Praktikanitn Antje reagierte mit einem nüchternen „Igitt„. Seelenruhig saß sie dort vor dem Bildschirm und winkte mich dann zu sich herüber. „Guck mal!„. „Hmmmhm. Ahaaha. Moment. Nee, sag jetzt nicht, das ist…. “ – „Doch.“
Ich sage es gleich vorab: Ich bin der denkbar schlechteste Gesprächspartner, wenn es um das Thema der Verköstigung toter Lebewesen geht. Ein ätzender Vegetarier, der sogar bei Fisch auf dem Mittagstisch eine knallrote Birne bekommt und mit Kotzbröckchen im Halse ringen muss. Einer der ganz üblen, belehrenden Sorte. Einer mit dem man besser nicht darüber spricht, dass Fleischessen ja in der Natur der Menschens liegt (Darauf reagiere ich nämlich gerne mit sinnentfremdeten Ausreden à la „Fortschritt und so, der Mensch muss sich auch kein Fell mehr überwerfen, schließlich wimmelt es inzwischen nur so an Möglichkeiten, sich als rosafarbener Zweibeiner vor dem Erfrierungstod zu schützen“). Und nun sitze ich da und betrachte Fräulein Jasmin Schnullers Kunsthandwerk – erbaut aus Fleisch, Blut und Fett. Ich bin fasziniert.
Ein weiteres brillantes Exempel dafür, dass wir nicht alles glauben sollten, was wir sehen. Die menschliche Wahnehmung ist fehlbar, lässt sich täuschen und in die Irre führen. Eis! Törtchen! Pralinen! Nö. Frau Schnuller hat uns ausgetrickst. Und ihre Kunst eine klare Aussage. Schön ist das trotzdem nicht.
„Sie schnitzt aus einem Schweineherz eine Kirsche, spritzt aus tierischen Fett ein Sahnehäubchen und dekoriert damit einen Eisbecher der das Eis gegen Kugeln aus Hackfleisch und anderen Fleischsorten getauscht hat„, heißt es bei Splitpersonality.
Was sich anhört wie das Protokoll eines Wahnsinnigen, ist das, was man heute Kunst nennt. Recycling-Kunst vielleicht? Es soll sich nämlich größtenteils um „Abfallprodukte“ handeln. Weiter sagt man, Jasmins Quell der Inspiration sei angeblich ihr einstiger Mitbewohner gewesen, welcher seinerzeit ein veganes Leben fristete, ihr aber eines Tages mit einer Pute, geformt aus Tofu, entgegenwedelte. „Den Spieß umdrehen“ lautete also die Devise. Für pervers halte ich diese Conditor-Kunst trotzdem. Denn nein, kein Mensch macht sich ob dieses Werks fortan Gedanken darüber, dass es ja ach-so-schlimm sein könnte, dass wir unseren Augen längst nicht mehr trauen dürfen. Das wissen wir nämlich eh.
Schlimm ist, dass die elendige Diskussion um die ethische Korrektheit solcher Projekte nun erneut ins Rollen kommt und wohlmöglich ein weiteres Mal mit fadenscheinigen Aussagen wie dieser beginnt: „Ist doch ok aus Fleisch Kunst zu machen, ist ja eh ein Abfallprodukt“. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als provokant und zugleich schnippig zu kontern: Wisst ihr was, ihr Stümper? Würdet ihr nicht tagtäglich kiloweise Fleisch in euch reinstopfen, gäb’s das Wort „Abfallprodukt“ vielleicht nicht. Und überhaupt. „Abfallprodukt“. Wäre ich persönlich nicht gern. Buh!