Es war in etwa so schwierig, die Entscheidung für diesen Post zu treffen, wie die Thematik, um die es hier geht, selbst ist: Nämlich das Abbilden von Kindern auf Streetstyleblogs.
Der Fotograf, Blogger und Gründer des Blogs „The Satorialist„, Scott Schuman, veröffentlichte am vergangenen Sonntag einen Schnappschuss, der in Anbetracht der derzeit kursierenden Diskussionen bezüglich des Ablichtens von Minderjährigen, natürlich nicht unkommentiert blieb. Ist sein Portfolio aus gut gekleideten Menschen doch normalerweise bestimmt von Modelgesichtern und stilsicheren Herrschaften volljährigen Alters, befand er diesmal ein kleines fünf-oder-sechs-Jähriges Mädchen als äußerst adrett und veröffentlichte infolgedessen das linke Bild auf seiner Seite.
Nach anfänglich entzückten Kommentatoren gesellten sich rasant auch kritische Stimmen hinzu: „Das Kind sieht viel zu erwachsen aus“, „Was soll der Schnuller da“, und so weiter. Auch Online-Magazine wie Fashionista schlossen sich der Diskussion an. Die Fragen sind vielzählig: Ist es okay, Fotos von Kindern in einem solchen Kontext zu veröffentlichen? Dürfen sie als Stilvorbilder benutzt werden? Ist das niedlich oder besorgniserregend und wer wird mit diesen Bildern angesprochen? Ist das Kind ein Opfer ihrer modeverrückten Mutter oder bloß ein ganz normales Kind, das eben gut gekleidetet ist? Und wer hat das Recht am Bild, wie finden es die Kleinen, dass jeder sie bestaunen kann? Es passiert nicht oft, dass ich absolut nicht weiß, wohin mit meiner Meinung, oder welche Meinung ich überhaupt vertrete. Vielleicht könnt ihr mir auf die Sprünge helfen?
Denn skeptisch bin ich so oder so, wer ist das heutzutage auch nicht. Beim Betrachten dieses Bildes empfinde ich jedoch zunächst einmal keinerlei bitteren Nachgeschmack. Das Mädchen ist weder überstyled, noch wirkt es zu erwachsen, es schaut eben nur ein bisschen ernst und verliert dadurch seine tollpatschige Eigenheit. Es sit sogar entzückend aus. Aber dann drängen sich mir Zweifel auf, denn all die Bilder der schönen Menschen, die wir sonst so auf The Satorialist herumschwirren sehen, sollten doch eigentlich genügen. Da muss sich eben kein Mädchen dazwischen fudeln und herhalten für noch mehr Klicks. Sollte dieses Mädchen nicht vielleicht doch einfach Kind, statt Best-Dressed bleiben?
Das Anprangern dieser Aufnahme scheint mir aber eben so verquert, schließlich handelt es sich um ein seriöses Umfeld und nicht um irgend ein fragwürdiges Shooting, wie Thylane Rose Blondeau es hat über sich ergehen lassen müssen. Was man nicht vergessen darf: Es ist nicht das erste Mal, dass Herr Schuman kleine Zeitgenossen postet – in der Anfangsphase seines Blogs hielten dann und wann auch seine eigenen Kinder her. Ist diese ewige Diskussion also wieder zu viel Luft um nichts? Vielleicht schon. Denn viel schlimmer als dieser Schnappschuss sind in meinen Augen Blogs wie „Planet Awesome Kids“ (rechtes Bild), die von einflussreichen Medien wie style.com beworben werden. Wieso läuten hier bloß keine Alarmglocken? Bloß, weil Scott Schuman im Gegensatz zu all diesen fadenscheinigen Online-Präsenzen jedem Modehirn ein Begriff ist? „Weitblick“ ist und bleibt wohl das Schlüsselwort. Denn nicht die Bilder allein sind das Problem, sondern der gesamte Rattenschwanz, der gratis mitgeliefert wird langsam immer länger wird. Und irgendwann, sind dann Kinder keine Kinder mehr?
(Scott Schuman hat das Bild des Mädchens von seinem Blog genommen – erstmalig in der Geschichte von The Satorialist verschwand also eine Aufnahme. Das hatten bisher nichtmal hunderte von Hass-Kommentaren aufgrund seiner Formulierung „bigger“ in Bezug auf eine schlanke Dame geschafft.)