe, wer weiß, vielleicht kriegt sie ja irgendwann Geld dafür. D ist ständig bekifft, redet von Weltfrieden – keine Ahnung, ob sie sich noch wäscht. Und E erst. Ganz nett anzusehen, wenn man auf Druffis steht. Verrenkt sich tagelang im Berghain, würde auf MDMA selbst der FDP ihre Liebe gestehen und rennt mit Augen durch die Welt, auf die jeder indonesische Koboldmaki neidisch wäre. Kein Wunder, dass über sie geredet wird. Schämen sollten sie sich. Alle.
Aufwachen, bitte. Da läuft was schief. So richtig. Nicht A,B,C,D und E machen was falsch, sondern ihr. Ihr, die ihr die Zeit dazu habt, oder die Langeweile, Urteile zu fällen. Schwächen anderer in den Vordergrund zu schieben, darauf rumzuhacken und Fehltritte auzuschlachten wie fettige Rinder. A war nicht nur voll, sondern rotzevoll, stink-besoffen, nennt es wie ihr wollt. Vielleicht hat sie ihr Diplom in der Tasche oder Hanswurst in flagranti erwischt, jedenfalls hat sie es verdammt noch mal verdient, sich so richtig weg zu ballern. B bummst sich durchs Leben, weil sie frei ist, kein Bock auf Herzschmerz hat. Weil sie tun und lassen kann, was sie will, weil sie niemandem gehört und keiner Menschenseele Rechenschaft schuldig ist, auch euch nicht. D ist bekifft, weil sie euch nicht erträgt. Vielleicht arbeitet sie von morgens bis abends oder lernt sich das Hirn in der Uni-Bib faulig. Während ihr euren scheiß Wein in euch reinkippt, dabei kichert und gluckst, raucht ihr Gras, ganz still und heimlich, geht dabei niemandem auf dem Sack. Ihre Freundin stopft sich derweil mit Jellybeans voll und dippt Schinkenwurst in Nutella, während sie Kette raucht – na und? Seid ihr jetzt was besseres? Weil ihr euch unter Kontrolle habt? Nein. Ihr verpasst das Leben.
Dann wär da noch E. Hat letzte Woche gefeiert und sich die Birne vernebelt, stundenlang getanzt und, stellt euch vor, sie hatte Spaß dabei. Hat nicht gepöbelt, nicht gekotzt, hat niemanden verprügelt. Sie war in ihrer eigenen kleinen Welt unterwegs, auf einer Reise irgendwo, hat ein bisschen Liebe gefühlt, keine Sorgen, das Wochenende mit rosa Elefanten verbracht. Morgen früh ist sie wieder fit, eingegliedert in die Gesellschaft sitzt sie da, und sie ist immer noch der gleiche Mensch wie Freitag – bloß, dass sie um eine Erfahrung reicher ist. Weil sie jung ist. Weil sie das darf.
Statt uns Gedanken über andere zu machen, über ihre Fehler und das was sie tun oder lassen, sollten wir lieber lernen loszulassen. Uns weniger drum scheren, wer was über uns denkt. Viel mehr genießen, weniger darauf bedacht sein, jedem zu gefallen. Macht, was ihr für richtig haltet, kostet aus, wonach euch ist. Aber lasst euch nicht in Schubladen sperren, werft sie selbst aus euren Köpfen. Alles könnte so viel liebevoller und angenehmer sein, wenn wir unsere Mitmenschen wertfreier behandeln und sehen würden. Du bist du und ich bin ich und A ist A und B ist B. Wenn alles bloß schwarz oder weiß wäre, dann würden wir irgendwann in einer dunkelgrauen Suppe ertrinken.