Fotos: Jacques-Henri Lartigue via art magazin.
Anfang des 20. Jahrhunderts, da gab es sie noch, die sogenannten elitären Kreise, in denen die Schönen, Reichen und Schlauen verkehrten, ohne dabei von heute so verhassten Paparazzi auf Schritt und Tritt verfolgt zu werden. Die Bourgeoisie blieb unter sich und das, was der Pöbel von ihr erhaschte, war gestelzt und gestellt, keineswegs echt, sondern perfekt posiert. Monsieur Jaques-Henri Lartigue gehörte zu eben jenem Zirkel der Vertrauten, genoss viele schöne Tage an der die Côte d’Azur, begeisterte sich für das Fliegen, war aber durchaus mehr als nur der Sohn eines wohlhabenden Vaters, der seinen Kindern ein nahezu unbeschwertes Leben ermöglichen wollte.
Im zarten Alter von 8 Jahren, so schreibt es Petra Bosetti im Art Magazin, bekam der kleinen Henri vom Herrn Papa seine allererste Kamera geschenkt. Später, als sich ihm endlich spannende Motive der Erwachsenenwelt boten, hatte er also schon genug Erfahrung in der Kunst des Fotografierens gesammelt, um immer genau im richtigen Moment und mit einem durchaus kecken und zuweilen auch schadenfrohen Blick für prachtvolle Schnappschüsse, den Auslöser zu drücken. Erst 1963, als er selbst schon 69 war, huldigte man ihm mit einer Einzelausstellung im MoMA, NYC, obwohl er schon zuvor durch Veröffentlichungen seiner Werke im „Life Magazine“ populär geworden war. Heute gelten Lartigues Aufnahmen vor allem wegen ihrer Authentizität als überaus wichtig – denn wie es hinter den Kulissen der gehobenen Klasse aussah, das wusste damals eben niemand so genau.
Ich könnte versinken in diesen Aufnahmen und mich im Kopfkino verlieren, denn egal wie lange ich die auch betrachte, mir will sich einfach nicht vollends erschließen, wie das Leben damals gewesen sein mag. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich die Menschen damals bewegt, wie sie geredet und gescherzt haben. Vielleicht geht es nur mir so, vielleicht lohnt es sich auch einfach nicht, sich darüber Gedanken zu machen. So lange ist’s auch nicht her, da können die Leute so anders nicht gewesen sein. Oder doch? Wenn ich alte Alben mener Großeltern durchblättere, sehe wie stocksteif und adrett sie da stehen, dann kann ich auch kaum fassen, dass mein Opa damals schon genau so ein Scherzkeks war wie heute – offensichtlich aber schon. Man hat das eben nur nicht so gern in der Öffentlichkeit gezeigt.
Noch bis zum 16. Dezember zeigt die Berliner Galerie Berinson erstmals ausgewählte Aufnahmen des 1986 verstorbenen, weltberühmten Fotografen und Künstlers Lartique. Mehr Informationen hier.
Alle Fotos © Jacques-Henri Lartigue via art magazin, geeksdigme, all-art, berinson gallerie